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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Liedes, das sie sangen, nicht verstehen, auch wenn ihm einzelne Fetzen der Melodie vage bekannt vorkamen.
    Tanny Brown riss das Lenkrad des Leihwagens herum und gab zugleich Vollgas. In einem entschlossenen Überholmanöver hängten sie den Bus ab. Als Cowart sich umdrehte, sah er, wie sich Dutzende Schulkinder im Rhythmus des Gesangs und des schaukelnden Busses wiegten und in die Hände klatschten.
    Sie fuhren weiter durch die zunehmende Dunkelheit. Im letzten Dämmerlicht verschwammen nicht nur die geraden Linien der Häuser und Scheunen, auch die gewundene Straße war immer schlechter zu erkennen, als rasten sie einen unbefestigten Weg entlang.
    »Jesus muss in diesem County Überstunden schieben«, sagte Brown, »um all die Seelen zu sich zu holen.«
    Bis dahin hatte er beharrlich geschwiegen. Sosehr er sich auch bemühte, er konnte eine Erinnerung, die ihm plötzlich hochgekommen war, nicht wieder abschütteln. Ein Moment im Krieg, der alltägliche Alptraum: Er war seit sieben Monaten im Land, und sein Zug marschierte schon geraume Zeit über ein weites, offenes Gelände; der Abend dämmerte bereits, sie befanden sich in der Nähe des Lagers, sie waren schweißgetränkt, verdreckt, erschöpft und dachten wahrscheinlich mehr ans bevorstehende Essen und ihren notdürftigen Schlafplatz, statt mit wachen Sinnen auf ihre Umgebung zu achten, so dass sie leichte Beute waren. Und so konnte es im Nachhinein eigentlich nicht verwundern, dass der Schuss eines Heckenschützen durch den Abend gellte und einer der Männer, der an der Spitze marschierte, so plötzlich niedersackte, dass es Brown vorkam, als habe ein zorniger Gott den Finger ausgestreckt und den ahnungslosen Mann einfach umgestoßen.
    Mit schriller angst- und schmerzerfüllter Stimme hatte der Mann aufgeschrien: Hilfe, bitte helft mir!
    Tanny Brown hatte sich nicht gerührt. Er hatte gewusst, dass der Heckenschütze in seinem Hinterhalt lauerte und nur darauf wartete, dass jemand dem Verwundeten zu Hilfe eilte.
    Er hatte gewusst, was passieren würde, wenn er hinginge. Und so hatte er sich bewegungslos gegen die Erde gedrückt und nur gedacht: Auch ich will überleben. Hatte sich nicht gerührt, bis der Zugführer per Funk dafür sorgte, dass vom Lager aus auf den Waldrand geschossen wurde, in dem sich der Schütze versteckte. Erst als ein Dutzend hochexplosive Granaten eingeschlagen waren und aus den Bäumen Kleinholz gemacht hatten, war er aufgestanden und dem Verwundeten zu Hilfe geeilt.
    Es war ein weißer Junge aus Kalifornien gewesen, der erst seit einer Woche zu ihrem Zug gehörte. Brown hatte sich über ihn gebeugt und auf die hoffnungslos zerfetzte Brust des Mannes gestarrt, während er versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern.
    Er war sein letzter Verwundeter gewesen, und er war gestorben.
    Eine Woche später hatte man Brown turnusgemäß nach Hause geschickt. Er hatte das Schlachtfeld gegen die Florida State University getauscht, hatte dort sein Studium in Strafrecht und -vollzug absolviert und schließlich eine Stelle bei der Polizei ergattert. Auch wenn er nicht der erste Schwarze bei der Staatspolizei von Escambia war, so herrschte stillschweigende Übereinkunft darüber, dass er es als Erster zu etwas bringen würde. Er hatte einiges vorzuweisen: dort aufgewachsen. Football-Star. Kriegsheld. Universitätsabschluss. Steter Tropfen höhlt den Stein alter Vorurteile, doch eine Sturzflut beschleunigte die Erosion.
    Ihn überkam ein Anflug von Schuldgefühlen. Ihm wurde bewusst, dass er oft im Geist die Schreie der Verwundeten hörte, doch immer nur die Schreie derer, die er hatte retten können. Diese Erinnerungen fielen nicht schwer. Sie bewiesen einem, dachte er, dass man inmitten von Unrecht etwas richtig gemacht hatte. An diesem Abend, auf dieser Fahrt dachte er zum ersten Mal an den Schrei des letzten Mannes.
    Ob Bruce Wilcox um Hilfe gerufen hat?, fragte er sich. Auch ihn habe ich im Stich gelassen.
    Ihm wurde bewusst, dass er es Wilcox’ Familie sagen musste. Zum Glück hatte er keine Frau, auch keine feste Freundin. Brown erinnerte sich an eine Schwester, die mit einem Marineoffizier in San Diego verheiratet war. Wilcox’ Mutter war tot, und sein Vater lebte allein in einem Seniorenheim. In Escambia gab es Dutzende Altenheime, es war eine Wachstumsindustrie. Tanny Brown rief sich die wenigen Begegnungen mit dem Vater ins Gedächtnis: ein strenger, mürrischer alter Mann, der auch so schon jeden und alles hasste. Diese Nachricht wird es

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