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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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zuckte mit den Achseln, als wollte er sagen: Das macht nun auch nichts mehr. Was natürlich gelogen war.
    Shaeffer dachte darüber nach. Menschen, die sich wünschten, alles wäre wieder so wie früher, hielt sie für grenzenlos naiv. Und immer unzufrieden mit der Realität. Sie richtete den Blick auf Cowart und fragte unverblümt: »Trauen Sie Lieutenant Brown?«
    Cowart ließ sich mit der Antwort Zeit. »Mit dem Mann ist nicht zu spaßen, falls Ihre Frage in diese Richtung ging. Steht unter unglaublichem Druck, und ich glaube, er zieht durch, was er sagt.« Den Zusatz: Meiner Meinung nach verbirgt er eine unbändige Wut und einen unversöhnlichen Hass, sprach er nicht aus. »Andererseits wäre er nicht, wo er heute ist, wenn er die Vorschriften über den Haufen werfen würde. Er hat sich an die Regeln gehalten, sich eingefügt, die Erwartungen an ihn erfüllt. Ein Mal, das eine Mal, als er Wilcox grünes Licht gab, Ferguson das Geständnis herauszuprügeln, hat er sich darüber hinweggesetzt. Das passiert ihm nicht noch einmal.«
    Shaeffer nickte. »Dass er unter Dampf steht, ist kaum zu übersehen. Aber ich halte ihn für verlässlich und berechenbar.« Sie wusste nicht, ob sie ihren eigenen Worten traute. Dieselbe Skepsis galt in diesem Moment für Cowart und sie selbst.
    »Ist im Grunde egal«, meinte Cowart unvermittelt.
    »Inwiefern?«
    »Weil wir das alle zusammen bis zum bitteren Ende durchziehen werden.«
    Die Kellnerin kam, räumte ihre Teller ab und fragte sie, ob sie noch ein Dessert haben wollten oder einen Kaffee, was beide dankend verneinten. Die mürrische Bedienung schien mit dieser Antwort gerechnet zu haben, denn sie hatte bereits die Rechnung parat und legte sie kommentarlos vor ihnen auf den Tisch. Shaeffer bestand darauf, ihre Hälfte zu bezahlen. Ihr Gespräch war beendet, und wortlos begaben sie sich zu ihren Zimmern. Sie sagten sich nicht einmal gute Nacht.

    Andrea Shaeffer schloss die Tür ab und ging augenblicklich zu der kleinen Kommode, in der sie ihre Sachen verstaut hatte. In ihrem Kopf blitzten Bilder und Gesprächsfetzen der letzten Tage auf, die ihre Beklommenheit nur noch verstärkten. Doch sie riss sich zusammen und trat langsam und bedächtig in Aktion. Zunächst stellte sie ihre Handtasche ab und holte ihre halbautomatische Neunmillimeter-Pistole heraus. Dann entfernte sie das Magazin, um zu überprüfen, ob es vollständig gefüllt war. Außerdem zog sie den Schlitten zurück, um durchzuladen, und vergewisserte sich, dass alle beweglichen Teile einwandfrei funktionierten. Zuletzt entlud sie die Waffe wieder und legte sie ab. In der Handtasche fand sie ein Ersatzmagazin, das sie ebenfalls inspizierte und neben die Pistole legte.
    Eine Weile stand sie da und starrte auf die Waffe.
    Sie dachte an die vielen Trainingsstunden, die sie damit absolviert hatte; ihre Dienststelle unterhielt an einem entlegenen Ort bei Marathon einen Übungsplatz. Das Training war denkbar einfach: Auf dem Weg durch mehrere leerstehende Häuser musste sie auf eine Reihe elektronisch betätigter Ziele schießen. Sie war gut, machte meistens über neunzig Punkte. Das Aufregendste an diesen Übungsstunden war die Herausforderung, ein plötzlich auftauchendes Ziel zu erfassen, blitzschnell zu entscheiden, ob es Freund oder Feind war, und entsprechend das Feuer zu eröffnen oder nicht. Das Training nahm sie so gefangen, dass sie darüber alles vergaß außer der sengenden Sonne, dem Gewicht der Schusswaffe in der Hand und den lebensgroßen Pappfiguren. Es war eine Killerzone mit dem einzigen Ziel, den Parcours zu meistern. Sie starrte auf den Lauf. Ich hab noch nie auf etwas anderes als auf Pappfiguren geschossen.
    Plötzlich musste sie wieder an die kalten, nebligen Straßen in Newark denken. Es war alles ganz anders gekommen als erwartet. In dem Moment hatte sie nicht einmal begriffen, dass sie in einer Kampfsituation war. Die Leute auf den Bürgersteigen, die bedrohlichen Blicke und Gesten, die hoffnungslose Verfolgung durch die Straßen. Zum ersten Mal war es echt gewesen. Sie biss die Zähne zusammen und schwor sich, kein zweites Mal zu versagen.
    Schließlich legte sie die Pistole neben sich aufs Bett und griff zum Telefon. Beim dritten Klingelton erreichte sie Michael Weiss.
    »Andy, he!«, sagte er erleichtert. »Gott, bin ich froh, von dir zu hören. Was ist passiert? Was macht dieser Kerl, hinter dem ihr her seid?«
    Die Frage brachte sie beinahe zum Lachen.
    »Ich hatte recht«, sagte sie. »Der

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