Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
Stimme vom Eingang.
    Pulaski wandte den Kopf und erblickte Andrew Sterling, schwarze Hose, weißes Hemd, Ärmel hochgekrempelt. Ein freundliches Lächeln. »Officer Pulaski. Sie sind so oft hier, dass ich Sie auf unsere Gehaltsliste setzen sollte.«
    Ein verschämtes Grinsen.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie noch einmal herkommen wollten, Officer.«
    »Ich habe Sie angerufen, bin aber nur bei Ihrer Voicemail gelandet.«
    »Wirklich?« Der Firmenchef runzelte die Stirn. Dann blitzten die grünen Augen auf.
    »Stimmt. Martin ist heute früher gegangen. Können wir etwas für Sie tun?«
    Pulaski wollte die Arbeitszeitblätter erwähnen, aber Whitcomb kam ihm zuvor. »Ron hat gesagt, es wurde noch ein Mord begangen.«
    »Nein, ehrlich? Vom selben Täter?«
    Pulaski begriff, dass er einen Fehler gemacht hatte. Es war dumm gewesen, Andrew Sterling zu übergehen. Dabei hatte der Beamte nicht etwa geglaubt, Sterling sei schuldig oder würde versuchen, etwas zu verheimlichen; er hatte einfach nur schnell an die gewünschten Informationen kommen wollen - und offen gesagt hatte er zudem wenig Lust verspürt, Cassel oder Gillespie zu begegnen, was durchaus möglich gewesen wäre, hätte er sich an die Chefetage gewandt.
    Aber nun wurde ihm klar, dass er sich Informationen über SSD von einer Quelle verschafft hatte, die nicht Andrew Sterling hieß -eine Sünde, wenn nicht sogar ein schwerer Frevel.
    220
    Er fragte sich, ob der Geschäftsmann sein Unbehagen spüren konnte.
    »Wir gehen davon aus«, sagte Pulaski. »Anscheinend hatte der Täter es ursprünglich auf einen Angestellten von SSD abgesehen, hat aber letztlich einen Unbeteiligten getötet.«
    »Welcher unserer Mitarbeiter war das Ziel?«
    »Miguel Abrera.«
    Sterling konnte den Namen sofort zuordnen. »Von unserem Wartungspersonal, ja.
    Geht es ihm gut?«
    »Ja. Er ist ein bisschen mitgenommen, aber er wurde nicht verletzt.«
    »Warum wollte man ihn beseitigen? Glauben Sie, dass er etwas weiß?«
    »Das kann ich nicht sagen«, erwiderte Pulaski. »Wann ist das passiert?«
    »Heute Abend zwischen sechs und halb sieben.«
    Sterling kniff die Augen zusammen, sodass seine Fältchen sichtbar wurden. »Ich habe eine Idee. Sie sollten sich die Arbeitszeitblätter Ihrer Verdächtigen besorgen, Officer.
    Dann hätten zumindest einige ein Alibi und würden ausscheiden.«
    »Ich...«
    »Ich kümmere mich darum, Andrew«, sagte Whitcomb eilig und setzte sich an seinen Computer. »Ich besorge mir die Angaben aus der Personalabteilung.« Er sah Pulaski an. »Das dürfte nicht lange dauern.«
    »Gut«, sagte Sterling. »Und lassen Sie mich wissen, was Sie herausfinden.«
    »Ja, Andrew.«

    Der Firmenchef trat vor, sah Pulaski in die Augen und schüttelte ihm mit festem Griff die Hand. »Gute Nacht, Officer.«
    Als er gegangen war, sagte Pulaski: »Danke. Ich hätte zuerst ihn um Erlaubnis bitten müssen.«
    »Ja, das hätten Sie. Ich bin davon ausgegangen. Andrew mag es nämlich überhaupt nicht, wenn man ihn im Ungewissen lässt. Sobald er über alle Informationen verfügt, ist er glücklich, auch falls es schlechte Neuigkeiten sind. Sie haben Andrew Sterling bislang nur von seiner einsichtigen Seite erlebt. Die uneinsichtige Seite 221
    scheint sich nicht sehr davon zu unterscheiden. Aber das ist ein Irrtum, glauben Sie mir.«
    »Sie werden doch keine Schwierigkeiten bekommen, oder?«
    Er lachte. »Solange er nicht herausfindet, dass ich die Arbeitszeitblätter eine Stunde vor seinem Vorschlag besorgt habe.«
    Als Pulaski mit Whitcomb zum Aufzug ging, warf er einen Blick über die Schulter.
    Dort am Ende des Korridors stand Andrew Sterling und sprach mit Sean Cassel. Die beiden hatten die Köpfe gesenkt, und der Vertriebsleiter nickte. Pulaskis Herz schlug schneller. Dann ging Sterling weg. Cassel drehte sich zur Seite und sah Pulaski direkt an, während er mit dem schwarzen Tuch seine Brille putzte. Er lächelte zum Gruß und schien nicht im Mindesten überrascht zu sein, den Beamten hier anzutreffen.
    Die Glocke des Aufzugs ertönte, und Whitcomb ließ Pulaski den Vortritt.
    In Rhymes Labor klingelte das Telefon. Ron Pulaski berichtete, was er bei SSD über den Verbleib der Verdächtigen in Erfahrung gebracht hatte. Sachs trug die Informationen in die Liste ein.
    Zur Tatzeit hatten sich nur zwei der Personen im Büro aufgehalten - Mameda und Gillespie.
    »Demnach könnte es jeder der anderen gewesen sein«, murmelte Rhyme.
    »Der Laden war praktisch leer«, sagte der junge Beamte.

Weitere Kostenlose Bücher