Der süße Hauch von Gefahr
sein Verhalten gewesen sei.
Ohne sich die Mühe zu machen, eine Kerze anzuzünden, entledigte Asher sich seiner Kleider und schlüpfte ins Bett. Er zog die Bettdecke über sich, verschränkte die Hände hinter seinem Kopf, starrte in die Dunkelheit und dachte über die leidenschaftlichen Momente in dieser Nacht nach. Es freute ihn, dass Juliana ihn nicht weggestoßen hatte, aber er fragte sich, weshalb eigentlich nicht. Verriet ihre Erwiderung, dass sie eine Frau war, die für jeden beliebigen Mann zu haben war? Oder hatte ihre süße Großzügigkeit ihm allein gegolten? Diese Vorstellung gefiel ihm weitaus besser, dass ihre Reaktion nur deshalb so ausgefallen war, weil er der Mann war, der sie küsste.
Er musste wieder an diese hitzigen Küsse denken; es faszinierte ihn, dass seine oft lästige Gefährtin aus Kindertagen – wenn auch nur für jene Momente – einen ausgeprägten Hang zur körperlichen Liebe bewiesen hatte. Wer hätte gedacht, fragte er sich, dass sich unter diesen verfluchten Musselinröcken und hinter dem züchtigen Äußeren ein so leidenschaftliches Wesen verbarg? Und wichtiger noch, konnte er dieses entschieden sinnliche Wesen noch einmal aus seinem Versteck locken? Sein Grinsen wurde breiter. O ja, beschloss er, das konnte er bestimmt.
Es wäre angenehmer gewesen, mit den Gedanken bei Juliana einzuschlafen, aber er wusste, er konnte es nicht länger aufschieben, daher drängte er das verlockende Rätsel um die reizende Mrs Greeley zur Seite und wandte sich den restlichen Ereignissen der Nacht zu.
Eine Sache lag auf der Hand: Ormsby hatte einen Spion auf Kirkwood. Aber warum? Ormsby hatte doch ohnehin die Oberhand: Er besaß schließlich die Briefe. Fürchtete er etwa, dass Thalia trotz des drohenden Skandals alle Vorsicht in den Wind schlug und versuchen würde, mit Caswell durchzubrennen? Asher runzelte die Stirn und zog die Möglichkeit kurz in Betracht, dass das Treffen zwischen den Brüdern heute Nacht nichts mit Thalia oder Ormsby zu tun hatte, verwarf sie aber wieder. Was sollte es dann? Nein. Ormsby musste dahinterstecken. Und von dieser Annahme ausgehend und dem, was er vorhin belauscht hatte, sah es so aus, als ob Ormsby sich der Hilfe seines Stallmeisters versichert hatte, aber nicht sonderlich genau in seinen Anweisungen und bei der Beschreibung gewesen war, welche Art von Informationen er von dem Stallburschen auf Kirkwood benötigte.
Asher zweifelte nicht daran, dass der Stallmeister Julianas Mitternachtsausritt dem Marquis berichten würde, aber außer vielleicht Ormsbys Neugier zu wecken, konnte er nicht erkennen, was es schaden konnte. Er würde Juliana auf jeden Fall vor dem Spion in ihrem Stall warnen.
Was den Stallburschen betraf, kam Asher zu dem Schluss, dass es fürs Erste reichte, ihn zu identifizieren. Es wäre nicht zweckdienlich, Ormsby zu verraten, dass sein Mann enttarnt war; dann würde er bei nächster Gelegenheit einen neuen an anderer Stelle auf dem Besitz unterbringen. Sobald er wusste, wer der Stallbursche war, wären sie auch in der Lage, zu verhindern, dass er irgendetwas Nützliches erfuhr. Ein unfreundliches Lächeln spielte um Ashers Mund. Und, wenn nötig, erlaubte es ihnen auch, Ormsby Halbwahrheiten aufzutischen, die ihnen dienten.
Der Diebstahl der Briefe schien Asher am wenigsten aufregend. Er hatte schwierigere Aufgaben gelöst als diese, und war zudem dafür hervorragend entlohnt worden. Einen Augenblick lang entglitt ihm die Kontrolle über seine Gedanken, und er dachte versonnen darüber nach, welche angemessene Belohnung er wohl für seine Bemühungen von Juliana verlangen konnte. Geld spielte dabei keine Rolle.
Er gähnte. Heute Nacht konnte er ohnehin nichts lösen, und der Morgen war noch Stunden entfernt. Er gähnte erneut. Gleich als Erstes am nächsten Morgen würde er zu seiner Großmutter reiten und sie überzeugen, dass sie am Nachmittag die arme kleine Thalia Kirkwood besuchen musste. Sein Herz klopfte schneller. Und er würde die köstlich züchtige Mrs Greeley wiedersehen. Mit einem Lächeln auf den Lippen schlief er ein.
Juliana schlief nicht gut. Zum ersten Mal, seit sie vorübergehend in das Haus ihres Vaters gezogen war, um bei Thalias Debüt zu helfen, hätte sie es vorgezogen, nicht hier zu sein. Sie besaß schließlich selbst ein reizendes Landhaus, nur ein paar Meilen entfernt, und in dieser Nacht fehlten ihr die vertraute Umgebung und die Annehmlichkeiten ihres eigenen Haushalts besonders. Nicht, dass Kirkwood
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