Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Geste aufforderte, in einem roten Lederpolstersessel Platz zu nehmen, sagte er, es sei Zeit für einen gepflegten Drink. Sprach’s und zauberte aus einer unteren Schreibtischschublade eine Flasche Bourbon hervor, um sich ein Gläschen zu gönnen. Als er ihm die Flasche hinhielt, schüttelte Cowart den Kopf. »Brauch ein bisschen Eis«, sagte Burns und ging in eine Ecke seines kleinen Büros, in der, unter Stapeln von juristischen Dokumenten, ein halbhoher Kühlschrank stand. Cowart bemerkte, dass Burns hinkte. Er sah sich in dem holzverkleideten Büro um. An einer Wand stand ein Regal mit juristischer Fachliteratur. Neben einer Reihe gerahmter Diplome hing eine Ehrenurkunde vom Ortsverband der Kolumbus-Ritter an der Wand. Auf ein paar Fotos grinste Hamilton Burns Arm in Arm mit dem Gouverneur und anderen Politikern in die Kamera.
Der Anwalt nahm einen ausgiebigen Schluck aus seinem Glas, lehnte sich zurück, drehte sich auf seinem Sessel hinter dem Schreibtisch und fragte Cowart: »Ich soll Ihnen also was über Robert Earl Ferguson erzählen. Weiß nicht, was Sie sich von mir erhoffen. Offenbar stehen seine Chancen auf ein neues Verfahren nicht schlecht, besonders wenn dieser Black ihn vertritt.«
»Wieso vermuten Sie das?«
»Wegen dieses verfluchten Geständnisses, weshalb sonst? Den Quatsch hätte der Richter schon damals vom Tisch fegen müssen.«
»Dazu kommen wir noch. Vielleicht fangen wir damit an, wie Sie überhaupt in dieses Verfahren kamen.«
»Ach so, ich wurde vom Gericht bestellt. Der Richter ruft mich an, fragt, ob ich die Sache übernehmen will. Die Kollegen, die das normalerweise machen, seien wieder einmal überlastet. Schätze, der Fall war ihnen ein bisschen zu heiß. Die Leute wollten den Kopf dieses Jungen rollen sehen. Die hatten keine Lust, auf der falschen Seite zu stehen, da können Sie einen drauf lassen.«
»Und Sie haben ihn übernommen?«
»Wenn der Richter anfragt, dann gibt man ihm keinen Korb. Schließlich bekomme ich die meisten Fälle vom Gericht, da darf man nicht allzu wählerisch sein.«
»Sie haben dem Gericht hinterher zwanzigtausend Dollar in Rechnung gestellt.«
»Es kostet eine Menge Zeit, einen Mörder zu verteidigen.«
»Zu einem Stundensatz von hundert Dollar?«
»Mal halblang, das war ein Verlustgeschäft. Es hat Wochen gedauert, bis in dieser Stadt überhaupt wieder jemand mit mir geredet hat. Die Leute haben mich wie einen Aussätzigen behandelt. Einen Judas. Nur weil ich diesen Jungen vertreten habe. War auf einmal nichts mehr mit ›Guten Morgen, Mr. Burns‹, ›Schönen Tag noch, Mr. Burns‹, wenn man sich auf der Straße begegnete. Die haben sogar die Straßenseite gewechselt, um mir aus dem Weg zu gehen. Das hier ist eine kleine Stadt. Raten Sie mal, wie viele Klienten ich verloren habe, weil ich Bobby Earl vertreten habe. Rechnen Sie das mal überschlägig durch, bevor Sie mich dafür kritisieren, wie ich meine Arbeit getan habe.«
Dem Anwalt war das Unbehagen anzusehen. Als wäre er und nicht Ferguson verurteilt worden, dachte Cowart.
»Hatten Sie vorher schon Erfahrung mit einem Mordprozess?«
»Nicht nur mit einem.«
»Auch mit möglichem Todesurteil?«
»Nein. Meist häusliche Streitigkeiten, Sie wissen schon, ein Ehepaar fängt an zu streiten, und einer von beiden beschließt, seinen Standpunkt mit einer Schusswaffe zu unterstreichen …« Er lachte. »Da geht’s natürlich um Totschlag, jedenfalls nicht um Mord mit bedingtem Vorsatz. Dann auch eine Menge Verkehrsunfälle mit Todesfolge und dergleichen. Der Sohn eines Stadtrats lässt sich volllaufen und fährt einen anderen Wagen zu Schrott. Aber, na ja, letztlich ist es dasselbe, ob ich nun jemanden wegen verkehrswidriger Straßenüberquerung oder Mord verteidige. Man tut seine Pflicht.«
»Verstehe«, sagte Cowart, während er sich rasch Notizen machte und für den Moment dem Blick des Anwalts auswich. »Erzählen Sie, wie die Verteidigung gelaufen ist.«
»So viel gibt es da eigentlich nicht zu erzählen. Ich habe einen Wechsel des Gerichtsstands beantragt. Abgewiesen. Dann habe ich beantragt, das Geständnis nicht zuzulassen. Abgewiesen. Also bin ich zu Bobby Earl und hab zu ihm gesagt: ›Junge, wir müssen auf schuldig plädieren. Vorsätzlicher Mord. Kassieren Sie die fünfundzwanzig Jahre, ohne Bewährung. Retten Sie Ihre Haut.‹ Auf die Weise hätte er immer noch ein paar Jahre Leben gehabt, wenn er rauskommt. ›Vergessen Sie’s‹, sagt der Bursche. Unbelehrbar. Hatte
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