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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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dir nicht die ganze Zeit Sorgen zu machen.«
    »Und was wäre daran verkehrt?«
    »Nichts.«
    »Weißt du, was ich nie verstehen werde? Wieso alle, die bei der Presse arbeiten, grundsätzlich davon ausgehen, dass die schlimmen Dinge nur anderen passieren.«
    »So denken wir gar nicht.«
    »Kommt einem aber schon manchmal so vor.«
    Ihm war nicht danach, sich mit ihr zu streiten. »Na ja, mag sein.«
    Sie zwang sich zu einem Lachen. »Tut mir leid, wenn ich dir die Laune verdorben habe. Im Ernst, ich wollte mich nur melden und dir gratulieren und dir sagen, dass ich wirklich stolz auf dich bin.«
    »Stolz, aber geschieden.«
    Einen Moment trat Schweigen ein. »Ja. Einvernehmlich, dachte ich.«
    »Tut mir leid. War nicht so gemeint.«
    »Schon gut.«
    Wieder herrschte Stille.
    »Wann können wir Beckys nächsten Besuch besprechen?«
    »Kann ich im Moment noch nicht sagen. Diese Geschichte hält mich in Trab, bis es zu irgendeiner Entscheidung kommt. Im Moment kann ich noch nicht absehen, wann.«
    »Ich melde mich wieder.«
    »Ist gut.«
    »Und noch mal: herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke.«
    In dem Moment, in dem er auflegte, wurde ihm bewusst, dass er sich manchmal wie ein Narr benahm und einfach nicht über die Lippen brachte, was er eigentlich sagen wollte. Frustriert schlug er mit der Faust auf seinen Schreibtisch. Dann stand er auf, trat ans Fenster seiner Arbeitsnische und blickte über die Stadt. Abendliche Rushhour. Das Verkehrsnetz erinnerte an pulsierende Arterien in einem Blutkreislauf: Auf sämtlichen Straßen strebte eine Blechlawine Richtung Highway. Jeder wollte so schnell wie möglich nach Hause. Die Einsamkeit war erdrückend. Die City brütete unter einem heißen, blauen Himmel, die hellen Gebäude reflektierten das gleißende Licht. Er beobachtete, wie sich an einer Kreuzung mehrere Fahrzeuge gegenseitig blockierten und so aggressiv manövrierten, dass sie an gefährliche Insekten erinnerten. Hier ist es tatsächlich gefährlich, dachte er.
    Es ist nicht sicher.
    Erst vor zwei Tagen hatten sich nach einem Unfall mit Blechschaden die beiden Fahrer, jeder mit fast der gleichen teuren, halbautomatischen Selbstladepistole bewaffnet, mitten im Berufsverkehr einen Schusswechsel geliefert. Während keiner der Männer zu Schaden gekommen war, hatte ein vorbeifahrender Teenager einen Querschläger in die Lunge abbekommen und lag in einem kritischen Zustand im Krankenhaus – in Miami eine alltägliche Geschichte, eine Begleiterscheinung der Hitze, der Spannungen zwischen den Kulturen und einer Bevölkerung, die Handfeuerwaffen als einen unverzichtbaren Bestandteil ihrer Zivilisation betrachtete.
    Nur zu gut konnte er sich daran erinnern, wie er über eine fast identische Geschichte sechs Jahre zuvor geschrieben hatte. Auf Anhieb fiel ihm noch ein Dutzend solcher Meldungen ein, nur dass sie mit zunehmender Häufigkeit längst von der Titelseite verschwunden waren und allenfalls sechs Absätze füllten.
    Er dachte an seine Tochter und stellte sich dieselbe Frage wie seine Ex-Frau: Wieso soll sie davon erfahren? Wieso soll sie überhaupt etwas von den Abgründen des Bösen und den entsetzlichen Begierden mancher Männer erfahren?
    Er wusste keine Antwort.

    Aus dem Eingang zum Gerichtssaal schlängelten sich dicke schwarze Fernsehkabel. Im Flur installierten mehrere Techniker Videorekorder, die alle von der einzigen im Saal erlaubten Kamera gespeist wurden. Im emsigen Getriebe der Berichterstatter pflegten die Printreporter bewusst ein etwas saloppes, uneitles Erscheinungsbild, um sich von den modischer gestylten, properen Kollegen der Fernsehkanäle abzuheben.
    »Großaufgebot«, sagte der Fotograf, der neben ihm lief und dabei am Objektiv seiner Leica herumnestelte. »Die Nummer lässt sich keiner entgehen.«
    Seit dem Erscheinen der Artikel waren zehn Wochen vergangen. Dank einer Flut von Eingaben sowie anderer Hinhaltemanöver war die Anhörung zweimal verschoben worden. Außerhalb der Mauern des Bezirksgerichts Escambia brannte die unbarmherzige Sonne. Im Gemäuer des modernen Baus war es kühl. Von den hohen Decken hallten die Stimmen wider, so dass die meisten unwillkürlich im Flüsterton sprachen. Neben der breiten braunen Flügeltür zum Gerichtssaal stand auf einem kleinen Schild in Goldbuchstaben: ERSTINSTANZLICHER RICHTER HARLEY TRENCH.
    »Ist das der Kerl, der ihn als wildes Tier bezeichnet hat?«, fragte der Fotograf.
    »Eben der.«
    »Schätze, der ist von diesem Spektakel wenig angetan.«
    Der

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