Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
wonach Sie mich fragen wollten?«
    »Nein, ich – es geht nur um etwas, das Ihre Mutter zu mir gesagt hat, kurz vor ihrem Tod.«
    »Etwas, das sie gesagt hat?«
    »Ja.«
    »Was Ihrer Meinung nach etwas mit ihrem …«
    »Ich bin mir nicht sicher. Es lässt mir keine Ruhe. Vielleicht bin ich einfach nur alt und sehe Gespenster. Wahrscheinlich war es nichts Wichtiges. Sie sollten der Kripo Miami Beach vertrauen. Ich bin sicher, dass man dem Tod Ihrer Mutter dort hohe Priorität einräumt.«
    Murray Millstein zögerte nur einen Augenblick: »Für heute Nachmittag bin ich in der Wohnung meiner Mutter mit einer Spedition verabredet. Um vier. Wie wäre es, wenn wir dann reden würden?«
    Winter nickte, und der jüngere Mann wandte sich zu den beiden Herren um.
     
    Simon Winter wartete schon beim Posaunenengel im Hof des Sunshine Arms, als Murray Millstein in Begleitung eines Mannes in einem schlechtsitzenden, beigefarbenen Anzug eintraf. Der Sohn der Ermordeten sah sich kurz um, dann strebte er der Wohnungstür zu. Dort befand sich immer noch das große Schild, das in roten Druckbuchstaben verkündete: TATORT : ZUTRITT VERBOTEN . Winter sah, wie Murray Millstein, den Schlüssel in der Hand, plötzlich stehen blieb. Der Anwalt wandte sich an den Mann im Anzug und sagte: »Ich will da nicht rein. Gehen Sie einfach nur zügig durch alle Räume und denken Sie daran, nichts anzurühren. Danach können wir reden.«
    Der Mann im Anzug nickte, und Murray Millstein schloss die Tür auf. Dann drehte er sich zu Winter um und ließ sich schwer auf die Eingangsstufen sinken.
    »Ich wollte, dass sie in ein Seniorenheim zieht, Sie wissen schon, eins von denen in Fort Lauderdale, die sich auf alleinstehende ältere Menschen spezialisiert haben. Mit einem Gemeinschaftsprogramm. Betreuung rund um die Uhr. Bingo und anderen Freizeitaktivitäten.«
    »Das hat sie mal erwähnt.«
    »Sie wollte nicht. Sie hat sich hier wohl gefühlt.«
    »Wenn man älter wird, kann Veränderung manchmal mehr Angst machen als irgendwelche Bedrohungen, die irgendwo da draußen lauern.«
    »Das stimmt vermutlich. Aber das zählt nur so lange, wie all diese Dinge, die da draußen lauern, nicht bei Nacht in der Wohnung stehen und einen im Schlaf ermorden.« Aus Murray Millsteins Worten klangen bittere Selbstvorwürfe. »Geht es Ihnen auch so, Mr.Winter?«
    »Ja. Nein. Wer weiß. Ich würde auch nicht gerne in eine dieser Anlagen ziehen. Obwohl ich es, wenn ich einmal da wäre, vermutlich gar nicht übel finden würde …«
    »Das ist das Problem, nicht wahr?«
    »Wahrscheinlich.« Winter setzte sich neben Millstein auf die Treppe.
    »Ich kann nicht da rein«, gestand der jüngere Mann. »Ich dachte, ich würde das packen. Und es müsste sein, ich meine, ich müsste gesehen haben, wo es passiert ist. Aber ich will nicht.« Er holte tief Luft. »Ist Blut zu sehen?«
    Simon Winter schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht. Es herrscht nur ein ziemliches Chaos. Das ist an allen Tatorten so. Fingerabdruckpuder auf den Möbeln. Spuren der vielen Menschen, die rein- und rausgetrampelt sind. Ihrer Mutter wäre das ziemlich peinlich gewesen. Sie hielt alles sehr sauber und ordentlich.«
    Murray Millstein lächelte. »Der Gedanke, in einem solchen Durcheinander zu sterben, hätte sie zutiefst beschämt.« Trotz der hochgezogenen Mundwinkel sprach die Trauer aus jedem seiner Worte.
    »Ganz bestimmt.«
    Sophie Millsteins Sohn atmete langsam aus.
    »Es ist unglaublich schwer«, sagte er leise. »Da hat man diese Beziehung, die von all den banalen, aber auch all den schwierigeren Dingen im Leben geprägt ist. Man versucht, seine Mutter zu etwas zu bewegen, was sie nicht will. Sie beklagt sich gegenüber meiner Frau, und dann entwaffnet sie einen, indem sie den Enkelkindern Geschenke schickt. Ich wusste, dass sie alt wurde. Wahrscheinlich wusste ich auch, dass ihr nicht allzu viel Zeit blieb. Dabei gab es noch so vieles zu sagen. Als mein Vater starb, wissen Sie, da habe ich es begriffen. Ich habe gesehen, wie schrecklich es ist, Dinge mitteilen zu wollen und dann keine Chance mehr zu haben. Also war ich fest entschlossen, meiner Mutter noch alles zu sagen, was mir auf der Seele brennt. Aber irgendwie kam immer was dazwischen, ich war so eingespannt, und die Zeit zerrinnt einem zwischen den Fingern, Mr.Winter. Sie galoppiert davon, egal was man tut. Und dann wird sie von einer Sekunde zur anderen gekappt, einfach so, nur weil so ein Tier zehn oder zwanzig Dollar braucht, um

Weitere Kostenlose Bücher