Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)
dann warf er sich auf mich.“ Er ging einen Schritt zurück, hielt den Blick jedoch auf sie gerichtet. „ Ich hätte an diesem Tag sterben sollen, Lisa. Sie zielten auf mich. William hätte mich nicht retten müssen, aber er tat es.“
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Für sie machte es keinen Unterschied. Ihre Hände begannen zu zittern.
„Er hatte alles, wofür es sich zu leben lohnt. Und ich hatte nichts. Ich hätte in einem Leichensack zurückkehren sollen, nicht er.“
Seine Augen blickten gequält. Der Schmerz stach in ihre Brust, doch sie ließ sich nichts anmerken, sondern hielt ihre Gefühle unter Verschluss.
„Ohne mich wäre dein Mann nach Hause gekommen. Er wäre noch immer am Leben“, wiederholte er, als wolle er sich mit dieser Wahrheit bewusst quälen.
„Alex …“ Ihre Stimme klang erstickt und gebrochen. „Alex, bitte …“
„Verstehst du es denn nicht, Lisa? Alles ist meine Schuld. Alles, was dir und Lilly wiederfahren ist.“ Er stieß die Worte mit solcher Inbrunst aus, dass Lisa nicht wusste, wie sie reagieren sollte.
Ein Schluchzer stieg in ihrer Brust auf.
Heute Morgen war sie in dem Glauben erwacht, am Beginn eines Neuanfangs zu stehen. Jetzt benahm er sich so, als habe er etwas Unverzeihliches getan. Dabei war er nur ein Soldat im Einsatz gewesen. Er hatte nichts Falsches getan. Warum verstand er das nicht?
„Wenn dir das bewusst gewesen wäre, hättest du mich nie gebeten, zu bleiben. Du hättest mich nie in dein Haus gelassen!“
Damit wirbelte er herum und stapfte los.
„Wage es nicht, Alex! Du kannst jetzt nicht einfach so weglaufen.“ Sie bemühte sich, ihrer tränenerstickten Stimme einen festen Klang zu verleihen.
Er drehte sich um. Seine Augen blickten gehetzt, funkelten sie beinahe an. „Verdammt, Lisa, mein ganzes Leben lang habe ich mir eine Familie gewünscht. Ich habe davon geträumt, mir das zurückzuholen, was ich als Junge verloren habe.“
Sie starrte ihn fragend an.
„Und du – du und Lilly – ihr habt mir gezeigt, dass es sich lohnt, darum zu kämpfen. Dass Familie das Wichtigste ist.“
Sie nickte stumm.
„Es tut mir leid, dass ich deine zerstört habe, Lisa. Damit sind es schon zwei Familien, die ich auf dem Gewissen habe.“
„Nein, Alex.“ Sie erwiderte seinen Blick, erbost von seinen Worten. „Du warst noch ein Kind, als deine Eltern gestorben sind. Du hattest mit deren Tod nichts zu tun.“
„Hätte ich kein Eis gewollt – hätte ich sie nicht angebettelt, mir eins zu holen – würden sie heute noch leben. Und wenn William nicht …“ Er stockte.
Lisa breitete ihre Arme aus, und dieses Mal wies er sie nicht zurück. Er kam zu ihr, und sie umarmte ihn wie ein Kind, das man trösten musste.
„Du weißt, dass William dasselbe für jeden seiner Männer getan hätte. Das weißt du doch, oder?“
Sein Schweigen war Unheil verheißend.
„Du kannst dir das nicht vorwerfen, Alex. Dafür bist du viel zu klug. Du weißt, dass ein Kind keine Verantwortung für den Tod seiner Eltern trägt. Es war Schicksal.“
Alex wich zurück und starrte sie an. Sie sah Verständnis in seinen Augen, doch die Wut war noch immer da.
„Ich verstehe dich ja, Alex. All das lindert nicht deinen Schmerz. Es bedeutet nur, dass du dich von deinen Schuldgefühlen lösen solltest. Lass dir von der Vergangenheit nicht …“
Er sah sie angespannt an.
„… die Chance auf ein erfülltes Familienleben nehmen.“
Er fixierte sie lang und fest. Dann löste er ihre Hände vorsichtig von seinen Armen und drehte sich um.
Schließlich ging er und sah nicht mehr zurück.
Wohin er ging, konnte Lisa nicht sehen. Ihre Augen waren tränenverhangen.
Er würde fortgehen und sie würde ihn nie mehr wiedersehen. Der Mann, in den sie sich langsam aber sicher verliebt hatte, verließ sie, und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte.
Noch vor einigen Monaten hatte sie sich wie eine alte Witwe gefühlt. Als wäre ihr Leben vorbei gewesen, als würde sie niemals wieder in die Normalität zurückfinden.
Doch genau das hatte sie getan. Trotz des Schmerzes hatte sie ihre Trauer überwunden. Und dann war Alex auf ihrer Türschwelle erschienen.
Damals war er für sie noch ein Fremder gewesen. Inzwischen war er ein Teil ihres Lebens. Sie wollte ihn an ihrer Seite, wenn sie ein neues Leben begann.
Sie liebte ihn. Das war ihr nun klar. Sonst hätte sie ihn letzte Nacht nicht in ihr Bett eingeladen.
Alex lief wie von Sinnen. Als würde ihm jemand nach dem Leben
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