Der suendige Engel
Vampirin heftete sich auf einen Punkt hinter Lilith. Röchelnde Worte entrangen sich ihrer Kehle. Im ersten Augenblick glaubte Lilith, daß Salea sie warnen wollte, und warf sich herum.
Doch da war niemand zu sehen. Kein Angreifer. Ihr Blick suchte die Wände ab, und endlich sah sie, was die Vampirin ihr hatte mitteilen wollen. In einer Wandspalte befand sich ein Schlüssel.
Rasch nahm Lilith ihn an sich und führte ihn in das Schloß ein. Er paßte! Sie öffnete die Gittertür und schirmte ihre Augen ab. Die Sonne löste zwar nicht solche Schmerzen aus, wie die Vampirin sie erlitt, aber sie war auch für Lilith unangenehm.
Salea war zu geschwächt, um selbst aus dem Bereich der künstlichen Sonne zu kriechen. Lilith lief geduckt zu ihr hin und griff ihr unter die Arme. Dann zog sie die Vampirin aus dem direkten Einflußbereich der Sonne hinaus in den Gang, wo sie beide einen Moment lang erschöpft liegenblieben.
»Ich danke dir!« hauchte die Vampirin schließlich. »Ich hatte nicht zu hoffen gewagt, daß du wiederkommen würdest.«
»Wolltest du nicht sterben?« fragte Lilith. »Das wäre doch die Gelegenheit gewesen.«
Salea schüttelte matt den Kopf. »Rank'Nor war nicht daran gelegen, mich umzubringen. Er sorgte dafür, daß mir die Folter nicht den Tod brachte. Nur Schmerzen ...«
Lilith bedeutete ihr zu schweigen. »Sind wir hier sicher?« fragte sie.
Die Vampirin schüttelte abermals den Kopf.
»Also sollten wir so schnell wie möglich verschwinden. Vielleicht können wir uns fürs erste irgendwo hier im Palast verstecken. Hast du eine Idee?«
Salea überlegte einen Moment, dann sagte sie: »Hier drinnen ist es zu gefährlich. Wir müssen nach draußen.«
»Diese geflügelten Kreaturen haben den Palast von der restlichen Stadt abgeriegelt«, gab Lilith zu bedenken. »Ich glaube nicht, daß wir weit kommen würden.«
»Aber ihre Aufmerksamkeit ist nur nach außen gerichtet«, widersprach Salea.
»Du meinst ...«
Salea nickte heftig. »Der innerste Ring! Der Tempel! Dort gibt es zahllose Verstecke. Und - einen Verbündeten.«
Lilith half ihr auf die Beine. Es war erstaunlich, wie schnell die Vampirin ihre alte Kraft zurückgewann und sich zunehmend regenerierte. Trotzdem mußte sie sich auf Lilith stützen, um überhaupt laufen zu können.
Eine merkwürdige Situation! Vor Tagen noch hatten sich die beiden Frauen als erbitterte Feindinnen gegenübergestanden - und nun halfen sie sich gegenseitig.
So gut es ging, versuchte Salea ihrer Befreierin die Richtung zu weisen. Sie schleppten sich die Stufen hinauf und ließen die feuchten Kellerverliese hinter sich. Einmal hörten sie wieder die grollenden Stimmen der geflügelten Kreaturen und schlugen einen weiten Bogen.
Schließlich erreichten sie eines der großen Portale, die in den inneren Ring mündeten. Mit jedem Schritt gewann die Vampirin an Kraft. Schließlich konnte sie allein gehen, ohne daß Lilith sie noch stützen mußte.
Salea schritt voran. Über einen gewundenen Pfad erreichten sie die Tempelbauten. Nun war es die Vampirin, die zur Eile drängte. Ungeduldig bedeutete sie Lilith, ihr schneller zu folgen. Durch einen schmalen, halb versteckten Eingang betraten sie einen der alten Tempel.
Allzu gut schien sich auch Salea hier nicht auszukennen. Mehr als einmal kam es Lilith so vor, als würden sie im Kreise laufen.
»Wonach suchst du?« fragte sie schließlich. Sie wollte endlich mehr von Salea erfahren.
»Kamabar. Er ist ein Gelehrter und Magier, der uns vielleicht hel-fen kann.«
»Kamabar ... Ich habe den Namen schon gehört«, sagte Lilith. Dann fiel es ihr wieder ein: »Du hast ihn verflucht, weil er mich als deine Henkerin empfohlen hat. Eine schlechte Wahl übrigens. Ich tue selten, was man von mir erwartet.«
»Ganz so war es nicht«, erklärte Salea. »Kamabar hat weitreichende Pläne mit dir. Aber ich wollte die Sache beschleunigen. Darum griff ich dich an. Ich dachte .«
Ein Geräusch ließ sie verstummen. Die beiden Frauen preßten sich eng in eine Nische. Aber es war keine der geflügelten Kreaturen oder gar Rank'Nor. Einer der Vampir-Zombies tauchte vor ihnen auf, eine abgerissene Gestalt, die ihrer nutzlosen Tätigkeiten nachging. Sein zerrissenes Gewand wies ihn als einen der ehemaligen Priester aus.
»Den kenne ich«, sagte Salea und trat aus der Deckung. Sie verstellte dem Zombie den Weg. Das Wesen reagierte kaum, blieb aber stehen.
»Führe uns zu Kamabar!« verlangte Salea. Einen Moment lang schien es, als
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