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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Haltestellen in Liberty City und ähnlich vielen Stationen in Miami Beach, um die Putzfrauen und Tellerwäscher, die Gartengehilfen sowie die eine oder andere private Krankenpflegerin in aller Herrgottsfrühe aus der City durch Hitze und Staub zu ihren anspruchsvollen, schlecht bezahlten Jobs zu fahren und sie am Abend schwankend und geräuschvoll über den Damm wieder nach Hause zu karren.
    Auf dem Beifahrersitz hatte er eine Straßenkarte ausgebreitet, und während der Bus sich die Twenty-second Avenue entlangwand, markierte er die Position jedes Pfandleihers und jedes Ladens, der Schecks einlöste. Beide Branchen waren in dieser Gegend deprimierend zahlreich vertreten – mindestens mit einem Geschäft pro Häuserblock.
    Besonders interessierte er sich für die Pfandleiher.
    Wenn er nur wüsste, welcher … Wer von ihnen hatte mitten in der Nacht geöffnet? Zu wem schlich man sich unauffällig und schüttelte die letzten Anzeichen der Panik ab? Mit wem wurde man sich schnell handelseinig und blieb von lästigen Fragen verschont?
    Er konnte nur aufgrund seiner polizeilichen Erfahrung spekulieren. Ein gewiefter Einbrecher, so viel wusste er, griff regelmäßig auf einen erprobten Hehler zurück. Irgendeine zwielichtige Geschäftsperson, der er vertraute. Ein Hehler wäre außerdem in der Lage, auch teurere Schmuckstücke an den Mann zu bringen und einen höheren Preis dafür zu bezahlen.
    Andererseits wäre ein professioneller Hehler nicht so dumm, sich mit einem überdrehten, labilen Crack-Süchtigen einzulassen. Folglich, nahm er an, verfügte seine Zielperson über keine feste Anlaufstelle, zu der er sein Diebesgut bringen konnte, um einigermaßen regelmäßige Einkünfte zu erzielen. Robinson fuhr weiter und führte Selbstgespräche:
    »Nein, mein Freund. Deine Nerven haben geflattert, nicht wahr? Und du hattest nichts Eiligeres im Sinn, als so viel wie möglich von deiner Beute so schnell wie möglich loszuwerden, also war ein Pfandleihhaus genau das Richtige. Eins, von dem du wusstest, dass es zwei Sorten von Büchern führte. Eines, das dir ohne irgendwelche Fragen ein paar Zehner und Zwanziger auszahlte. Nicht genug, um dich reich zu machen, aber genug, um dich high zu machen. Hab ich recht, mein Freund?
    An der Route G-75 lagen sieben solcher Geschäfte.
    Mit einem Grinsen auf den Lippen parkte Walter Robinson den Wagen.
    »Du hattest auch bestimmt keine Lust, allzu weit zu laufen, oder? Du wolltest das Zeug nur möglichst schnell über die Ladentheke schieben, Bares kassieren und möglichst schnell vergessen, welche Grenze du überschritten hattest. Du weißt schon, welche Grenze ich meine. Die zwischen einem einfachen Gauner, einem Dieb und einem Schwerverbrecher. Und damit die Schwelle zum Todestrakt im Raiford Prison, wo du dich dann an den Kopf fasst und fragst, was am Leben eigentlich so toll ist, weil du es bald verlieren wirst.«
    Robinson stieg aus und war im selben Augenblick von einer Hitzewolke eingehüllt, die aus dem Asphalt dampfte. Er schloss sein Fahrzeug ab und summte die Melodie eines Songs.
    Er holte tief Luft und dachte: Nein, mein Freund, du hast keine Ahnung, wie dicht ich dir auf den Fersen bin, aber das bin ich. Ganz dicht an dir dran. Und ich komme dir immer näher, und bald habe ich dich an den Eiern, ohne dass du es vorher merkst. Er blieb einen Moment stehen und musterte ein niedriges Wohngebäude direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Auf einem dreckigen braunen Stück Erde zwischen den asphaltierten Bürgersteigen spielten drei kleine Kinder mit einem grellrosafarbenen Plastikdreirad. Dahinter schlossen sich zweistöckige, rechteckige Wohnblocks an. Der verblassende weiße Anstrich an den Wänden war von Graffiti übersät. Die meisten Türen und Fenster standen offen, so dass die drückende Schwüle ungehindert eindringen konnte; falls es Klimaanlagen gab, waren sie entweder defekt oder schluckten zu teuren Strom. Gelegentlich erhob sich eine laute wütende Stimme und schickte ein paar Kraftausdrücke in die heiße Luft über den Kindern, die unbeeindruckt weiterspielten. Robinson wusste, dass sich im Laufe des Abends in die lauten Stimmen das unvermeidliche Klirren von Schnapsflaschen und gelegentlich auch Schüsse mischen würden.
    Während er unschlüssig dastand, hielten zwei der Kinder beim Spielen inne und sahen zu ihm hinüber. Sie zeigten mit dem Finger auf ihn, und erst jetzt wurde ihm bewusst, wie er in seinem beigefarbenen Anzug, mit Hemd und Krawatte

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