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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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den Daten.«
    Sachs dachte darüber nach und kam zu dem gleichen Schluss. Die Stimmung bei SSD
    hatte etwas Berauschendes an sich, aber nicht auf angenehme Weise. Sie war beklemmend und desorientierend. Als hätte man zu viele Schmerztabletten geschluckt.
    Ein weiterer Mann kam herein. Er war der Personalchef, ein junger, adretter, hellhäutiger Afroamerikaner. Peter Arlonzo-Kemper erklärte, er halte sich nur selten in den Datenarealen auf, sei aber dazu befugt, damit er die Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen aufsuchen könne. Er habe außerdem gelegentlich auf innerCircle zugegriffen, wenn es um Personalfragen ging - aber nur auf die Daten der SSD-Angestellten, nie auf den Rest.
    Demnach hatte er Dossiers in sein »Refugium« heruntergeladen, trotz Sterlings gegenteiliger Behauptung.
    Der sichtlich angespannte Mann hatte ein Lächeln aufgesetzt und antwortete in gleichförmigem Tonfall, wobei er häufig das Thema wechselte und im Wesentlichen erzählte, dass Sterling -stets »Andrew«, hatte Sachs bemerkt - der »netteste, rücksichtsvollste Boss« sei, den man sich nur wünschen könne. Niemand würde je daran denken, ihn oder die »Ideale« von SSD zu hintergehen, wie auch immer die lauten mochten. Er könne sich nicht vorstellen, dass in den heiligen Hallen der Firma ein Verbrecher wandelte.
    Seine Bewunderung war ermüdend.
    Nachdem Sachs die ehrerbietige Litanei unterbrochen hatte, sagte er aus, er habe den ganzen Sonntag in Gesellschaft seiner Frau verbracht (womit er der bisher einzige verheiratete Ange
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    stellte war, mit dem sie gesprochen hatte). Am Tag des Mordes an Alice Sanderson habe er in der Bronx den Haushalt seiner kürzlich verstorbenen Mutter aufgelöst.
    Dabei sei er zwar allein gewesen, könne aber bestimmt jemanden auftreiben, der ihn gesehen hatte. Was die Daten der anderen Morde anging, konnte Arlonzo-Kemper sich nicht mehr erinnern, wo er gewesen war.
    Nach dem Ende der Befragung wurden Sachs und Pulaski von dem Wachmann zurück zu Sterlings Vorzimmer gebracht. Der Firmenchef sprach gerade mit einem ungefähr gleichaltrigen Mann, stämmig und mit dunkelblondem Haar, das er seitlich über die Glatze gekämmt hatte. Er saß vornübergebeugt auf einem der harten Holzstühle und war kein SSD-Angestellter, sondern trug ein Polohemd und einen Blouson. Sterling blickte hoch und sah Sachs. Daraufhin beendete er die Besprechung, stand auf und begleitete den Mann hinaus.
    Sachs musterte den Stapel Papiere, den der Besucher in der Hand hielt. Auf dem obersten Blatt stand »Associated Warehousing«, was offenbar der Name seiner Firma war.
    »Martin, könnten Sie Mr. Carpenter einen Wagen rufen?«
    »Ja, Andrew.«
    »Wir sind uns doch einig, nicht wahr, Bob?«
    »Ja, Andrew.« Carpenter, der Sterling weit überragte, schüttelte dem Firmenchef bekümmert die Hand, drehte sich um und ging. Ein Wachmann führte ihn den Flur hinunter.
    Die beiden Beamten gingen mit Sterling zurück in dessen Büro.
    »Was haben Sie herausgefunden?«, fragte er.
    »Nichts Schlüssiges. Manche der Leute haben Alibis, andere nicht. Wir werden in dem Fall weiterermitteln. Mal sehen, ob sich durch die Spuren oder Zeugen etwas ergibt.
    Ich habe noch eine Bitte. Könnte ich eines dieser Dossiers haben? Das von Arthur Rhyme.«

    »Von wem?«
    »Er ist einer der Männer auf der Liste - einer, von dem wir glauben, dass er zu Unrecht verhaftet wurde.«
    »Natürlich.« Sterling setzte sich an den Schreibtisch, hielt seinen Daumen auf ein Lesegerät neben der Tastatur und tippte et
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    was ein. Dann wartete er kurz ab, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.
    Danach folgten weitere Eingaben, und der Drucker erwachte zum Leben. Schließlich überreichte der Firmenchef ihr die ungefähr dreißig Seiten - Arthur Rhymes Dossier, frisch aus Sterlings »Refugium«.
    Na, das war ja einfach, dachte Sachs. Dann deutete sie auf den Computer. »Wurde das protokolliert?«
    »Protokolliert? Oh, nein. Wir führen über unsere internen Downloads nicht Buch.« Er überflog noch einmal seine Aufzeichnungen. »Ich lasse Martin die Kundenliste zusammenstellen. Das dürfte zwei oder drei Stunden dauern.«
    Als sie das Vorzimmer betraten, kam Sean Cassel herein. Er lächelte nicht. »Was hat diese Kundenliste zu bedeuten, Andrew? Wil st du sie der Polizei überlassen?«
    »Ganz recht, Sean.«
    »Wieso unsere Kunden?«
    »Wir haben uns überlegt, dass jemand, der für einen Kunden von SSD arbeitet, sich die Informationen besorgt haben könnte,

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