Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
die Menschheit je gesehen hat. Unvergessliche Ereignisse, unglaubliche Zeiten.«
    Die Stimme schien alles aufzusaugen, und in der Leere blieb nichts als Angst. Leroy Jefferson sah, wie sich die Silhouette des Mannes vor dem diffusen Licht bewegte, das eine ferne Straßenlaterne durchs Wohnzimmerfenster warf.
    »Wer bin ich, Mr.Jefferson?«
    Er schüttelte in der Dunkelheit den Kopf. »Bitte, fragen Sie mich nur das nicht! Mann, ich weiß nicht, wer Sie sind!«
    Wieder schickte die Stimme ein trockenes, heiseres Lachen in die verbrauchte Luft. Es schien aus mehreren Richtungen gleichzeitig zu kommen, und Leroy Jefferson drehte den Kopf in alle Richtungen, um herauszufinden, an welcher der pechschwarzen Stellen im Raum der Eindringling gerade stand.
    Wieder wollte er aufschreien, doch wieder wusste er, dass es ihm nichts nützen würde. Er zitterte heftig und wartete auf die nächste Frage der Stimme. Er war verwirrt, hatte Angst. Er verstand kaum, was der Mann ihn fragte. Er verwendete eine Sprache, die seinen Erfahrungshorizont überstieg. Dasselbe galt für die Schmerzen in seinem Bein, die pochten und an ihm nagten, mit seinem Herzschlag Schritt hielten und mit der Angst, die ihn überschwemmte.
    »Na schön«, meinte der Mann. Er nahm seine Wanderungen wieder auf und hielt von Zeit zu Zeit hinter dem Rollstuhl an. Leroy Jefferson fuhr nervös herum. »Reden wir über Ihren Deal mit dem Bundesstaat Florida. Worum geht es bei diesem Deal, Mr.Jefferson?«
    »Ich muss ihnen sagen, was ich über ein paar Straftaten weiß.«
    »Gut, das ist hilfreich. Was für Straftaten, Mr.Jefferson?«
    »Einbrüche. Raubüberfälle. Ein paar davon in Miami Beach.«
    »Gut. Ich bin ganz Ohr.«
    »Mann, das ist alles. Ganzer Haufen kleiner Scheißverbrechen, paar Raubüberfälle, wie gesagt. Soll dabei auch ’n paar Kokaindealer verpfeifen, das verlangen sie von mir.«
    Die Stimme war wieder hinter ihm. »Nein, das leuchtet nicht ein, Mr. Jefferson.«
    »Ich sag die Wahrheit …«
    Der Mann lachte. »Sie beleidigen mich, Mr. Jefferson. Sie beleidigen die Wahrheit.«
    Plötzlich spürte er den Druck des Messers an seiner Wange und er wollte schreien. Der Mann musste das vorausgesehen haben, denn er wisperte Jefferson ins Ohr: »Nicht schreien. Nicht rufen. Tun Sie nichts, was mich dazu bringen könnte, dem Ganzen ein Ende zu setzen.«
    Er biss die Zähne zusammen, würgte die Panik hinunter und nickte.
    Nach kurzem Schweigen fragte der Mann: »Wie stark sind Sie, Mr.Jefferson? Denken Sie dran, nicht laut zu rufen. Nicht vergessen, verstanden?«
    Jefferson nickte.
    »Gut«, erwiderte der Mann. Dann zog er die Messerspitze langsam über Leroy Jeffersons Wange und schnitt eine tiefe Furche in die Haut.
    Jefferson presste die Lippen zusammen, um nicht zu schreien. Warm rann ihm das Blut in den Mundwinkel.
    »Lügen Sie mich nicht an, Mr. Jefferson. Es ist mir wirklich absolut zuwider, wenn man mich anlügt.«
    Kein einziges Mal erhob der Mann die Stimme, sein Ton blieb die ganze Zeit leise und monoton.
    Jefferson hatte das Gefühl, er sollte etwas sagen, doch er konnte an nichts anderes denken als die Messerklinge, die jetzt seine andere Wange streifte.
    »Man sollte seine Wut stets konstruktiv einsetzen, Mr.Jefferson.«
    Die Messerspitze grub sich wieder in seine Haut und spaltete mit einem langen Schnitt sein Fleisch. Die Schmerzen verdoppelten sich, und einen Moment lang glaubte Leroy, das Bewusstsein zu verlieren.
    Der Mann seufzte und trat neben den Rollstuhl. Für einen kurzen Augenblick fiel ein schwacher Lichtstrahl auf sein Profil. Sein weißes Haar schimmerte beinahe wie elektrisiert.
    »Es ist ein großer Unterschied, ob man alt oder erfahren ist, Mr.Jefferson.« Der Mann beugte sich über ihn. »Jetzt denken Sie bitte darüber nach, was passiert ist. Ich habe ziemlich viel Geduld mit Ihnen gehabt. Ich verlange nichts von Ihnen, was Sie mir nicht geben können. Ich will nichts weiter von Ihnen als ein paar Auskünfte.«
    »Ich will ja, bitte, ich geb mir Mühe …«
    »Ich habe den Eindruck, Sie bemühen sich nicht genug, Mr.Jefferson.«
    »Ich tu alles, das verspreche ich Ihnen.«
    »Wer weiß etwas vom Schattenmann, Mr.Jefferson?«
    »Mann, bitte, den Namen habe ich noch nie gehört.«
    »Wer sucht nach ihm? Die Polizei, Mr.Jefferson? Oder diese attraktive Staatsanwältin? Von den alten Leuten weiß ich es. Aber wer sonst noch? Wie hängen Sie da mit drin? Haben Sie mich in dieser Nacht gesehen? Ich will es wissen, und zwar

Weitere Kostenlose Bücher