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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Geh online für einen Chat. Den Ton lassen wir über das Telefon laufen.«
    Sachs wandte sich an Cooper. »Schalten Sie bitte Ihre Webcam ein, Mel?«
    Der Techniker klickte ein Icon an, und gleich darauf öffnete sich auf seinem Monitor ein Fenster mit dem Abbild von Pams Zimmer im Haus ihrer Pflegeeltern in Brooklyn.
    Das hübsche Mädchen setzte sich. Sein Gesicht wirkte aufgrund der Weitwinkellinse leicht verzerrt.
    »Hallo, Pam.«
    »Hallo, Mr. Cooper«, antwortete die fröhliche Stimme aus dem Lautsprecher des Telefons.

    »Ich übernehme«, sagte Sachs und tauschte ihren Platz mit Cooper. »Kleines, wir haben ein Foto gefunden und glauben, dass es aus dem Internet kommt. Könntest du einen Blick darauf werfen und uns verraten, ob dir etwas dazu einfällt?«
    »Na klar.«
    Sachs hielt das Blatt vor die Kamera.
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    »Das spiegelt ziemlich. Kannst du es aus der Tüte nehmen?« Sachs zog sich Latexhandschuhe an, ließ das Papier vorsichtig aus der Hülle gleiten und hielt es erneut hoch. »So ist es besser. Ach, sicher, das stammt von OurWorld.« »Was ist das?«
    »Du weißt schon, eine Internetgemeinschaft. Wie Facebook und MySpace. OurWorld ist neu und total angesagt. Jeder ist dort dabei.«
    »Weißt du, worum es geht, Rhyme?«, fragte Sachs.
    Er nickte. Zufälligerweise hatte er erst kürzlich darüber nachgedacht, weil er in der New York Times auf einen Artikel über Netzgemeinschaften und virtuelle Welten wie Second Life gestoßen war. Überrascht hatte Rhyme erfahren, dass die Leute immer weniger Zeit in der Außenwelt verbrachten und dafür immer häufiger ins Virtuelle abtauchten - ob nun in Form von Avataren, als Mitglieder einer dieser Internetgemeinschaften oder als Telearbeiter. Offenbar hielten Halbwüchsige sich inzwischen seltener im Freien auf als jemals zuvor in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Rhyme hingegen hatte mit einem strikten Trainingsprogramm seinen körperlichen Zustand deutlich verbessert und zudem seine Ansichten überdacht. Als Folge lebte er immer weniger virtuell und wagte sich immer öfter nach draußen.
    Irgendwie paradox, aber die Trennlinie zwischen Behinderten und Nichtbehinderten verwischte allmählich.
    »Bist du sicher, was den Ursprung des Fotos angeht?«, fragte Sachs nun noch einmal bei Pam nach.
    »Ja. Es hat diesen besonderen Rand. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass er aus vielen winzigen Weltkugeln besteht.«
    Rhyme kniff die Augen zusammen. Stimmt, der Rand entsprach genau der Beschreibung. Er rief sich ins Gedächtnis, was über OurWorld in dem Artikel gestanden hatte. »Hallo, Pam. . es gibt dort viele Mitglieder, nicht wahr?«
    »Oh, hallo, Mr. Rhyme. Ja. So etwa dreißig oder vierzig Millionen. Aus wessen Bereich kommt das Bild?«
    »Bereich?«, fragte Sachs.
    »So nennt man dort deine Seite. Deinen >Bereich<. Wer ist die Frau?«
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    »Sie wurde heute ermordet«, sagte Sachs ruhig. »Das ist der Fall, von dem ich dir vorhin erzählt habe.«
    Rhyme hätte einem Teenager gegenüber nichts von dem Mord erwähnt. Aber das hier war nicht seine Sache; Sachs würde schon wissen, was angebracht war und was nicht.
    »Oh, das tut mir leid.« Pam wirkte teilnahmsvoll, aber nicht schockiert oder bestürzt.
    »Pam, kann jeder beliebige Fremde auf deinen Bereich zugreifen?«, fragte Rhyme.

    »Nun, eigentlich muss man Mitglied sein. Aber falls man keine Beiträge verfassen oder einen eigenen Bereich aufmachen möchte, kann man sich mit ein paar Tricks dennoch Zugang verschaffen und sich umsehen.«
    »Du sagst also, dass der Mann, der dieses Bild ausgedruckt hat, sich mit Computern auskennt.«
    »Ja, das dürfte wohl so sein, schätze ich. Nur dass er es nicht ausgedruckt hat.«
    »Wie bitte?«
    »Man kann von dort nichts ausdrucken oder herunterladen. Und man kann den aktuellen Bildschirminhalt auch nicht in einer Datei speichern. Das System ist mit entsprechenden Filtern ausgestattet - Sie wissen schon, um Stalking zu verhindern. Das lässt sich nicht knacken. Ähnlich wie der Mechanismus bei urheberrechtlich geschützten Texten im Netz.«
    »Aber wie ist er denn dann an das Bild gelangt?«, fragte Rhyme.
    Pam lachte. »Oh, er hat wahrscheinlich gemacht, was wir in der Schule auch alle machen, wenn wir das Foto eines süßen Jungen oder irgendeiner verrückten Gothic-Schnepfe haben wollen. Wir fotografieren den Bildschirm mit einer Digitalkamera.
    Ganz einfach.«
    »Natürlich«, sagte Rhyme kopfschüttelnd. »Darauf hätte ich auch von selbst kommen

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