Der süße Hauch von Gefahr
Rückseite des Herrenhauses zu und stellte fest, dass sie ein wunderschönes Paar abgaben. Caswells dunkle Attraktivität war der perfekte Hintergrund für Thalias blonde Lieblichkeit. Viele der weiblichen Gäste verfolgten das junge Paar seufzend und mit feuchten Augen, weil die beiden so romantisch aussahen. Wie Piers sich zu ihr herabbeugte und wie Thalias Gesicht aufstrahlte, wenn sie ihn anblickte, ließ niemanden daran zweifeln, dass dies in der Tat eine Liebesheirat sein würde.
Das Haus war Sonntagabend bis zum Bersten mit Gästen gefüllt, nicht nur mit denen, die zur Hausgesellschaft gehörten und auf Kirkwood untergebracht waren, sondern auch mit allen, die in der Gegend Ansehen oder Einfluss besaßen, natürlich auch Mrs Manley und ihre liebe Freundin Mrs Sherbrook, die gerade bei ihr zu Besuch weilte. Sie waren zu dem üppigen Büffet geladen, das der formalen Ankündigung der Verlobung vorausgegangen war. Allerdings gab es eine auffallende Ausnahme: Der Marquis of Ormsby war nirgends in der elegant gekleideten Menge zu finden.
Squire Ripley, der sich im Saal umschaute, kurz nachdem die Verlobung bekanntgegeben worden war, bemerkte zu den Umstehenden:
»Seltsam, dass man Ormsby gar nicht sieht.«
Zu denen, die in der Nähe standen, gehörten auch Asher, John und der Oberst sowie der Vikar. Und einen Moment lang trafen sich die Blicke von Asher und dem Geistlichen. Mr Birrel kannte freilich nicht die ganze Geschichte, war aber immerhin Zeuge der unschönen Szene zwischen Asher und Ormsby auf Kirkwood gewesen und hatte seine eigenen Schlüsse gezogen. Ihm war ebenso nicht entgangen, wie anmaßend Ormsby Mr Kirkwood an dem Abend behandelt hatte, sodass ihn die Abwesenheit des Marquis’ an diesem Abend nicht sonderlich erstaunte.
In die kunstvoll aus Glas gearbeitete Tasse mit dem Champagnerpunsch in seiner Hand starrend antwortete Asher auf die Bemerkung des Squires, indem er sagte:
»Ich glaube, er hat abgesagt – er habe bereits andere Pläne für heute Abend, nicht hier in der unmittelbaren Umgebung, die sich nicht so leicht ändern ließen.«
»Ach so, das erklärt es natürlich«, erwiderte Ripley und nickte.
Colonel Denning schaute Asher durchbohrend an. Er wusste nicht, was hier vor sich ging, aber er wusste gut, dass Ormsby die Gegend nicht verlassen hatte – und dass der Marquis überhaupt nicht eingeladen worden war – ebenso wenig wie zu irgendeiner der anderen Unterhaltungen, die anlässlich der Hausgesellschaft geplant waren. Ormsby hatte dem Oberst beinahe den Kopf abgerissen, als der am Abend zuvor erwähnt hatte, dass er an diesem Abend nach Kirkwood eingeladen war. Und weil er später in der Nacht mit Ormsby zum Kartenspiel auf Rosevale verabredet war, wusste er sehr gut, dass der Marquis noch in der Nähe weilte.
Denning hatte es überrascht, dass Ormsby an diesem Abend nicht da war, aber da er niemand war, der übersteigertes Interesse für seine Mitmenschen aufbrachte – oder nur insofern, als es ihn betraf –, hatte er nicht weiter darüber nachgedacht. Aber jetzt erschien es ihm doch irgendwie merkwürdig. Ormsby war der bedeutendste Großgrundbesitzer in der Gegend, und mit seinem Titel und Reichtum war nicht zu leugnen, dass er großen Einfluss besaß. Dass Kirkwood ihn derart vor den Kopf gestoßen hatte, war höchst faszinierend.
Seine Augen wurden schmal, während er Ashers Gesicht betrachtete. Er würde eine Handvoll Goldstücke darauf wetten, dass sein Stiefsohn genau wusste, warum Ormsby an diesem Abend nicht da war … Aber war der Grund für Ormsbys Abwesenheit auch etwas, das er zu seinem Vorteil nutzen konnte?
Es gelang ihm, mit Asher unter vier Augen zu sprechen.
»Weißt du«, begann er, »der Squire hat eigentlich recht; es ist schon irgendwie seltsam, um nicht zu sagen sehr seltsam , dass Ormsby heute Abend nicht hier ist.«
Asher zuckte die Achseln.
»Aber auch nicht das Ende der Welt – trotz Ormsbys eigener Einschätzung seiner Wichtigkeit.«
Denning schmunzelte.
»Du hast den Mann nie sonderlich gemocht, oder?«
»Da er ein arroganter Hund ist und meint, die Welt sei dazu da, dass er sich bedient, wäre das auch nicht leicht, oder?«, erklärte Asher und bedachte seinen Stiefvater mit einem Lächeln, das viele Zähne zeigte, aber wenig Erheiterung enthielt. Halblaut fügte er hinzu:
»Du hingegen scheinst mit ihm gut auszukommen. John sagt, du und Ormsby, ihr wäret richtige Busenfreunde, seit du nach Rosevale gezogen bist – um unbehelligt
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