Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
Atem.
    Er bemerkte die Leiche erst, als er darüber stolperte.
    Wie beim Football ein Block auf der blinden Seite warf ihn der Aufprall nach vorn, so dass er das Gleichgewicht verlor und im Fallen mit den Händen voran auf die Betonstufen stürzte. Vor Schreck schrie er auf und versuchte, sich rechtzeitig zu fangen. Er riss sich zusammen und tastete nach dem Toten, obwohl ihn ein Gefühl ergriff, das nicht mehr mit Angst zu beschreiben war: dass nämlich seine Finger entweder die faltige Haut des Rabbi oder von Frieda Kroner berühren würden oder, schlimmer noch, die weiche Haut von Espy Martinez.
    Als er merkte, dass es sich um eine große, kräftige Gestalt handelte, war er zunächst verwirrt. Doch dann ertastete seine Hand die Dienstmarke eines Polizisten. Er zuckte zurück, als er merkte, dass sie voller Blut war.
    Aus Leibeskräften brüllte er: »Espy! Ich komme!« Inständig hoffte er, den Mann abzulenken, der mit Sicherheit irgendwo weiter oben lauerte. Alles, um dessen tödliches Vorhaben zu durchkreuzen.
    Robinson konnte immer noch nichts sehen, und hätte es etwas zu hören gegeben, wäre es womöglich in der Kakophonie der Panik untergegangen, die in seinem Innern tobte. Er packte das Geländer und hastete weiter zum fünften Stock.
    Wieder rief er: »Espy!«
    Endlich sah er einen feinen Lichtstrahl und hörte die Antwort: »Walter!«
    Er schrie zum dritten Mal: »Espy!«
    Dann endlich sah er die drei Gestalten, die ihre Taschenlampe auf ihn richteten.
    »Seid ihr verletzt?«, rief er.
    »Nein, nein«, schrie sie zurück. »Aber er ist hier!«
    Walter Robinson streckte die Hände aus und packte Espy Martinez, die ihm in die Arme fiel und flüsterte: »Mein Gott, Walter, er war da! Er war da und hat versucht, mich umzubringen. Der Rabbi und Mrs.Kroner haben mich gerettet, und er ist weggerannt. Als sie ihn mit einem Kessel geschlagen hat, ist er weggerannt. Aber er muss hier noch irgendwo sein.«
    Robinson löste sich aus ihrer Umarmung und sah die beiden alten Menschen an. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«, wollte er wissen.
    »Wir müssen ihn finden«, antwortete der Rabbi.
    Der Detective zog seine Waffe.
    »Er ist hier irgendwo in der Dunkelheit«, erklärte der Rabbi, »irgendwo im Gebäude.«
    Doch Frieda Kroner schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, er ist geflüchtet, vielleicht über die Treppe am anderen Ende des Gebäudes. Schnell, schnell, wir müssen hinterher!«
    So begannen sie zu viert ihren Abstieg. Walter Robinson hatte eine Hand von Espy Martinez ergriffen und versuchte, das Tempo zu beschleunigen, während der Rabbi und Frieda Kroner mit der Vorsicht des Alters, doch der gebotenen Eile, folgten. Robinson übernahm die Taschenlampe und ging voraus. Nur auf dem zweiten Stock blieb er für einen Moment stehen, um die Leiche des Polizisten anzuleuchten. Als der Lichtstrahl auf den roten Blutfleck an der Kehle des Mannes fiel, schnappte die alte Frau hörbar nach Luft. Doch sie sagte nur: »Schneller, schneller, wir dürfen ihn nicht entwischen lassen!«
     
    Simon Winter blieb auf seinem Beobachtungsposten im Dunkeln und behielt die Szene vor dem Wohnblock im Auge. Wenn man in seichtem Wasser fischt, kommt der Moment, in dem man zarte Wellenkräusel entdeckt, weil eine unsichtbare Gestalt unter der Oberfläche sich in die entgegengesetzte Richtung zum Wind, zu den Strömungen und Gezeiten bewegt. In diesem Moment bemerkt man die Nähe der Beute. Genau nach diesem kleinen Richtungswechsel suchte Winter das hektische Getümmel vor dem Wohnhaus des Rabbi ab. Dort drüben, dachte er, ist irgendwo eine Person, die nichts mit dem Feuer und dem Alarm zu tun hat und auch nicht in den frühen Morgenstunden aus dem Bett gezerrt wurde, sondern sich einzig und allein zum Töten eingefunden hat.
    Also hielt er nach dieser kleinen Bewegung Ausschau.
    Als er sie entdeckte, richtete er sich mit einem Ruck auf und spürte, wie ihn eine finstere Erregung durchrieselte.
    Er sah einen gedrungenen Mann in einfacher, dunkler Kleidung. Der Verdächtige kam, ein wenig vorgebeugt, aus dem Gebäude und ließ sich von einem Feuerwehrmann, der Wichtigeres zu tun hatte, zu dem Knäuel der vertriebenen Bewohner am Straßenrand dirigieren.
    Simon Winter lief ein paar Schritte parallel zu dieser Person.
    Er sah, wie der Verdächtige in die Menge eintauchte und sich von vorn nach hinten durcharbeitete. Die anderen starrten alle zu ihren Wohnungen hinauf, suchten nach Rauch und Flammen und warteten, als sie nichts

Weitere Kostenlose Bücher