Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)
versuchte.
Auch wenn sie ihn dafür hasste, dass er einfach weggelaufen war, ihn am liebsten geschüttelt und angebrüllt hätte, wollte sie ihn trotzdem in den Arm nehmen, ihn drücken und ihn bitten, sie niemals wieder so stehen zu lassen.
Sie wollte ihm helfen, ganz gleich, was zwischen ihnen vorgefallen war. Und das, ohne ihren Emotionen freien Lauf zu lassen und irgendetwas zu sagen, was sie später bereute. Und sie wusste schon, wie sie das anstellen würde. Sie musste ihm nur etwas zeigen.
„Alex, ich hab mich gefragt, ob du vielleicht mitkommen würdest.“
Er wirkte misstrauisch, was sie verstehen konnte. Er hatte erwartet, dass sie wütend war, ihm Vorwürfe machte, ihn anschrie. Nichts davon tat sie.
Er stand nur da, sah sie wortlos an, auch wenn sein Blick unkonzentriert war.
„Bitte“, sagte sie.
Er trat von einem Fuß auf den anderen, dann ging er zurück ins Zimmer. Sie wartete. Als er vier Minuten später zurückkam, hatte er seine Stiefel an.
„Wohin gehen wir?“ Seine Stimme klang heiser, als sei er verkatert.
Sie lächelte ihn an. „Das wirst du schon sehen. Steig schon mal in den Truck. Ich hole inzwischen Lilly.“
Sie schwiegen, während sie über die unebene Straße fuhren. Nicht einmal Lilly machte einen Mucks.
Alex saß nur da und sah sich um. Mehr konnte er nicht tun. Es gab nichts, was er sagen konnte – oder wollte.
Lisa hatte das Radio angemacht. Wahrscheinlich der Versuch, einer Konversation aus dem Weg zu gehen.
Vor einem gepflegten einstöckigen Haus hielten sie an. Es lag abseits der Straße und strahlte ein rustikales Flair aus – wie die meisten Häuser, an denen sie auf dem Weg hierher vorbeigekommen waren.
„Dauert nur eine Minute“, sagte Lisa.
Lilly streckte die Hand nach ihm aus und drückte ihre Finger auf seine, dann lächelte sie ihn an und folgte ihrer Mutter aus dem Auto.
Ein Knoten bildete sich in seiner Kehle, doch er schluckte ihn hinunter. Eigentlich wollte er ihnen gar nicht hinterhersehen, aber er konnte nicht anders.
Dann kam Lisas Schwester aus dem Haus. Sie umarmten sich und Lisa gab ihr einen Kuss auf die Wange. Schließlich legte ihre Schwester ihren Arm um Lilly und führte sie ins Haus.
Lisa kam zurück zum Auto.
Alex war froh, dass ihre Schwester ihm keine Beachtung geschenkt hatte. Schließlich hatte er es nicht anders verdient. Aber vielleicht hatte sie ihn auch gar nicht gesehen.
Lisa stieg wieder ein, startete den Motor und fuhr zurück auf die Straße.
Alex wollte sie nach ihrem Ziel fragen, tat es jedoch nicht.
Er würde mit ihr fahren, wohin immer sie wollte.
Die Stille im Auto war drückend. Allerdings hatte sich Lisa bereits gedacht, dass Alex keine Friedhöfe mochte.
Jedes Mal, wenn sie hierherkam, erinnerte sie sich an die Trauerfeier. Jetzt wünschte sie sich, dass auch Alex dabei gewesen wäre, um sich von William zu verabschieden. Vielleicht hätte ihm das geholfen, mit der ganzen Sache abschließen zu können.
Die Erinnerung an den Moment, in dem sich die Gewehre der Kameraden gen Himmel richteten und ihren letzten Salut abfeuerten, war noch immer allzu gegenwärtig.
Nach dem militärischen Ehrenbegräbnis nahm sie die Flagge, die ihr der befehlshabende Offizier überreicht hatte, mit nach Hause und verstaute sie zusammen mit seiner Uniform in einer speziellen Schachtel in Lillys Schrank. So konnte Lilly die Sachen immer in Ehren halten, wenn sie alt genug war.
Sie stellte den Motor ab und wandte sich Alex zu.
„Komm mit“, bat sie ihn.
Alex sah sie nicht an.
„Alex?“
„Nein.“ Er spie ihr die Antwort förmlich entgegen.
„Es ist wichtig, dass du mitkommst“, sagte sie unbeirrt. Sie öffnete die Tür, in der Hoffnung, dass er ihr folgen würde. Dann ging sie den Weg bis zu Williams Grabstein entlang, der groß, weiß und stolz zwischen vielen älteren hervorragte.
Lisa kam jede Woche hierher. Sonntags nahm sie für gewöhnlich Lilly mit, und dann polierten sie den Stein und gossen die Blumen.
Herzukommen schmerzte sie nicht – jedenfalls nicht mehr so sehr wie am Anfang. Jetzt wollte sie nur noch, dass William stolz auf sie war. Darauf, dass sie sich selbst noch im Tod so gut um ihn kümmerte. Ihm zeigte, dass ihre Liebe für ihn ungebrochen war.
Plötzlich spürte sie, wie Alex von hinten an sie herantrat.
„William war ein großartiger Mann“, sagte sie mit beherrschter Stimme. „Und er hatte so viele verschiedene Rollen.“
Sie konnte Alex’ Größe fühlen, die Wärme seines
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