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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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positive Resultate zu erzielen. In letzter Zeit war ausländischen Chirurgen jedoch offenbar ein Durchbruch geglückt, ungeachtet der Vorbehalte der amerikanischen Ärzteschaft. Das Verfahren beinhaltete die operative Verbindung von Nerven oberhalb der Verletzung mit Nerven unterhalb. Wie eine Verkehrsumleitung um eine unterspülte Brücke.
    Die Erfolge waren hauptsächlich bei weniger schwer geschä
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    digten Patienten als Rhyme gelungen, fielen aber beachtlich aus: Die betroffenen Personen erlangten die Kontrolle über ihre Blasenfunktion zurück, konnten ihre Glieder wieder bewegen und zum Teil sogar wieder gehen. Bei Rhyme war an Letzteres nicht zu denken, aber die Gespräche mit dem japanischen Wegbereiter der Methode und einem seiner Kollegen vom Lehrkrankenhaus einer lvy-League-Universität ließen hoffen, dass es zumindest einige Verbesserungen geben würde, was Gefühl und Bewegungsfähigkeit von Armen, Händen und Blase anging. Oder Sex.
    Gelähmte - auch querschnittsgelähmte - Männer sind durchaus in der Lage, Sex zu haben. Falls der Reiz nur mental ausfällt -wie der Anblick eines attraktiven Gegenübers -, schafft die Botschaft es nicht über die Stelle der Rückenmarksschädigung hinweg. Aber der Körper ist ein brillanter Mechanismus und besitzt unterhalb der Verletzung einen magischen Nervenkreislauf, der eigenständig funktioniert. Ein wenig lokale Stimulierung, und der Geschlechtsverkehr ist oftmals sogar den am schwersten beeinträchtigten Männern möglich.
    Das Badezimmerlicht ging aus, und Rhyme beobachtete, wie Sachs' Silhouette sich zu ihm gesellte und in das - wie sie vor langer Zeit mal verkündet hatte - bequemste Bett der Welt stieg.
    »Ich. .«, setzte er an, wurde aber sofort zum Schweigen gebracht, weil sie ihn leidenschaftlich auf den Mund küsste.
    »Was wolltest du sagen?«, flüsterte sie und fuhr dabei mit ihren Lippen über sein Kinn und weiter zu seinem Hals.
    Das wusste er nicht mehr. »Ich hab's vergessen.«
    Er zupfte mit seinem Mund an ihrem Ohr und bemerkte, dass sie die Decke nach unten zog. Das erforderte ziemliche Anstrengung; Thom bevorzugte einen streng militärischen Bettenbau und klemmte die Ränder stets unter die Matratze, wie ein Soldat, der seinen Ausbilder fürchtete. Doch wenig später sah Rhyme, dass die Decke sich am Fußende türmte. Sachs' T-Shirt gesellte sich hinzu.
    Sie küsste ihn erneut. Er erwiderte den Kuss.
    In diesem Moment klingelte ihr Telefon.
    »Nein, nein«, flüsterte sie. »Ich habe nichts gehört.« Nach dem 119
    vierten Klingeln meldete sich zum Glück die Mailbox. Aber gleich darauf klingelte es schon wieder.
    »Das könnte deine Mutter sein«, gab Rhyme zu bedenken.

    Rose Sachs war wegen einiger Herzprobleme behandelt worden. Die Prognose sah gut aus, aber kürzlich hatte es ein paar Rückschläge gegeben.
    Ächzend klappte Sachs das Telefon auf. Sie wurden beide in einen bläulichen Schimmer getaucht. Im Display stand die Kennung des Anrufers. »Das ist Pam«, sagte sie. »Ich geh lieber ran.«
    »Na klar.«
    »Hallo. Was gibt's?«
    Rhyme hörte nur eine Hälfte des Gesprächs, aber er schloss daraus, dass etwas nicht in Ordnung war.
    »Okay. . Sicher. . Aber ich bin bei Lincoln. Möchtest du herkommen?« Sie sah Rhyme an. Er nickte zustimmend. »Okay, Kleines. Wir sind noch wach, kein Problem.« Sie klappte das Telefon zu.
    »Was ist denn?«
    »Keine Ahnung, das hat sie mir nicht verraten. Sie hat nur gesagt, Dan und Enid hätten heute Abend zwei Notunterbringungen hereinbekommen, sodass alle älteren Kinder in einem Zimmer zusammenrücken mussten. Sie hält es dort nicht aus. Und sie möchte nicht allein in meiner Wohnung sein.«
    »Ich habe nichts dagegen. Das weißt du.«
    Sachs legte sich wieder hin und ging mit dem Mund auf Wanderschaft. »Ich habe kurz mal nachgerechnet«, flüsterte sie. »Sie muss ihre Tasche packen, ihren Wagen aus der Garage holen. . es dauert bestimmt eine Dreiviertelstunde, bis sie hier ist. Uns bleibt also noch etwas Zeit.«
    Gerade als sie ihn ein weiteres Mal küsste, schrillte die Türklingel. »Mr. Rhyme?
    Amelia?«, ertönte eine Stimme aus der Gegensprechanlage. »Hallo, hier ist Pam.
    Könntet ihr mich bitte ins Haus lassen?«
    Rhyme lachte. »Es sei denn, sie hat dich von unten auf der Straße angerufen.«
    Pam und Sachs saßen in einem der Gästezimmer im ersten Stock. Der Raum stand dem Mädchen zur Verfügung, wann immer
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    es das wünschte. Im Regal saßen ein oder zwei einsame

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