Der süße Hauch von Gefahr
entschied Juliana, dass Mrs Sherbrook genau die Sorte Freundin war, die man bei Mrs Manley erwarten würde. Mrs Sherbrooks Neffe Lord Thorne, ein imposanter Gentleman mit dunklem Teint und militärischer Haltung, aber von freundlichem Wesen, war eine ebenso charmante wie angenehme Gesellschaft.
Sie hatten gerade ihre Mahlzeit beendet, und die drei Damen saßen in dem Salon, der in Rosa und Creme gehalten war, und tranken ihren Tee, während Asher und Lord Thorne sich im Speisesalon bei einem Glas Brandy oder Portwein unterhielten. Apoll, der hinter Dudley in den Salon geschlüpft war, als der das Teetablett brachte, lag nun zufrieden zusammengerollt neben Mrs Manley auf dem rosafarbenen Sofa. Zwei französische Fenstertüren standen offen, um die kühle Abendluft ins Zimmer zu lassen und den Duft von Lavendel, Rosen und Jasmin, die die schmale Terrasse entlang der Hauswand säumten.
»Unsere Väter sind langjährige Freunde gewesen«, sagte Mrs Sherbrook gerade, und ihre strahlend grünen Augen blickten hell und freundlich.
»Aber ich habe Anne erst richtig kennengelernt, als sie mit ihren Eltern zu einer Gesellschaft nach Wyndham Hall kam.« Sie sah zu Mrs Manley.
»Ich war fünfzehn zu der Zeit und fühlte mich sehr erwachsen, weil man mir erlaubte, an einer der wenigen nicht so formellen Veranstaltungen teilzunehmen, die meine Eltern planten. Es war mein erster Ausflug in die gute Gesellschaft, und ich war furchtbar aufgeregt, mich zwischen Vornehmen oder gar Adeligen zu bewegen, die eingeladen worden waren, aber Anne war so freundlich zu mir und hat mich unter ihre Fittiche genommen.«
Mrs Manley lächelte ihrer Freundin zu und spielte geistesabwesend mit Apolls seidigen Schlappohren.
»Was sehr leicht war – du warst ein so einnehmendes junges Mädchen. Große Augen und schimmernde Locken.« Mrs Manley schmunzelte.
»Oh, und erinnerst du dich noch an dieses grässliche affektierte Mädchen, Patricia oder Priscilla …?«
Juliana hörte nur mit halbem Ohr zu, während die beiden älteren Damen Erinnerungen austauschten, ihre Gedanken schweiften immer wieder zu Asher ab. Sie hatte ihn eine lange Zeit geliebt, auch wenn sie es gar nicht gewusst hatte. Seine Frau zu sein war die Erfüllung ihrer geheimsten und süßesten Träume. Aber während ihr gemeinsames Leben allmählich seinen Rhythmus fand, hatte sie … nein, keine Zweifel, und sie verspürte auch kein Bedauern über die Ehe, sie hatte nur das Gefühl, dass sie sich zu etwas hatte drängen lassen. Indem sie Ashers Forderung nachgegeben hatte, sofort zu heiraten, hatte sie sich um die Freuden gebracht, von ihm umworben zu werden, die köstlichen nie wiederkehrenden Augenblicke sich steigernder Vorfreude, die schließlich in seiner Liebeserklärung gipfelten. Vergiss nicht, wies sie sich im Geiste selbst zurecht, dass du davon, die Heirat mit Asher hinauszuschieben, letztendlich nichts wissen wolltest.
Sie war die Erste, die zugab, dass alles mit unziemlicher Eile geschehen war, aber sie war wohl oder übel von Umständen dazu gezwungen worden, von denen sie nie zuvor für möglich gehalten hätte, dass sie einmal auch sie betreffen könnten. Und sie räumte auch ein, dass sie nicht immer so klug gehandelt hatte, wie sie es besser getan hätte. Sie hatte nie genug Zeit gehabt, alles in Ruhe zu bedenken, die Entscheidung, die sie getroffen hatte, zu hinterfragen … darüber nachzudenken, wie es um die Gefühle ihres Gatten für sie bestellt war. Sie kannte ihr eigenes Herz, aber wie sah es in seinem aus?
Juliana war sich eigentlich sicher, dass er sie gerne hatte, aber war es Zuneigung gewesen oder Ehrgefühl, das hinter seinem Wunsch stand, sie zu heiraten? Es war ihr nicht entgangen, und sie musste mit jeder Stunde, die verstrich, immer häufiger daran denken, dass er nie gesagt hatte, dass er sie liebte. Nicht einmal. Nicht einmal in den Fängen der wildesten Leidenschaft. Selbst wenn sie das unberücksichtigt ließ, die niederschmetternde Erkenntnis wollte nicht von ihr weichen, dass er sich nach dem leidenschaftlichen Liebesakt in der Bibliothek ihres Vaters verpflichtet gefühlt hatte, um ihre Hand anzuhalten. Und ebenso wenig erhebend war es, als ihr einfiel, dass er einfach ein bestimmtes Alter erreicht hatte, in dem er heiraten wollte – und sie war praktischerweise verfügbar gewesen, genügte seinen Ansprüchen. Manche Ehen gründeten auf weniger. Und ihre?
Der Eintritt der beiden Herren holte Juliana mit einem Ruck zurück in die
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