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Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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möchte. Ich möchte einzig und allein in der Zeit sein, in der Ida gesund wieder auf meinem Schoß sitzt, Diego neben mir steht und sich herausstellt, dass das alles nur ein Missverständnis war. Mir ist übel, ich konnte keinen Bissen von dem Snickers essen, alles an mir zittert. Wenn ich an Ida denke, sehe ich sie unter der grünen Decke auf dem Sofa, wo sie so geduldig gelegen hat, während ich telefoniert habe. Und dann würgt es mich in der Kehle und aus meinen Augen regnet es.
    Kriminaldirektorin Rolfs kommt wieder zu mir und bittet mich, sie zu einem Zeichner zu begleiten, dem ich Diegos Gesicht beschreiben soll.
    Ich taumele mehr, als ich gehe, sie greift nach meinem Ellenbogen, damit ich nicht hinfalle. Ich erinnere mich plötzlich daran, wie Diego Ida die Zunge rausgestreckt hat und ihr später Zuckerwatte gekauft hat. Ida mochte ihn. Sie wäre vielleicht mit ihm gegangen, wenn er gesagt hätte, sie würden sich gemeinsam verstecken.
    Aber würde er so etwas machen? Dieser liebevolle spontane witzige Diego, mit dem zusammen alles so wunderschön und so einfach war? Zu einfach? Habe ich denn gar keine Menschenkenntnis? Was, wenn er völlig unschuldig ist und sich das, was passiert ist, anders erklären lässt?
    Ich setze mich neben den Zeichner, der seinen Namen in einen zerrupften Vollbart nuschelt und mich als Erstes nach Diegos Haaren fragt.
    Sie fühlen sich ein bisschen borstig an, möchte ich antworten, wild wie er, natürlich gebe ich dem Zeichner eine vernünftige Beschreibung. Aber eine winzige Stimme in meinem Inneren erinnert mich an unser merkwürdiges Telefonat heute Morgen in Christians Wohnung. Warum war er da einerseits so abwesend und andererseits so gefühlvoll? Warum hat er mir ausgerechnet heute Morgen gesagt, dass er mich liebt? Wenn ich ihn jetzt detailliert beschreibe, dann kommt sein Bild in die Presse, vielleicht vorne auf die Bildzeitung mit Überschriften wie: Wer hat dieses Monster gesehen?
    Und das Fernsehen wird Jagd auf ihn machen. Das alles muss mir egal sein, denn es geht hier nicht mehr um ihn oder mich, sondern nur noch um Ida.
    Mein Handy klingelt, ich kenne die Nummer nicht. Yukiko aus Hongkong, fürchte ich sofort. Der Zeichner stöhnt genervt und bedeutet mir, es anzunehmen oder das Klingeln abzustellen.
    Ich gehe dran. Eine Computerstimme fragt, ob ich Marie-Lu Schrader bin und ob ich Ida lebend wiedersehen will? Ich springe so hektisch auf, dass der Stuhl mit einem lauten Knall umfällt. Der Zeichner schaut mich irritiert an, dann erwacht er aus seiner Lethargie und kapiert, dass gerade etwas Wichtiges vorgeht. Er schiebt mir einen Zettel und einen Stift hin, ich schreibe Entführer, und während ich versuche, die Stimme durch das extreme Hämmern und Rauschen in meinen Ohren zu verstehen, füge ich noch Frau Rolfs hinzu. Der Zeichner rennt los, hoffentlich zu seiner Chefin, damit sie herausfinden können, woher diese Computerstimme anruft.
    Wenn ich Ida lebend wiedersehen will, muss ich sofort zu ihrem Haus gehen, befiehlt mir die Stimme.
    »Wo ist Ida?«, brülle ich in den Hörer. »Was haben Sie mit ihr vor, was soll das alles?« Aber es ist nichts mehr zu hören, nur ein Rauschen und das Pulsstakkato in meinen Ohren. Der Anrufer hat die Verbindung unterbrochen.
    Ich zittere am ganzen Körper. Der Zeichner kommt mit Kriminaldirektorin Rolfs zurück. Sie ist enttäuscht, dass der Entführer nicht mehr am Telefon ist. Dann will sie ganz genau wissen, was die Stimme gesagt hat. Dazu führt sie mich wieder in das Vernehmungszimmer und ich muss jedes Wort des Telefonats aufschreiben, für den Psychologen, der daraus angeblich Schlüsse auf den geistigen Zustand des Entführers ziehen kann, wie sie sagt. Dabei schaut sie mich misstrauisch an und ich werde immer unsicherer.
    Sie scheint mir kein Wort zu glauben. Dabei darf ich doch keine Zeit verlieren, der Entführer hat gesagt, dass ich sofort zu Christians und Yukikos Wohnung muss!
    Weil sie mich vorher nicht gehen lässt, schreibe ich so schnell wie möglich alles auf. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, welche Schlüsse man aus diesen banalen Sätzen ziehen kann:
    Sind Sie Marie-Lu Schrader? Wenn Sie Ida lebend wiedersehen wollen, müssen Sie sofort zu ihrem Haus.
    »Würden Sie sagen, dass Ihr Bruder wohlhabend ist?«, fragt die Rolfs.
    Ich nicke und endlich wird mir klar, was hier vorgeht, man hat Ida entführt, um an das Geld von Christina und Yukiko zu kommen. Eine Sekunde lang bin ich

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