Der süße Hauch von Gefahr
hat sich in Ihrer Abwesenheit ständig Sorgen gemacht und in ihrem Essen nur lustlos herumgestochert, egal, was ich mir ausgedacht hatte, um ihren Appetit anzuregen.«
»Nun, das können wir keinesfalls zulassen, oder?«, stellte Juliana mit einem liebevollen Blick auf ihr ehemaliges Kindermädchen fest.
»Sie wissen doch, wie unklug es ist, die Köchin gegen sich aufzubringen, nicht wahr?«
Mrs Rivers schüttelte schüchtern den Kopf, lächelte und hielt weiter mit ihrer kleinen faltigen Hand Julianas fest.
Julianas Dienerschaft war nicht groß. Zusätzlich zu ihrer eigenen Kammerzofe Abby und den Hausangestellten gab es noch Mrs Lawrences Ehemann für die Gärten und den Stall; ihm half sein ältester Sohn, der dreiundzwanzigjährige James. Sarahs Tante Anne Boone gehörte auch noch dazu, die aushalf, wo es gerade nötig war und als Mrs Rivers’ Zofe diente, was die alte Frau verlegen machte, aber insgeheim freute.
Obwohl man sich in ihrem alten Zuhause darum gekümmert hatte, dass es ihr an nichts fehlte, genoss Juliana es über die Maßen, wieder in ihrem eigenen Bett in ihrem eigenen Schlafzimmer zu schlafen. Kirkwood war zwar vielleicht prächtiger und auch weitläufiger als Rosevale, aber das Fachwerkhaus mit dem Walmdach inmitten von Unmengen Rosen, die dem Haus seinen Namen gegeben hatten, gefiel ihr viel besser. Mit fünf großzügigen Schlafzimmern war es auch groß genug, sodass sie jederzeit Freunde einladen konnte, sie zu besuchen, falls sie das wollte, und die anderen Räume, das Speisezimmer, der Privat- und der Empfangssalon waren zwar nichts Besonderes, für ihre Bedürfnisse jedoch mehr als angemessen. Auf der anderen Seite des Morgensalons gab es ein reizendes Zimmer, das sie als Arbeitszimmer für sich ausgesucht hatte, wo sie die Speisenfolge mit Mrs Lawrence besprach, Rechnungen zahlte und den kleinen Haushalt leitete.
An diesem Mittwochabend saß sie in dem grünen Salon und trank Tee, wobei sie ohne große Freude daran dachte, dass sie spätestens Montag nach Kirkwood zurückkehren musste.
Ein Lächeln spielte um ihren Mund. Ehe sie nach Rosevale gefahren war, hatte sie sich noch darum gekümmert, dass die Einladungen zur Hausgesellschaft verschickt wurden, und hatte zudem ihrem Vater und Thalia, Hudson und der Köchin mehrere Listen dagelassen mit Sachen, die noch erledigt werden mussten. Auch wenn ihr Vertrauen in ihren Vater und Thalia nicht uneingeschränkt war, so wusste sie, dass Hudson und die Köchin dafür sorgen würden, dass alles seinen rechten Gang ging.
Während der wie im Flug vergehenden Tage auf Rosevale war Asher ständig in ihren Gedanken gewesen. Als sie über die Wege durch den Kräutergarten geschlendert war, wo die warme Sommerluft schwer war von dem Duft von Schnittlauch, Minze, Thymian und Majoran, hatte sie sich mit den Entscheidungen gequält, die sie treffen musste.
Betrübt gestand sie sich ein, dass sie nicht länger wild entschlossen war, ihre Unabhängigkeit zu wahren und auf Rosevale zu bleiben, wenn das hieß, dass sie auf ein Leben mit dem Mann, den sie liebte, verzichten musste. Aber wenn sie andererseits daran dachte, sich von ihrer Dienerschaft und Mrs Rivers, dem geruhsamen Dasein, das sie sich erschaffen hatte, zu trennen, all das einzutauschen gegen eine ungewisse, unsichere Zukunft als Ashers Ehefrau, ein Leben, das Asher als ihr Gatte bestimmen würde, beschlich sie Unbehagen. Liebte sie ihn genug, vertraute sie ihm genug, um ihre eigene Zukunft und die ihrer Leute in seine vollkommene Kontrolle zu übergeben?
Sie schaute zu Mrs Rivers, die ihr gegenübersaß und zufrieden ihren Tee trank, und fragte sich unwillkürlich, wie Asher wohl reagieren würde, wenn seine Braut mit ihrem alten Kindermädchen und ihrer Dienerschaft im Schlepptau bei ihm auftauchte. Was würden seine Diener denken? Es zuckte um ihre Lippen. Würde es einen häuslichen Krieg geben?
In dieser Nacht schlief Juliana schlecht; sogar ihre Träume waren von Sorge und unbestimmten Ängsten geprägt. Während des Tages litt ihre Stimmung darunter. Immer wieder musste sie an Asher denken, er drängte sich einfach in ihre Gedanken, sodass sie mitten bei der Erledigung einer Aufgabe innehielt und sich nicht länger darauf konzentrieren konnte, weil sie stattdessen davon träumte, sich in seinen Armen zu verlieren. Dann schaute sie auf, musste daran denken, dass, wenn sie ihn heiratete, alles um sie herum ihm gehören würde, dass er über sie und ihr Tun bestimmen konnte …
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