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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hinunter und nickte, auch wenn ihm klar war, dass der Detective Unmögliches verlangte. Die Ungewissheit war kaum zu ertragen, als sie sich beide setzten und wortlos ihre Sandwiches aßen, während sie nervös auf das Klingeln des Telefons warteten.
    Erst eine halbe Stunde später kehrte Shaeffer zurück.
    »Ich bin zu den jeweiligen diensthabenden Sergeants im Revier zwölf, siebzehn und zwanzig durchgekommen«, sagte sie. »Kein Lebenszeichen von ihm, jedenfalls hat er sich dort nicht gemeldet. Es hat auch keiner von denen irgendeinen ungewöhnlichen Anruf entgegengenommen. Einer hatte ein Team wegen eines Schusswechsels losgeschickt, allerdings in Verbindung mit einer Straßengang. Sie meinten alle, bei dem Wetter sei es immer ziemlich ruhig. Dann hab ich bei ein paar Notaufnahmen angerufen, vorsichtshalber. Und die Notrufzentrale. Nichts.«
    Brown sah sie beide an. »Wir vergeuden unsere Zeit«, sagte er kurz angebunden. »Gehen wir. Wir machen uns selbst auf die Suche. Sofort.«
    Cowart blickte auf sein Notizbuch. »Also, Ferguson hat heute Abend ein Seminar. Forensische Verfahren. Von acht bis halb elf. Vielleicht ist Wilcox ihm bis nach New Brunswick gefolgt.«
    Brown nickte zuerst, schüttelte dann aber den Kopf. »Nicht auszuschließen, aber wir können nicht warten.«
    »Was bringt es, aufs Geratewohl loszuziehen? Und wenn er schon auf dem Rückweg ist?«
    »Und wenn nicht?«
    »Er ist Ihr Partner. Was meinen Sie, was er jetzt gerade tut?«
    Shaeffer atmete langsam aus. Klar, dachte sie, er ist dem Bastard in irgendeinen Bus gefolgt und von da aus in die Subway. Hatte bislang einfach noch keine Gelegenheit, sich zu melden; jetzt verfolgt er ihn auf dem Heimweg und ist frühestens um Mitternacht wieder hier. Die kleine Woge der Erleichterung tat gut, nachdem sie sich seit Wilcox’ Verschwinden wie in einem Schraubstock absolut hilflos gefühlt hatte. Erst jetzt nahm sie die Lampen im Zimmer wahr, die austauschbare Innendekoration und Ausstattung, etwas Vertrautes in ihrer Umgebung, und es schien ihr, als tauchte sie nach einem stundenlangen Aufenthalt in einem tiefen Minenschacht zum ersten Mal an die Oberfläche.
    Brown ließ die tröstliche Spekulation wie eine Seifenblase platzen. »Nein, ich muss sofort da raus.« Er deutete auf Shaeffer. »Und Sie werden mir zeigen, wo das alles passiert ist. Gehen wir.«
    Cowart griff nach seiner Regenjacke, und zusammen eilten sie ins nächtliche Dunkel.

    Während Shaeffer am Steuer saß, kauerte Tanny Brown auf dem Beifahrersitz und litt Höllenqualen.
    Er wusste, dass Wilcox angerufen hätte.
    Er wusste nur zu gut, wie ungestüm, ja waghalsig sein Partner sein konnte. Er ließ sich allzu leicht zu unüberlegten Handlungen und einem allzu großen Vertrauen in seine Fähigkeiten hinreißen. Genau das waren die Eigenschaften, die Tanny Brown an seinem Partner insgeheim am meisten schätzte; sein eigenes Leben war in starren Bahnen verlaufen, nach klar definierten Pflichten: ob er nun als Kind nach dem Gottesdienst am Esstisch saß und sein Vater das Kommando gab: »Erheben wir uns!«, oder für die Football-Mannschaft mit dem Ball losrannte, im Krieg die Verwundeten aus der Schusslinie holte oder bei der Bezirkspolizei den höchsten Dienstgrad erlangte, den je ein Schwarzer innehatte. In meinem Leben fehlt jede Spontaneität, fasste er nüchtern zusammen. Schon seit Jahren. Genau deshalb war die Wahl auf Bruce Wilcox als seinen Partner gefallen, einen Mann, der die Welt in Recht und Unrecht, in Gut und Böse einteilte und bei Entscheidungen nicht lange fackelte und ihn selbst perfekt ergänzte.
    Fast bin ich neidisch, dachte Brown.
    Bei diesem Gedanken fühlte er sich noch mieser.
    Ein untrüglicher Instinkt sagte ihm, dass etwas passiert sein musste, doch er brachte es nicht über sich, die innere Gewissheit zu akzeptieren. Wenn er ihre gemeinsamen Jahre im Dienst Revue passieren ließ, fielen ihm Dutzende Situationen ein, in denen Wilcox ein wenig übers Ziel hinausgeschossen und reumütig mit hochrotem Kopf zurückgekehrt war, um sich eine Standpauke von Tanny Brown anzuhören. Der entscheidende Unterschied bestand darin, dass sich all diese Vorfälle auf dem vertrauten Terrain ihres eigenen Bezirks ereignet hatten, den sie beide wie ihre Westentasche kannten, in dem sie sicher und souverän agieren konnten.
    Tanny Brown merkte, dass er schon seit einiger Zeit mit starrem Blick in die undurchdringliche Dunkelheit schaute.
    Hier nicht, dachte er. Wir hätten nie

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