Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
Vom Netzwerk:
Trittbrettfahrer?«
    »Diego ist sicher, dass Jan mit keinem Komplizen zusammengearbeitet hat.«
    »Merkwürdig, dass Sie diesem Mann immer noch alles glauben, was er sagt.« Sie verdreht ein wenig ihre Augen und ihre Stimme wird frostig. »Manche Frauen wollen einfach betrogen werden.« Dann rutscht sie vor auf die Stuhlkante und bringt sich in eine sehr aufrechte Position. »Na ja, Sie sind auch noch sehr jung. Also, ich sollte es Ihnen nicht verraten, aber ich tue es trotzdem, sonst halten Sie mich noch für einen Unmenschen.« Sie streicht eine Strähne hinter ihr Ohr und fixiert dann meinen Blick. »Es gab eine zweite Lösegeldforderung, wieder schriftlich. Sie sah genauso aus wie die erste Forderung, das gleiche Papier, der gleiche Kleber, die gleichen Zeitungen. Nur diesmal war alles übersät mit Fingerabdrücken von Ihnen und einigen von Johannes Bender.«
    Ich brauche eine Sekunde, bis mir klar wird, dass sie von Diego spricht.
    »Und das beweist ganz klar, dass wir es keineswegs mit einem Trittbrettfahrer, sondern mit einem Komplizen zu tun haben.«
    »Aber Sie können doch wohl nicht im Ernst glauben, dass Diego und ich so blöd wären, überall unsere Fingerabdrücke zu hinterlassen, oder?«, wende ich ein, auch wenn mir jetzt leider einleuchtet, dass Diego sich geirrt hat. Jemand hat das von langer Hand geplant. Und dieser Jemand hat dafür gesorgt, dass unsere Fingerabdrücke auf diesen Papieren sind. Das macht mir Angst. Warum?
    »Das Geld sollte von Ihrem Bruder Sebastian in einem schwarzen Rollkoffer der Marke Samsonite, Modell Q7 in der Handgepäckaufbewahrung im Hauptbahnhof abgegeben werden. Der Koffer war schnell besorgt, ein handelsübliches Modell. Der Übergabeort war ein kluger Schachzug, denn es war weder möglich, den Bahnhof komplett zu sperren, noch, das gesamte Personal auszuwechseln. Wir konnten die Übergabe nur beobachten, auf Video aufnehmen und ein paar Leute einschleusen. Und diesmal haben wir auch einen Sender am Koffer angebracht.«
    Und Idas Leben riskiert, denke ich, frage mich aber gleichzeitig, was ich an ihrer Stelle gemacht hätte.
    »Und dann? Wer hat den Koffer abgeholt?«
    Die Rolfs atmet die Luft aus, als würde sie gerade aus drei Metern Tiefe auftauchen.
    »Niemand.«
    Jetzt begreife ich. »Sie glauben, dass Diego der unbekannte Komplize ist, der nicht kommen konnte, weil er mit mir zusammen war, oder? Dann kapiere ich aber nicht, warum mein Bruder Sebastian in Haft ist.«
    Ein Zucken umspielt ihre Lippen. »Nachdem Ida gefunden worden war, hat…«
    Ich kann nicht anders, ich muss das klarstellen. »Nachdem Ida von Diego und mir gefunden worden ist!«
    Sie nickt widerstrebend und geht mit keiner Silbe darauf ein. »Jedenfalls hat der Kollege Hinze zu diesem Zeitpunkt vorgeschlagen, wir sollten den Koffer öffnen und nachsehen.«
    »Und?«
    »Er war voll alter Zeitungen.«
    »Voller Zeitungen?«, wiederhole ich überrascht, bevor ich verstehe, was das bedeutet. »Zwei Millionen einfach weg?«
    Sie nickt. »Ganz recht. Und wir haben den Koffer von dem Moment an, als er das Haus verlassen hat, nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen.«
    »Dann klingt das nach einem Zauberkunststück.«
    »Wir vermuten, dass Ihr Bruder Sebastian den Auftrag hatte, die Koffer auszutauschen. Und zwar schon in der Wohnung.«
    »Unsinn. Mein Bruder würde so etwas nie tun!«
    »Es erscheint mir wirklich merkwürdig, dass ausgerechnet Sie immer noch an Ihre Menschenkenntnis glauben können. Nach allem, was passiert ist.«
    »Sebastian ist mein Bruder!«
    »Und Bender Ihr Liebhaber.«
    Das kommt wie aus der Pistole geschossen und trifft mich tief im Bauch, genau dort, wo in den vierundzwanzig Stunden seit Idas Entführung immer wieder Zweifel an Diego aufgeflackert sind wie Funken in der Asche, die einfach nicht aufgeben wollen.
    »Keiner der beiden hängt da mit drin«, sage ich trotzdem, weil ich zwar noch nicht alles weiß, was hier gespielt wird, aber ich bin sicher, dass weder Sebastian noch Diego Ida jemals so etwas hätten antun können. Und schließlich haben wir Ida nur durch Diego gefunden. Warum hätte er das denn tun sollen, ohne abzukassieren? Nein, ich glaube ihm inzwischen, jedes einzelne Wort glaube ich ihm. Ja, es ist eine Wunde in meinem Vertrauen zurückgeblieben und dort wird eine Narbe bleiben. Unser Verhältnis, wie auch immer es sich entwickeln wird, kann nie mehr so einfach und so bedingungslos sein wie früher. Dennoch wird Frau Rolfs es nicht schaffen, mich zu

Weitere Kostenlose Bücher