Der süße Hauch von Gefahr
schenkte, was er tat, dann hatten mehrere angesehene Leute aus der Gegend vermutet, dass Ormsby bei dem Mord an seinem Bruder die Hand im Spiel gehabt hatte … dass er ihn umgebracht hatte wie einst Kain Abel. So, wie er Ormsby kannte, würde Asher das nicht ausschließen, aber angenommen, Ormsby hatte seinen Bruder auf dem Gewissen, um selbst an den Titel und das Vermögen zu kommen, welche Art von Beweisen konnte der Oberst dafür haben? Asher glaubte nicht, dass Ormsby dumm oder leichtsinnig genug war, sich hinzusetzen und ein Geständnis zu schreiben, das Jahrzehnte später seinen Weg zum Oberst gefunden hatte.
Es musste etwas aus der jüngsten Vergangenheit sein, und, entschied er, wirklich aufsehenerregend. Ormsbys Mitwirkung am Tod eines Niemands konnte man abtun oder nicht weiter beachten – unseligerweise war die vornehme Gesellschaft in der Lage, bei jemandem von Ormsbys Schlage die schlimmsten Übeltaten zu übersehen. Als Mörder bezeichnet zu werden, würde Ormsby zweifellos Schwierigkeiten bereiten, aber Geld und die Hilfe mächtiger Freunde konnten nahezu alles verschwinden lassen. Man würde ihm Dinge nachsagen, aber es würde Ormsby keinen dauernden Schaden zufügen. Wenn das Mordopfer hingegen jemand von Einfluss und Ansehen war … hm. Ormsby würde, gleichgültig wie reich er war oder welche Titel er hatte, aus so einer Sache nicht ungeschoren davonkommen. Er runzelte die Stirn. Im Augenblick konnte er sich an keinen Todesfall in der Gesellschaft erinnern, der für eine Erpressung geeignet wäre. Allmählich begann er sich zu fragen, ob er Schatten nachjagte. Entschlossen schob er die Überlegungen beiseite und ritt zu seinem nächsten Ziel.
Nachdem er seinen Hut, die Handschuhe und die Reitgerte bei Hudson abgegeben hatte, und man ihn in Kirkwoods Bibliothek geführt hatte, um auf den Hausherrn zu warten, starrte Asher mit entschiedener Zuneigung auf das Sofa, auf dem er Juliana vor zwei Tagen geliebt hatte. Er stellte sich vor, wie ihr üppiger weiblicher Körper auf den Kissen aussähe, was einen bestimmten Körperteil von ihm zu unerwünschtem Leben erweckte. Er riss seinen Blick von dem unschuldig wirkenden Möbelstück los und schaute sich um, wanderte umher und verfluchte seine zu rege Fantasie und die eng sitzenden Hosen, die keinen Zweifel daran ließen, in welche Richtung sich seine Gedanken bewegten.
Als Mr Kirkwood ein paar Minuten später eintraf, hatte Asher sich wieder in der Gewalt und war in der Lage, Julianas Vater normal zu begrüßen. Die beiden Männer tauschten die üblichen Höflichkeiten aus, und Asher bemerkte verwundert, dass der Mann, der ihm heute gegenüberstand, sich dramatisch von dem ängstlichen Gastgeber unterschied, den er vor zwei Tagen gesehen hatte. Mr Kirkwood bewegte sich und wirkte heute wie ein neu mit Lebenskraft erfüllter Mann. Asher bezweifelte nicht, dass Juliana ihm die Briefe gegeben hatte, oder dass sie in seiner Gegenwart vernichtet worden waren. Er hoffte Letzteres – er wollte die verflixten Papiere nicht noch einmal stehlen müssen.
Mr Kirkwood nahm auf einem bequemen Sessel Platz, aus Ashers Sicht dankenswerterweise auf der anderen Seite des großzügigen Raumes, sodass er das bewusste Sofa nicht direkt im Blick hatte. Julianas Vater sah ihn mit höflicher Neugier an.
»Ihre Nachricht heute Morgen sagte, Sie wollten mich sprechen?«
»Es freut mich, dass Sie so kurzfristig die Zeit gefunden haben, mich zu empfangen«, antwortete Asher und stellte sich vor Julianas Vater.
»Ich breche morgen Vormittag nach London auf und möchte vorher mit Ihnen reden.« Er zögerte einen Moment, ehe er erklärte:
»Ich weiß, dass sie volljährig ist und zudem eine Frau, die von niemandem abhängig ist, sodass ich nicht um Ihre Erlaubnis bitten muss, aber ich hätte gerne Ihre Einwilligung, Mrs Greeley, Ihrer ältesten Tochter, den Hof zu machen. Ich möchte sie mit einer Sondererlaubnis heiraten, so rasch es sich einrichten lässt.«
13
E s sprach für Mr Kirkwood, dass er nicht sonderlich überrascht von Ashers Worten wirkte. Ihm wurden schlagartig ein paar Sachen klar. Obwohl er in Gedanken fast ausschließlich mit Ormsbys Erpressung beschäftigt gewesen war, war Mr Kirkwood kein unaufmerksamer Mann, und es war ihm keineswegs entgangen, dass, wenn Mrs Manley Thalia besuchen kam, Asher sie begleitet hatte, aber mit Juliana durch den Garten geschlendert war. Und er hatte es auch bemerkt, dass die Person, auf die seine Tochter sich verlassen
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