Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
schrie er zurück. »Sehr hilfreich für Sie und Ihren Enkel! Na los, worauf warten Sie! Hier vor den Augen dieser beiden Detectives! Nur keine Hemmungen! Kommen Sie schon!«
Mit zügigen Schritten ging er weiter auf sie zu. Er sah, wie die Flinte in ihren Armen schwankte.
»Ich mein’s ernst!«, schrie sie.
»Dann tun Sie’s endlich!«, schrie er zurück.
Sein Zorn kannte keine Grenzen mehr. Er hatte den letzten Hoffnungsschimmer, Ferguson könnte unschuldig sein, verloren, und so brach alles aus ihm heraus. »Nur zu! Genauso eiskalt, wie Ihr Enkel das kleine Mädchen getötet hat. Nur zu! Wollen Sie mir dieselbe Chance geben wie er der Kleinen? Sind Sie auch eine Mörderin, alte Frau? Hat er das von Ihnen gelernt? Haben Sie ihm beigebracht, ein wehrloses kleines Mädchen aufzuschlitzen?«
»Er hat nix getan!«
»Dass ich nicht lache!«
»Stehen bleiben!«
»Oder was? Vielleicht haben Sie ihm ja auch nur das Lügen beigebracht? Ja? Hab ich recht?«
»Kein Stück näher!«
»Ja? Haben Sie ihm das beigebracht, verdammt noch mal? Ja oder nein?«
»Er hat nie so was getan, was Sie sagen. Und jetzt zurück, oder ich puste Ihnen den Kopf weg!«
»Er war es. Sie wissen, dass er es war. Er war’s! Er war’s! Er war es! «
Ein Schuss löste sich.
Die Salve zerfetzte die Luft so dicht über Cowarts Kopf, dass sie ihn halb betäubt zu Boden warf. Hinter ihm prasselte der Schrot an die Wände des Aborts; in den Lärm mischten sich gellende Schreie der Polizisten, die beide zugleich ihre Waffen zogen und brüllten: »Keine Bewegung! Waffe fallen lassen!«
Über ihm drehte sich der Himmel, und es roch nach Kordit. Nach dem mörderischen Knall hörte er ein lautes Pochen, das er nicht einordnen konnte, bis er begriff, dass es der eigene Herzschlag in seinen Ohren war.
Cowart richtete sich auf, fasste sich an den Kopf und betrachtete dann seine Hände, die zwar schweißnass, aber nicht blutig waren. Er starrte zu der alten Frau hoch. Beide Detectives riefen ihr weitere Befehle zu, die in der Hitze und der sengenden Sonne untergingen.
Die alte Frau erwiderte seinen Blick. Ihre Stimme war schrill. »Ich hatte Sie gewarnt, Mr. Reporter, ich hatte Ihnen schon mal gesagt, dass ich dem Teufel ins Gesicht spuck, wenn das meinem Enkel helfen tut.«
Cowart starrte sie nur weiter wortlos an.
»Sind Sie tot?«, fragte sie.
»Nein«, antwortete er ruhig.
»Hab’s nicht über mich gebracht«, sagte sie bitter. »Ihnen das Hirn wegzupusten. Einmal draufhalten und … verdammt.«
Ihre Haut war aschfahl. Sie ließ die Waffe sinken. »Hatte nur eine Patrone«, fügte sie hinzu.
Dann blickte sie sich zu den Polizisten um, die mit gezückten Waffen näher kamen. Sie fixierte Brown.
»Hätte sie für dich aufsparen sollen«, sagte sie.
»Waffe fallen lassen!«
»Willst du mich jetzt erschießen, Tanny Brown?«
»Waffe fallen lassen!«
Die alte Frau zischte nur, nahm die Flinte und lehnte sie vorsichtig hinter sich an die Tür. Dann stellte sie sich mit verschränkten Armen vor ihm auf und fragte ihn noch einmal: »Willst du mich jetzt umbringen?«
Wilcox beugte sich über Cowart. »Alles klar bei Ihnen, Cowart?«
»Mir fehlt nichts«, erwiderte der Reporter.
Wilcox half Cowart auf die Beine. »Mensch, Cowart, das hätte ins Auge gehen können. Sie waren ja völlig von der Rolle.«
Cowart war plötzlich euphorisch. »Können Sie laut sagen«, lachte er.
Wilcox drehte sich zu Brown um. »Soll ich ihr Handschellen anlegen und die Rechte vorlesen?«
Der Detective griff hinter die alte Frau, packte die Flinte, klappte den Lauf herunter und überprüfte die Doppelkammern. Er zog die Patronenhülse heraus und warf sie Cowart zu. »Da. Ein Souvenir.«
Dann wandte er sich wieder an Fergusons Großmutter. »Haben Sie noch irgendwelche Waffen herumliegen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Reden Sie jetzt mit mir, alte Frau?«
Sie schüttelte wieder den Kopf und spuckte trotzig auf den Boden.
»Wie Sie wollen. Bruce?«
»Chef?«
»Hol dir aus dem Abstellraum eine Schaufel.«
Der Lieutenant steckte seinen Revolver ins Holster und händigte der alten Frau, die ihn immer noch finster ansah, die leere Flinte wieder aus. Dann kehrte er zum Plumpsklo zurück und machte Cowart Zeichen. »Hier«, sagte er und drückte dem Reporter das Brecheisen in die Hand. »Denke, Sie haben es sich verdient, als Erster Hand anzulegen.«
Das alte Holz wehrte sich beharrlich gegen die Attacken mit dem Brecheisen und anschließend mit der
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