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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hinterherfahren soll, aber danach ist er nicht noch mal wiedergekommen. Das war alles, davon abgesehen nichts Besonderes.«
    »Haben Sie den Fahrer gesehen?«
    »Nein, Sir. Das erste Mal hab ich ihn gar nicht richtig bemerkt. Er ist mir nur aufgefallen, weil er ein zweites Mal vorbeikam. Erst da hab ich auf ihn geachtet. Wahrscheinlich nichts dahinter. Jemand auf Verwandtenbesuch, der sich verfahren hat oder so.«
    Tanny Brown sah den jungen Polizisten an und nickte. Er hatte keine Angst, eher beschlich ihn die nüchterne Erkenntnis, dass vielleicht vor kurzem der Tod langsam an seinem Haus vorbeigefahren war.
    »Ja, höchstwahrscheinlich. Aber Sie halten weiter die Augen offen, klar?«
    »Ja, Sir. In einer halben Stunde oder so werden wir abgelöst. Auf jeden Fall unterrichte ich die Kollegen über den Ford.«
    Tanny Brown hob wie zum Salut die Hand an die Stirn und stieg wieder ein. Er spähte zu seinem Haus hinüber. Es brannte kein Licht. Mitten in der Woche. Morgen ist Schule. Ihm fiel eine ganze Liste mit häuslichen Pflichten ein. Die Jagd auf Robert Earl Ferguson hatte sein Leben zu stark überschattet. Es machte ihm keine Schuldgefühle; die Obsession und die daraus folgende Vernachlässigung des normalen Lebens ließ sich bei der Polizeiarbeit zeitweilig nicht vermeiden. Wie eine Woge durchströmte ihn ein Gefühl der Geborgenheit. Danke, Dad. Sorge dafür, dass sie beizeiten ihre Hausaufgaben machen, schalte den Fernseher aus, auch wenn sie wild protestieren, und sieh zu, dass sie rechtzeitig ins Bett gehen.
    Für einen Moment wäre er am liebsten hineingegangen, um die schlafenden Gesichter seiner Töchter zu sehen, kurz bei seinem Vater hereinzuschauen, der wahrscheinlich nach einem Glas Whiskey selig im Sessel eingedöst war und schnarchte. Wenn er die Kinder endlich ins Bett gebracht hatte, gönnte er sich oft noch einen Tropfen; es dämpfte die Schmerzen der Arthritis. Ab und zu leistete ihm Tanny Brown mit einem Glas Gesellschaft. Bei dem behaglichen Gedanken an Heim und Familie huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Für einen kurzen Moment stellte er sich vor, seine Frau säße jetzt neben ihm im Wagen und er könnte sich mit ihr unterhalten.
    Was würde ich zu ihr sagen?, überlegte er.
    Dass ich mich unterm Strich ganz gut geschlagen habe, aber noch etwas in Ordnung bringen muss. Scherben kitten, so gut ich kann.
    Wieder für Sicherheit sorgen.
    Er nickte und fuhr los. Er roch Ferguson wie einen üblen Geruch, der über Pachoula hing. Er fühlte sich besser, wenn er einfach durch die Straßen fuhr – wie ein Nachtwächter des zwanzigsten Jahrhunderts. An Schlaf war ohnehin nicht zu denken, und so wartete er, bis sich das Dunkel lichtete und getan werden konnte, was getan werden musste.

27
    Zwei leere Kammern
    Z uerst scheute sich die Morgendämmerung, die Schatten zu verdrängen. Den Umrissen und Formen war in dieser trügerischen Stille nicht zu trauen. Als Tanny Brown Cowart und Shaeffer vom Motel abholte, war es nach wie vor dunkel. Sie fuhren durch menschenleere Straßen, deren kalte Neonreklamen und schwache Beleuchtung die Einsamkeit nur noch unterstrichen, die der Tagesanbruch mit sich bringt. Selten kamen sie an anderen Autos vorbei, darunter dem einen oder anderen Pick-up. Auf den Bürgersteigen sah Cowart keine Menschenseele. In einem Bistro erspähte er ein paar Gestalten an einer Theke, ansonsten waren sie allein.
    Brown hielt das Gaspedal durchgedrückt, ignorierte Stoppschilder, fuhr zwei Mal bei Rot über die Ampel, und so ließen sie die Stadt in wenigen Minuten hinter sich. Kaum waren sie auf dem Land, schien die Erde mit ihrem undurchdringlichen Gewirr aus tief herabhängenden Weidenzweigen, verschlungenem Brombeergestrüpp und kleinen Pinienwäldchen nach ihnen zu greifen. Licht und Dunkel, gedämpftes Grün, Braun und Grau wechselten in fließendem Übergang, so dass sie sich vorkamen, als tauchten sie in ein aufgewühltes Meer.
    Der Lieutenant bog von der Hauptstraße ab, und augenblicklich rumpelten sie auf dem verkrusteten Feldweg unter dem Blätterdach zur Hütte der alten Mrs. Ferguson. Mit einem mulmigen Gefühl erkannte Cowart die Strecke wieder, es war beruhigend und erschreckend zugleich.
    Er versuchte, sich vorzustellen, was passieren würde, doch stattdessen empfand er nur eine verstörende Erregung. Er sah den Brief wieder vor Augen, den er vor so vielen Monaten bekommen hatte: … ein Verbrechen, DAS ICH NICHT BEGANGEN HABE. Er packte die Armlehne und starrte

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