Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Kerl ist mehr als verdächtig. Ich muss diesem Cop aus Escambia bei einer Festnahme helfen, dann komme ich sofort zurück.«
Sie spürte durch die Leitung, wie Weiss über die spärliche Auskunft nachgrübelte. Bevor er irgendetwas sagen konnte, fügte sie hinzu: »Ich bin wieder in Florida. Ich kann morgen nach Starke zurückkommen, in Ordnung? Alles Weitere erzähle ich dir, wenn wir uns sehen.«
»Meinetwegen«, sagte er langsam. »Aber vergeude nicht noch mehr Zeit. Und was meinst du, was ich im Köcher hab?«
»Die Mordwaffe?«
»Schön wär’s. Aber dreimal darfst du raten, wer in den letzten vier Wochen vor dem Mord zahllose Telefonate mit seinem Bruder in den Keys geführt hat. Und wer sich mit seinem funkelnagelneuen Pick-up auf der Interstate 95 kurz hinter Miami ein Knöllchen wegen Geschwindigkeitsübertretung eingefangen hat, und zwar exakt vierundzwanzig Stunden, bevor Mister Reporter die beiden Leichen findet?«
»Der dienstbeflissene Sergeant?«
»Richtig. Ich hab morgen ein Gespräch mit dem Händler, der ihm den Truck verkauft hat. Bin mal gespannt, wie viel der Kerl bezahlt hat: Geländewagen in Rot, Lichtbalken, Vierradantrieb. Der Ferrari des Everglade-Tarzans.« Weiss lachte. »Komm schon, ich hab mir die Hacken abgelaufen, jetzt brauche ich nur noch deine eiskalte Vernehmungstaktik, um den Kerl hinter Gitter zu bringen. Er war’s. Da bin ich mir sicher.«
»Ich komme, so schnell ich kann«, beteuerte sie. »Morgen.«
Dann legte sie auf. Wieder wanderte ihr Blick zu ihrer Pistole. Sie verscheuchte alle Gedanken, schlüpfte aus den Schuhen und legte sich, die Waffe mit beiden Händen an die Brust gedrückt, voll bekleidet aufs Bett. Sie befahl sich, ein wenig zu schlafen, und schloss die Augen. Ihr letzter Gedanke galt Matthew Cowart: Es ärgerte sie ein wenig, dass er die Wahrheit erkannt hatte – sie steckte bis zum bitteren Ende in der Sache drin.
Cowart schloss hinter sich ab und ließ sich auf der Bettkante nieder. Ein paar Sekunden lang blickte er auf das Telefon, fast als rechnete er damit, dass es jeden Moment klingelte. Schließlich griff er zum Hörer. Er drückte Taste acht, damit sein Apparat für Ferngespräche freigeschaltet wurde, und fing an, die Nummer seiner Ex-Frau und seiner Tochter in Tampa einzutippen. Nach der neunten von zehn Ziffern hielt er inne.
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Dem, was er ihnen am frühen Morgen erklärt hatte, gab es nichts hinzuzufügen. Umgekehrt wollte er gar nicht wissen, ob sie seinen Rat befolgt hatten oder immer noch in ihrem schicken Vorstadthaus auf dem Präsentierteller saßen. Es war beruhigender, sich vorzustellen, dass seine Tochter in sicherer Entfernung in Michigan schlief.
Er drückte auf die Gabel, tippte noch einmal die Acht ein und wählte die Nummer der Telefonzentrale des Miami Journal. Rede mit Will oder Edna, dachte er. Dem Lokal- oder dem Chefredakteur. Mit dem nächstbesten Laufburschen, wenn kein anderer zur Hand ist. Hauptsache, du sprichst mit jemandem von der Zeitung.
»Miami Journal«, meldete sich eine Frauenstimme.
Er antwortete nicht.
»Miami Journal«, wiederholte sie gereizt. »Hallo?«
Sie legte auf, während er noch den Hörer in der Hand hielt.
Er musste an Vernon Hawkins denken und fragte sich einen Moment, ob es eine Durchwahl zum Himmel gab. Oder auch zur Hölle, versuchte er zu scherzen. Was würde Hawkins jetzt sagen? Er würde mir raten, die Sache in Ordnung zu bringen und abzuhaken. Für Dummköpfe hatte der alte Detective nichts übrig.
Cowart blickte wieder das Telefon an. Als widersetzte er sich einer Anweisung, die niemand gegeben hatte, schüttelte er den Kopf und hielt sich den Hörer erneut ans Ohr. Diesmal drückte er die Taste der Rezeption.
»Mr. Cowart in Zimmer 101. Ich möchte mich morgen früh wecken lassen. Um fünf Uhr.«
»In Ordnung, Sir. Früh aus den Federn?«
»Ja.«
»Zimmer 101, Weckruf um fünf Uhr. Ja, Sir.«
Er legte auf und kippte auf dem Bett nach hinten. Die Tatsache, dass ihm auf der ganzen Welt niemand außer dem Nachtportier einfiel, den er anrufen konnte, war zum Lachen und Weinen zugleich. Er legte den Kopf aufs Kissen und wartete auf die verabredete Zeit.
Die Nacht engte Brown wie ein schlecht sitzender, viel zu warmer Anzug ein. Es war längst stockdunkel, doch er war schweißgebadet. Draußen über dem Golf braute sich ein mächtiges Gewitter zusammen, und gelegentlich erhellte ein Blitz den Küstenstreifen von Pensacola. Meilenweit
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