Der Tag, an dem das Glück zurückkam (Bianca) (German Edition)
Lisa nach ihrer Tochter. „Lilly! Es gibt gleich Essen.“
Die Dielen knarrten, dann erschien Lilly, dicht gefolgt von Boston, dem die Zunge seitlich aus dem Maul hing. Die beiden waren unzertrennlich. Beste Freunde.
Um ihre Tochter zu beschäftigen, während sie das Essen vorbereitete, stellte Lisa ein Glas Milch auf den Tisch.
„Möchtest du unseren Gast begrüßen?“
Lisa wusste, dass das unwahrscheinlich war, doch der Therapeut hatte ihr geraten, sich ganz normal zu verhalten. Einfach zu ignorieren, dass Lilly nicht sprach und so zu tun, als sei alles in Ordnung. So, als würde sie außer mit ihrer Mutter und ihrem Hund auch noch mit anderen Leuten sprechen.
Lilly schüttelte den Kopf, wirkte jedoch nicht ganz so schüchtern wie sonst. Sie kletterte auf den dritten Hocker, ließ den mittleren somit frei und starrte Alex aus großen Augen an.
„Das ist Alex“, erklärte Lisa. „Er war ein Freund deines Daddys.“
Jetzt sah Lilly ihn noch intensiver an, mit ihren großen Augen.
Dann lächelte sie und gab ihm mit einer knappen Handbewegung ein Zeichen.
„Hi“, sagte er.
Lisa überraschte es fast noch mehr, Alex sprechen zu hören, als wenn Lilly etwas gesagt hätte! „Alex ist ein Soldat“, erklärte sie.
Lisa warf Alex einen kurzen Blick zu und bemerkte, dass es ihm unangenehm war, von einem Kind so gründlich unter die Lupe genommen zu werden. Sein Rücken war durchgedrückt, die Pupillen geweitet, der Körper angespannt …
Wenn man die Neugier eines Kindes nicht gewohnt war, wirkte sie vermutlich wirklich befremdlich. Hatte Alex denn keine Familie?
Während sich die beiden weiter anstarrten, öffnete Lisa die Vorratskammer. Sie ließ den Blick über Einmachgläser und Behälter gleiten, die fein säuberlich vor ihr aufgestapelt und mit allen möglichen Leckereien gefüllt waren. Zu anderen Tageszeiten gab sie Lilly sehr viel Obst und Gemüse zu essen, doch nachmittags wurde schon mal genüsslich gesündigt.
Lisa griff nach ihren selbst gebackenen Brownies und dem glasierten Zitronenkuchen, stellte die Behälter in Griffweite ab und drapierte mehrere von ihnen auf einem großen, quadratischen Teller.
„Ich hoffe, Sie mögen Süßes, Alex.“
Er sah noch immer aus wie ein nachtaktives Tier, das im grellen Scheinwerferlicht erstarrt war, doch das ignorierte sie. „Wohnen Sie eigentlich weit weg? Und was halten Sie von der Umgebung hier?“ Sie schob ihm einen Teller mit Gebäck entgegen.
„Äh … kommt darauf an, ob man hier angeln kann. Ich habe gehört, dass die Gegend ideal dafür ist“, sagte er verlegen.
„Sie sind also Angler?“ Sie sah dabei zu, wie sein Adamsapfel beim Schlucken auf und ab hüpfte.
„Ich blicke nur gerne auf den See hinaus und angele. Sie wissen schon … Als kleine Auszeit. Es geht dabei mehr ums Sitzen und ums Denken, weniger ums Angeln.“
Oh, das konnte sie nachvollziehen. Schließlich war das der Grund gewesen, weshalb sie dieses Haus überhaupt gekauft hatten.
Wollte er denn für eine Weile hierbleiben? Ganz alleine? Sie hatte angenommen, dass er Zeit mit seiner Familie verbringen wollte, nachdem er so lange unterwegs gewesen war. Oder mit Freunden.
Lisa stand auf, um Servietten zu holen, hielt dabei einen Moment lang inne und sah aus dem großen Küchenfenster zum Fluss hinaus. Das Wasser hatte eine beruhigende Wirkung auf sie. Wenn sie in seine Tiefen starrte, hatte sie das Gefühl, dass alles möglich war.
Eigentlich war sie nie besonders gerne angeln gegangen. Aber auch sie liebte es, dazusitzen, nachzudenken und auf das Wasser zu blicken. Und genau das hatte sie getan, als sie die schreckliche Nachricht vom Tod ihres Mannes erhalten hatte. Jeden Tag mehrere Stunden lang.
Lilly zerrte an ihrem Arm. Lisa hatte gar nicht mitbekommen, wie sie von ihrem Hocker gerutscht war. Sie bückte sich, sodass Lilly ihre Hand an Lisas Ohr legen konnte.
„Sag ihm, wir haben haufenweise Fische zum Fangen.“
Sie lächelte und nickte ihrer Tochter zu.
„Sag’s ihm“, beharrte Lilly.
Das kleine Mädchen sprang zurück auf den Hocker und lächelte Alex an. Der wirkte verwirrt.
„Lilly lässt ausrichten, dass es hier haufenweise Fische gibt.“
„Fische?“
Lilly nickte, während sie sich genussvoll die Reste ihres Brownies von den Fingerkuppen leckte. Dann griff sie langsam nach Alex’ Hand, tippte sie an und sprang zu Boden.
Alex blickte von Lilly zu Lisa.
„Ich … äh … denke, sie will, dass Sie mit ihr zum See gehen.“
Lisa hielt den
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