Der süße Hauch von Gefahr
nach seinem Eintreffen in London eine Sondererlaubnis in seiner Rocktasche stecken.
Er vertrieb sich die verbleibende Zeit, indem er seinem Stiefelmacher und seinem Schneider einen Besuch abstattete, vor allem aber seine Information zu Roxburys Plänen mehrfach überprüfte, ja, sogar kurz das Stadthaus des Herzogs erkundete. Spät am Mittwochnachmittag kehrte er in seine Räume zurück und setzte sich an seinen Schreibtisch, um eine kurze Nachricht an Roxbury zu verfassen. Kurz vor Mitternacht und nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Herzog seine Einladung zum Dinner wahrgenommen hatte, gelangte er auf demselben Wege wie vor etwas mehr als einem Jahr in das prächtige Gebäude und folgte dem Flur zur Bibliothek des Herzogs. Trotz der Finsternis im Raum fand er sich dank seiner ausgezeichneten Erinnerung mühelos zurecht und ging zum Schreibtisch auf der anderen Zimmerseite, ohne gegen irgendwelche Möbel zu stoßen, die allerdings auch nicht umgestellt worden waren. Mit den Händen tastete er die glatte Oberfläche ab, stellte fest, dass die Tischplatte leer war und nicht mit anderen Papieren voll. Er holte die Briefe und seine Nachricht aus seiner Rocktasche und legte sie in die Mitte des Schreibtisches. Grinsend zog er die schwarze Seidenmaske, die er letztes Jahr getragen hatte, aus der anderen Tasche und ließ sie auf die Papiere fallen. Roxbury würde so genau wissen, wer die Briefe dagelassen hatte – selbst ohne die Nachricht.
So lautlos und unbemerkt wie er hereingekommen war, verließ Asher auch wieder das Haus. Er war trotzdem sehr vorsichtig und hielt sich in den Schatten, bis er ein gutes Stück von der Wohngegend des Herzogs entfernt war. Zufrieden mit seinem Tagwerk – oder besser Nachtwerk, pfiff er ein unanständiges Liedchen, während er zurück zum Fitzroy Square schlenderte.
In dem großzügig geschnittenen Wohn- und Speiseraum, der sich an sein Schlafzimmer anschloss, schlüpfte Asher aus seinem Rock und schenkte sich aus einer der verschiedenen Kristallkaraffen, die aufgereiht auf dem Sideboard aus Eichenholz standen, Brandy ein. Der Schein der Kerzen in einem silbernen Leuchter hüllte den Raum in flackerndes Licht. Asher nahm in einem weich gepolsterten schwarzen Ledersessel Platz, streckte die Beine aus und schwenkte den Brandy in seinem Glas, dabei dachte er über Roxburys Reaktion nach, wenn er die Briefe entdeckte. Ein teuflisches Grinsen spielte um seinen Mund.
Asher hatte sogar erwogen, die Briefe höchstpersönlich in Roxburys Hände zu übergeben, aber hatte dann entschieden, dass es ein überflüssiges Risiko wäre und zudem unverhältnismäßig mehr Planung erforderte. Er war dem alten Herzog einmal persönlich gegenübergetreten und unbeschadet davongekommen, aber er war nicht darauf aus, es noch einmal zu versuchen. Es wäre schließlich gut möglich gewesen, dass Roxbury seit vergangenem Jahr Vorkehrungen gegen ungebetene Gäste getroffen hatte. Allerdings hatte der Besuch an diesem Abend gezeigt, dass dem nicht so war, aber Asher hatte keine Lust gehabt, sein Glück auf die Probe zu stellen – und besonders, wenn es gar nicht nötig war. Und auch die Wahl eines geeigneten Zeitpunktes wäre viel aufwändiger gewesen, wenn er sie Roxbury hätte selbst geben wollen, denn dann hätte er herausfinden müssen, wann Roxbury zu Hause wäre – und sich zudem in seiner Bibliothek aufhielt. Da es ihn nicht unbedingt reizte, so viel Aufwand zu betreiben, hatte er davon Abstand genommen. Es war viel leichter, die Briefe auf dem Schreibtisch zu platzieren und wieder im Dunkel zu verschwinden.
Auch wenn die Mehrheit der guten Gesellschaft die Stadt verlassen hatte, war es in London alles andere als still, und so drang der stetige Straßenlärm bis in seine Wohnung. Er lauschte auf die Rufe der Kutscher, den gedämpften Hufschlag und das Klirren des Zaumzeugs, das Rattern der Räder auf dem Kopfsteinpflaster und merkte, dass er sich nach der Ruhe von Fox Hollow sehnte.
Er nippte von seinem Brandy und gestand sich ein, dass sein Eifer, nach Hause zurückzukehren, auch dem Umstand zu schulden war, dass Juliana dort war … und sie bald seine Frau sein würde, ob sie es nun wusste oder nicht. Er freute sich jedenfalls darauf, sie zu heiraten, und er zweifelte nicht daran, dass sie seine Ehefrau werden würde. Er würde ihr trotziges Herz schon erobern und sie dazu bringen, ihn so zu lieben, wie er sie liebte.
Asher setzte sich auf, als habe ihn etwas gestochen. Verdammt und zur
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