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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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nur noch schlimmer machen. Plötzlich packte ihn die Wut. Was soll ich ihm sagen? Dass ich ihn verloren habe? Dass ich ihn zusammen mit einer unerfahrenen Ermittlerin aus Monroe auf einen Beobachtungsposten abgestellt habe und er verschwunden ist? Vermutlich tot? Im Einsatz vermisst? Schließlich hat ihn kein Dschungel verschlungen.
    Doch genau das traf es.
    Er schaltete die Scheinwerfer ein. Im selben Moment erfassten sie die roten Knopfaugen eines Opossums, das sprungbereit am Straßenrand hockte, als wollte es sich auf die Autoreifen stürzen. Brown hielt das Lenkrad fest und beobachtete das Tier, das im letzten Moment zurückwich und sich im Graben in Sicherheit brachte.
    In diesem Moment wünschte er sich, er könne genauso in ein Versteck verschwinden.
    Keine Chance, stellte er lakonisch fest.

    Wenig später fuhr er auf den Parkplatz des Admiral Benbow Inn an der Stadtgrenze von Pachoula und setzte seine beiden Passagiere auf dem Bürgersteig ab, wo ihre Gesichter in das grell weiße Neonlicht einer Leuchtreklame getaucht wurden, hell und groß genug, um auch noch vom Highway aus ins Auge zu springen.
    »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Verstärkung anfordern. Oder würden Sie es vorziehen, ihn alleine zu schnappen?«
    Cowart dachte an das, was Brown in Newark gesagt hatte. Es war ihm gar nicht in den Sinn gekommen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. »Vermutlich nicht.«
    »Wann?«, fragte Shaeffer.
    »Früh. Ich hole Sie vor Tagesanbruch ab. Sagen wir, Viertel nach fünf.«
    »Und dann?«
    »Fahren wir zum Haus seiner Großmutter raus. Ich tippe, dass er da ist. Wenn wir Glück haben, schläft er noch.«
    »Und wenn nicht?«, fragte sie. »Wenn er nun nicht dort ist, was dann?«
    »Dann kämmen wir die ganze Gegend nach ihm durch. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir ihn genau da finden.«
    Sie nickte wenig überzeugt. Es erschien ihr zu einfach, um wahr zu sein.
    »Und wo wollen Sie jetzt hin?«, wiederholte Cowart seine Frage.
    »Wie gesagt, Verstärkung organisieren. Vielleicht ein paar Berichte schreiben. Und auf jeden Fall nach meiner Familie sehen. Also dann, bis kurz vor Sonnenaufgang.«
    Er legte den Gang ein, gab Gas und ließ den Reporter und die junge Polizistin wie zwei in der Fremde gestrandete Touristen auf dem Bürgersteig stehen. Für einen Moment betrachtete er sie durch den Rückspiegel. Sie wirkten klein und unentschlossen. Er fuhr um eine Kurve und verlor sie aus den Augen. Er spürte, wie sich die Gefühle, die sich in den letzten Stunden in ihm angestaut hatten, entluden, als verlöre ein zum Zerreißen straff gespannter Faden an Zug. Er empfand eine Bitterkeit, dass er glaubte, sie auf der Zunge zu schmecken. Während er alleine durch die Nacht brauste, wich der Aufruhr der Gefühle endlich einer Ruhe, in der er klar denken konnte. Den Reporter und die junge Kollegin vergaß er für eine Weile, wenn auch nicht ganz, und ließ seiner kalten Wut freien Lauf. Ohne ein konkretes Ziel fuhr er mit Höchstgeschwindigkeit. Er dachte keine Sekunde daran, irgendwelche Berichte zu schreiben oder Verstärkung anzufordern. Die Inventur des Todes konnte warten.

    Cowart und Shaeffer nahmen sich Zimmer im Motel und gingen anschließend ins Restaurant, um eine Kleinigkeit zu essen. Auch wenn keiner von ihnen Hunger hatte, lag es nahe, um diese Zeit etwas zu sich zu nehmen. Bei einer Kellnerin, die sich in ihrer steifen, knapp sitzenden blau-weißen Uniform nicht wohlzufühlen schien und wenig Enthusiasmus zeigte, sie zu bedienen, gaben sie ihre Bestellung auf. Während sie warteten, betrachtete Cowart sein Gegenüber und stellte fest, dass er so gut wie nichts über die Polizistin wusste. Ebenso stellte er fest, dass er schon seit langem nicht mehr einer jungen Frau gegenübergesessen hatte. Wenn sie nicht gerade ihre Stacheln ausfuhr, war sie eigentlich recht attraktiv. Wäre das hier Hollywood, dachte er, dann würden wir einander jetzt – aufgewühlt nach allem, was wir durchgestanden haben – in die Arme fallen. Stattdessen wäre ich schon froh und dankbar, wenn sie einfach nur mit mir redete. Ob sie ihm den Gefallen tun würde, war keineswegs ausgemacht.
    »Ganz anders als die Keys, nicht wahr?«, unternahm er einen Versuch.
    »Ja.«
    »Sind Sie dort aufgewachsen?«
    »Ja. Mehr oder weniger. In Chicago geboren, aber als Kind dorthin umgezogen.«
    »Wie hat es Sie zur Polizei verschlagen?«
    »Was soll das werden? Ein Interview? Für Ihren nächsten Artikel?«
    Cowart winkte ab, wurde sich aber bewusst,

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