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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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schon gesagt.

    Es gibt natürlich noch ein weiteres Stück für meine Sammlung, aber zu dem Diktiergerät komme ich später. Das Resultat hätte besser ausfallen können, doch ich musste die kehligen Schreie, die Myra 9834 ausstieß, mit Isolierband dämpfen, bevor ich den Fingernagel abgetrennt habe; ich war besorgt wegen etwaiger Passanten. Wie dem auch sei, eine Sammlung kann nicht nur aus Kronjuwelen bestehen; man braucht das Durchschnittliche, damit das Besondere sich umso deutlicher abhebt.
    Ich schlendere durch mein Refugium und lege die Schätze an den zugehörigen Stellen ab.
    Von draußen sieht es größer aus. .
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    Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besitze ich 7403 Zeitungs- und 3234
    Zeitschriftenexemplare (selbstverständlich mit National Geographie als Eckpfeiler), 4235
    Streichholzbriefchen. . sowie, unter Auslassung der Anzahl: Kleiderbügel, Küchengeräte, Lunchboxen, Limonadenflaschen, leere Cornflakes-Kartons, Scheren, Rasierzeug, Schuhlöffel und Leisten, Knöpfe, Manschettenknopfschachteln, Kämme, Armbanduhren, Kleidungsstücke, nützliche Werkzeuge, längst veraltete Werkzeuge, bunte Grammophonplatten, schwarze Schallplatten, Flaschen, Spielzeuge, Marmeladengläser, Kerzen und Kerzenhalter, Bonbonnieren, Waffen. Das geht weiter und weiter und immer so weiter.
    Mein Refugium besteht aus - was sonst? - sechzehn Galerien, wie in einem Museum, von Räumen mit fröhlichen Spielzeugen (obwohl dieser Howdy Doody ganz schön gruselig aussieht) zu Zimmern mit Dingen, die ich sehr schätze, wenngleich die meisten anderen Leute sie eher, äh, unerfreulich finden würden. Haare und Fingernägel und manch runzliges Andenken an diverse Transaktionen. Wie das von heute Nachmittag. Ich platziere den Fingernagel, den Myra 9834 mir nicht ganz freiwillig überlassen hat, an einem Ehrenplatz. Und während ich dabei normalerweise vor lauter Vergnügen wieder eine Erektion bekommen würde, ist der Moment finster und ruiniert.
    Ich hasse diese Leute ja so sehr. .
    Mit zitternden Händen schließe ich die Zigarrenkiste. Meine Schätze bereiten mir im Augenblick keine Freude. Hass, Hass, Hass. .
    Ich setze mich wieder an den Computer und denke: Vielleicht droht gar keine Gefahr.
    Vielleicht sind diese Leute nur durch eine merkwürdige Reihe von Zufällen auf das Haus von DeLeon 6832 gestoßen.
    Aber ich darf nichts riskieren.
    Das Problem: Ich kann an nichts anderes mehr denken, als dass man mir meine Schätze wegnehmen könnte.
    Die Lösung: Tun, womit ich in Brooklyn angefangen habe. Mich zur Wehr setzen.
    Jegliche Bedrohung ausschalten.
    Die meisten Sechzehner, einschließlich meiner Verfolger, begreifen eines nicht, wodurch diese Leute gewaltig ins Hintertreffen
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    geraten: Ich glaube an die unerschütterliche Wahrheit, dass es in keiner Weise moralisch falsch ist, jemandem das Leben zu nehmen. Denn ich weiß, dass unser Dasein ewig währt und vollkommen unabhängig von diesen Hüllen aus Haut und Organen ist, die wir vorübergehend mit uns herumschleppen. Ich kann das beweisen: Man muss sich nur die zahllosen persönlichen Daten ansehen, die sich vom Moment unserer Geburt an ein Leben lang sammeln. Die sind alle von Dauer, an Tausenden von Orten gespeichert, kopiert, gesichert, unsichtbar und unauslöschlich. Der Leib mag vergehen, und irgendwann muss er das, aber die Daten bleiben für immer.
    Und wenn das nicht die Definition einer unsterblichen Seele ist, dann weiß ich auch nicht.
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    . Siebzehn
    Im Schlafzimmer war es still.
    Rhyme hatte Thom nach Hause geschickt, damit dieser den Abend mit Peter Hoddins verbringen konnte, seinem langjährigen Lebensgefährten. Der Betreuer hatte hier eine Menge auszustehen. Rhyme konnte einfach nicht aus seiner Haut, und manchmal tat es ihm leid. Aber er versuchte, es wiedergutzumachen, und wenn Amelia Sachs, wie heute, über Nacht blieb, gab er Thom frei. Der junge Mann musste häufiger vor die Tür kommen, anstatt sich hier drinnen immer nur um einen reizbaren alten Krüppel zu kümmern.
    Aus dem Badezimmer drangen leise Geräusche an Rhymes Ohren. Die Geräusche einer Frau, die gleich zu Bett gehen wollte. Glas klimperte, Plastikdeckel klappten auf und zu, ein Spray zischte, Wasser lief, ein Hauch der feuchten Badezimmerluft wehte heran und duftete angenehm.
    Rhyme mochte Momente wie diese. Sie erinnerten ihn an sein Leben im Vorher.
    Was ihn wiederum an die gerahmten Fotos unten im Labor denken ließ. Neben dem von Lincoln im Sportdress gab es ein anderes,

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