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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ja, wo Sie mich finden. Und was wollten Sie mich noch fragen?«
    Er lächelte. »Ich wüsste gerne, was Ihnen vor ein paar Minuten durch den Kopf gegangen ist, als wir über die Fotos vom Wagen sprachen und Sie sich mitten im Satz unterbrachen.«
    Sie schwieg und dachte nach. »Nichts«, antwortete sie.
    Er sah sie an.
    »Doch, ja, da war etwas.«
    »Nämlich?«
    »Als mir die Polizisten die Bilder zeigten, erklärten sie mir, sie hätten den Mörder. Er hätte ein Geständnis abgelegt, der Fall sei also klar. Die Bitte, dass ich das Fahrzeug identifiziere, sei nur noch reine Routine. Wie wichtig es in Wirklichkeit war, habe ich erst Monate später erfahren, kurz vor dem Prozess. Das hat mich immer irgendwie irritiert. Sie zeigten mir diese Fotos, sagten: ›Also, das hier ist doch das Auto des Mörders, nicht wahr?‹ Und ich hab sie angesehen und gesagt: ›Klar.‹ Ich weiß auch nicht, aber irgendwie hat es mir immer zu denken gegeben, wie sie mir die Frage stellten.«
    Auch Cowart gab das zu denken, doch er sagte nichts.

    Eine Reportage ist eine Zusammenstellung von Momenten, Zitaten, winzigen Beobachtungen und Eindrücken des Journalisten. Das Ganze stützt sich auf Erfahrungen und Fakten. Cowart wusste, dass er seinen Artikel mit mehr Substanz unterfüttern musste, und so verbrachte er den Nachmittag im Archiv der Pensacola News.
    Seine Recherchen halfen ihm dabei, zu verstehen, in welche Aufruhr es die Stadt versetzt hatte, als die Mutter des kleinen Mädchens bei der Polizei anrief, um zu melden, dass es nicht von der Schule nach Hause gekommen war. Ganz Pachoula war daraufhin in tiefer Sorge. In Miami hätten die Beamten der Mutter erklärt, sie könnten erst vierundzwanzig Stunden nach dem Verschwinden etwas unternehmen, weil die Kleine mit hoher Wahrscheinlichkeit von zu Hause weggelaufen wäre – auf der Flucht vor Prügel, vor den sexuellen Übergriffen eines Stiefvaters oder aber um mit ihrem Freund, der in einem neuen schwarzen Pontiac Firebird in der Nähe der Highschool herumlungerte, durchzubrennen.
    Ganz anders in Pachoula. Dort wurden unverzüglich Streifenwagen losgeschickt, um nach der Vermissten zu suchen. Man hatte keine Nebenstraße ausgelassen und durch Megaphone Joanies Namen gerufen. Auch die Feuerwehr hatte geholfen und Sirenen durch den stillen Maiabend heulen lassen. In den Wohnvierteln stand kein Telefon still, und die Nachricht sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Im Nu hatten sich kleine Gruppen aus teilnehmenden Eltern gebildet, die sämtliche Gärten nach Joanie Shriver absuchten. Die Pfadfinder wurden mobilisiert. Die Leute kehrten früher von der Arbeit heim, um sich an der Suche zu beteiligen. Bis sich die lange Frühlingsnacht über Pachoula herabsenkte, muss es geschienen haben, als sei die ganze Stadt auf den Beinen, um das Mädchen zu finden.
    Dabei war sie zu diesem Zeitpunkt schon tot, dachte Cowart. Im Grunde war sie in dem Moment tot, als sie in dieses Auto stieg.
    Selbst nach Einbrechen der Dunkelheit gaben sie nicht auf, sondern setzten mit Unterstützung der Polizeikaserne bei Pensacola Scheinwerfer und einen Hubschrauber ein. Bis nach Mitternacht hatte dieser über den Köpfen gelärmt, war mit brummenden Rotoren in die Tiefe getaucht, um jeden dunklen Winkel auszuleuchten. Im ersten Morgengrauen hatte man Spürhunde herbeigebracht und den Suchradius ausgeweitet. Bis zum Mittag hatte sich die Stadt in ein Militärlager verwandelt und auf eine lange Suche vorbereitet, von den inzwischen eingetroffenen Fernsehteams und Zeitungsreportern in Bild und Wort gebannt.
    Die Leiche des kleinen Mädchens wurde am Spätnachmittag von zwei Feuerwehrleuten gefunden, die systematisch den schlammigen Uferbereich des Sumpfs abschritten, ausgerüstet mit hüfthohen Watstiefeln, nach den Mücken schlagend und den Namen des Mädchens rufend. Einer der Männer hatte im allerletzten Abendlicht am Wasserrand eine blonde Haarsträhne aufblitzen sehen.
    Die Nachricht von der Entdeckung der geschundenen Leiche musste die Stadt ins Mark getroffen haben. Zweierlei wurde Cowart klar: Wer auch immer zum Tod von Joanie Shriver auf dem Revier verhört wurde, geriet in einen Tornado. Und der Druck auf die beiden Ermittler der Polizei, den Mörder zu schnappen, war zweifellos immens.

    Hamilton Burns, ein kleiner grauhaariger Mann mit rotem Gesicht, verriet mit seiner gedehnten, melodischen Sprechweise, dass er im Süden aufgewachsen war. Als er Cowart zu vorgerückter Stunde mit einer stummen

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