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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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jedoch plötzlich angestrengt nach, bevor sie schließlich flüsterte: »Und wenn man bedenkt … dass
er
einer von uns war.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich brauche eine Pause.«
    »Sophie, das ist wichtig. Was ist mit dem Mann, der Sie verraten hat? Wir müssen mehr über ihn erfahren.«
    »Ich weiß, tut mir leid. Vielleicht morgen. Oder nächste Woche. Aber ich muss erst einmal an angenehmere Dinge denken, Esther. Denn manchmal habe ich das Gefühl, dass mir bei diesen Erinnerungen das Herz stehen bleibt.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen, dann erwiderte die Stimme der jungen Frau. »Selbstverständlich, Sophie. Es hat ja keine Eile. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen.«
    Dann, bevor der Bildschirm schwarz wurde, erschien erneut eine blaue Tafel mit einem Datum und einer Dokumentennummer.
    Esther Weiss schaltete den Fernseher aus und schüttelte den Kopf. »Ich habe mich geirrt«, gab sie zu. »Sie hatte keine Zeit. Verdammt.« Sie seufzte und blickte Simon Winter von der Seite an. »Das ist also alles, was wir haben. Ihr Bruder hat den Greifer bestochen – vielleicht ein früherer Schulkamerad, ein Lehrer, wer weiß? Es war nicht so, als ob die Mehrzahl der guten Deutschen Juden versteckt hat – gegen Geld. Aber es hat nicht funktioniert. Sie wurden trotzdem denunziert. Denunziert und in den Tod geschickt. Hilft Ihnen das?«
    »Vielleicht.« Er dachte angestrengt nach und versuchte das, was er gehört hatte, einzuordnen. Er rief sich ins Gedächtnis zurück, was Sophie Millstein gesagt hatte, als sie am Tag ihres Todes in seine Wohnung geklopft hatte:
Ich habe ihn nur diesen einen Moment gesehen. Könnte ich mich vielleicht irren …
Kann man ein solches Gesicht je vergessen?, fragte er sich plötzlich. Würdest du dieses Gesicht wiedererkennen, egal, wie kurz du es an jenem Tag vor fünfzig Jahren gesehen hast, egal wie sehr es gealtert ist? Könntest du es jemals vergessen?
    Die Antwort fiel nicht schwer: nein.
    Dann drehte er die Gleichung in Gedanken um. Würde der Mann mit diesem Gesicht je vergessen, was er damals getan hat?
    Nein.
    Die junge Frau zögerte. Winter bemerkte ihren nachdenklichen Blick, als sie sagte: »Wissen Sie, was seltsam ist? Darüber wollte sie in der Nacht sprechen, in der sie ermordet wurde.«
    »Was?«
    »Sie hat auf dem Anrufbeantworter des Holocaust Center eine Nachricht hinterlassen. Nach Büroschluss, als niemand mehr hier war. Sie erklärte nur, sie würde vorbeikommen, um über ihre Verhaftung zu reden.«
    »Was genau hat sie gesagt?«
    »Nur das. Ganz kurz.«
    »Haben Sie es weiter …«
    »Ich habe die Polizei angerufen. Die schienen nicht sonderlich interessiert.«
    Winter nickte. »Sie glauben, ein Drogensüchtiger oder so hätte sie getötet. Jemand, den sie mit einer Reihe anderer Einbrüche in der Umgebung von Sophies Wohnung in Verbindung bringen.«
    »Das haben sie mir auch erzählt.«, bestätigte sie. »Aber Ihnen macht doch etwas zu schaffen, Mr.Winter – Sie glauben das nicht?«
    Er schwieg. Er musste daran denken, wie Sophie Millstein plötzlich ein paar Brocken Deutsch herausgerutscht waren. Ich hatte keinen blassen Schimmer, dachte er. All die Jahre, in denen ich sie kommen und gehen sah, in denen ich ihr im Sunshine Arms direkt gegenüber wohnte, hatte ich keine Ahnung. Toller Ermittler, dachte er.
    »Natürlich glaube ich ihnen«, meinte Winter gedehnt.
    »Weshalb sind Sie dann hergekommen, Mr.Winter?«, wollte die junge Frau wissen.
    Ihm ging es immer noch nicht aus dem Kopf, wie dumm er gewesen war. All die Jahre bei der Polizei. Tagein, tagaus jede Form von Mord und Totschlag. Und dann schleicht er sich sozusagen durch die Hintertür ins Sunshine Arms, nachdem er selbst zur Pistole gegriffen hatte, um seinem eigenen Leben ein Ende zu machen: Aus schierer Boshaftigkeit hatte der Tod sich den Falschen geholt. Nicht ihn, sondern seine Nachbarin.
    »Ich bin hergekommen«, entgegnete er in schneidendem Ton, »weil jemand einen mir nahe stehenden Menschen ermordet hat.«
    Er wandte den Blick hastig zum Fenster, als könnte der strahlende Sonnenschein, der durch die Scheiben drang, die Nebelschwaden in seinem Innern verdunsten. »In der Nacht, in der sie starb«, sagte er und wählte jedes Wort mit Bedacht, »als sie hier anrief … hat sie da den Begriff ›der Schattenmann‹ benutzt?«
    Weiss schüttelte den Kopf. »Nein, nicht dass ich wüsste. Der Schattenmann? Nein, daran würde ich mich erinnern.«
    Simon Winter biss die

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