Der süße Hauch von Gefahr
gab keinen Grund für ihn, sie umzubringen. Da er ihr Gespräch belauscht hatte, musste er sie noch nicht einmal ausfragen – er wusste genau, wer sie angeheuert hatte und weshalb.
Dass Ormsby ihn tot sehen wollte und dieses unfähige Paar anheuern würde, ihn beiseitezuschaffen, war merkwürdig. Er sollte sterben, nur weil er Ormsby Briefe gestohlen hatte? Asher fand das schwer zu glauben – und dabei traute er Ormsby eine Menge zu. Aber vielleicht war die einfachste Erklärung die beste: Ormsby hatte genug von ihm. Asher musste grinsen. Er hatte jedenfalls von Ormsby mehr als die Nase voll.
Er deutete mit dem Pistolenlauf auf den Mann am Boden, der sich benommen aufzurichten versuchte, und verlangte von dem anderen:
»Hilf ihm auf die Füße zu kommen, dann steigt auf eure Pferde.«
Als die beiden im Sattel saßen, sagte er mit drohend leiser Stimme:
»Ich warne euch … Wenn unsere Wege sich noch einmal kreuzen sollten, töte ich euch.«
Die Männer beeilten sich, in der Dunkelheit zu verschwinden. Asher ging zu seinem eigenen Pferd, ignorierte den Schwindel, der ihn immer wieder zu überwältigen drohte, und schwang sich in den Sattel. Auch wenn die Männer eingeschüchtert gewirkt hatten und nicht länger bewaffnet waren, war er auf einen Hinterhalt gefasst, während er sein Pferd in die Richtung antrieb, die die beiden eingeschlagen hatten. Ein paar Minuten später kam er aus dem Wäldchen und auf die Straße.
Mittlerweile war es ganz dunkel, und mehr von Instinkt getrieben, als dass er wusste, was er tat, ritt er langsam nach Hause. Schließlich ließ er die Landstraße hinter sich und bog in die Auffahrt nach Fox Hollow ein. Der Kerzenschein, der aus den Fenstern des Hauses drang und die Dunkelheit durchbrach, war ihm nie zuvor einladender erschienen. Er seufzte erleichtert. Zu Hause.
Juliana hatte am selben Abend ganz ähnliche Gedanken, als sie und Mrs Rivers zusammensaßen und eine Tasse Tee in ihrem behaglichen Salon auf Rosevale genossen. Da Thalia sich auf dem Wege der Besserung befand und das Problem mit Ormsby gelöst war, hatte sie den heftigen Wunsch verspürt, sich ein paar Tage in ihr Heim zurückzuziehen, bevor sie wieder auf Kirkwood benötigt wurde, um die Hausgesellschaft zu planen. Mr Kirkwood und Thalia legten Widerspruch ein, aber Juliana war fest geblieben. Sie brauchte eine gewisse Zeit in ihrer vertrauten Umgebung.
Zusammen mit ihrer Zofe Abby war sie am Dienstagvormittag nach Rosevale gekommen und hatte sich seitdem daran erfreut, sich in einer Umgebung wiederzufinden, in der sie sich uneingeschränkt wohlfühlte. Ihre Haushälterin und Köchin Mrs Lawrence und der Rest der zahlenmäßig bescheidenen Dienerschaft hatten sie mit sichtlicher Freude willkommen geheißen, beinahe so, als seien sie aus der Fremde wiedergekehrt und nicht nur ein paar Meilen die Straße entlang.
»Oh, meine Liebe«, rief Mrs Rivers, und ihre blassblauen Augen füllten sich mit Tränen, als sie eilig auf Juliana zutrat.
»Sie haben mir ja so gefehlt! Es ist einfach herrlich, dass Sie zu uns heimgekehrt sind, auch wenn es nur für ein paar Tage ist.«
Juliana schloss die kleinere und zarter gebaute Frau in die Arme und erwiderte herzlich:
»Und Sie mir ebenfalls. Es kommt mir vor, als sei ich eine Ewigkeit fort gewesen. Sind Sie einsam gewesen? Haben Mrs Lawrence und die anderen sich gut um Sie gekümmert?«
Mrs Rivers errötete vor Freude angesichts Julianas Sorge um sie. Sie musste an ein paar ihrer früheren Arbeitsstellen denken und war wieder unendlich dankbar, dass sie das Glück gehabt hatte, von Mrs Kirkwood vor über fünfundzwanzig Jahren als Kindermädchen eingestellt worden zu sein. Als die Familie ihrer Dienste nicht länger bedurfte, hatte Mr Kirkwood ihr zu ihrer grenzenlosen Freude eine kleine Pension ausgesetzt und ihr ein Häuschen auf seinem Besitz angeboten.
Nachdem Juliana Rosevale gekauft hatte, hatte sie ihr altes Kindermädchen gebeten, bei ihr als Gesellschafterin zu wohnen. Mrs Rivers hatte nicht lange nachdenken müssen und die Stellung bei ihrer lieben Miss Juliana sofort angenommen. Beide Frauen waren nun höchst zufrieden mit der Vereinbarung, die sie getroffen hatten.
Mrs Lawrence war ihr zusammen mit dem Hausmädchen Sarah Penny und dem Lakaien Webster Arnett hinter Mrs Rivers über die steingeflieste Terrasse entgegengekommen. Mit einem breiten Lächeln auf dem freundlichen Gesicht erklärte sie:
»Es ist gut, dass Sie wieder zurück sind, Madame. Mrs Rivers
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