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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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haben nachgelassen, und der Donner ist nur noch ein fernes Grummeln, aber es regnet heftig.
    Mein Vater sagt nichts. Aber er drückt meine Schulter, und ich weiß, er möchte, dass ich hinschaue, denn da draußen auf der Straße geschieht etwas sehr Wichtiges, das unser aller Leben verändern wird, und ich muss es sehen und mir einprägen. Anfangs kann ich es nicht sehen. Doch dann schon.
    Er setzt aus der Auffahrt zurück. Biegt auf die Straße ein. Entfernt sich rasend schnell vom Haus. Fliegt wie ein Raumschiff in endlose Finsternis.
    Der Krankenwagen. Mit meiner Mutter darin.

KAPITEL 40
    Wir kamen zurück.
    Wohin hätten wir fliegen sollen? Ich kenne die anderen Sonnensysteme nicht, und in diesem gibt es keinen anderen Planeten, auf dem wir leben könnten. Auf dem Merkur schmilzt man in der Hitze, auf der Venus erstickt man unter Wolken. Der Mars ist kalt und sein Wasser nicht trinkbar. Die anderen sind nur kolossale Felsbrocken, auf denen es gar kein Wasser gibt und wo einen das eigene Körpergewicht förmlich erschlägt, sobald man aussteigt.
    Der Mond? Einmal war ich auf dem Mond gewesen, in einer Zeit außerhalb der Zeit. Doch dort kann man nicht leben, nur im Inneren eines Turms, und inzwischen gibt es auf dem Mond auch keine Türme mehr. Also sind wir zurückgekommen.

    Ich hielt meine kleine Tochter fest, während wir flogen, und versuchte, nicht in ihr Gesicht zu blicken. Ihre Augen hatten sich seltsam verändert. Die Pupillen waren von undurchdringlichem Schwarz. Mitten im Schwarz der Augen war ein Schlitz, der von einem Winkel zum anderen reichte. Jenseits der Schlitze – Finsternis jenseits aller Finsternis.
    Ich wickelte sie in die Decke und hielt sie mit beiden Armen, drückte sie an meine Brust. Ihr Mund stand offen, sie sabberte und ächzte nach Luft. Hier, sagte ich zu ihr, als ich ihr kleines Herz an meins drückte: Atme mit meiner Lunge! Atme mit meiner Lunge, und du wirst leben.
    Doch selbst da wusste ich, dass es unmöglich war.
     
    Wir flogen übers Meer. Dann übers Land. Es war Nacht. Sicher sahen viele die Scheibe vorüberfliegen. Sicher schrieb irgendwo ein junger UFO-Forscher in sein Tagebuch: Es war eine leuchtende Scheibe … dunkelrot, an den Rändern dunkler als in der Mitte … Sie flog gemächlich westwärts  … Und die ganze Geschichte beginnt von vorn.
    Westwärts. Diesmal ohne Zwischenstopp. Ich war erschöpft, wollte dringend landen. Doch der Plan lautete: von Dimona nach Alamogordo, und Alamogordo lag noch weiter westlich. Westwärts reitet die Sonne.
    Wenn wir die Sonne einholten, mit ihr Schritt hielten, hätten wir Licht. Ein Tag, eine Stunde würde ewig dauern.
    Eine endlose Minute in immerwährendem Sonnenschein.
     
    Die Innenbeleuchtung der Scheibe wurde schwächer. Diese Mechanismen verschleißen, genau wie unsere. Langsam und unmerklich lassen sie nach.Wenn sie schließlich ganz verschlissen sind, findet man sich überraschend im Dunkeln wieder.

    Schatten tauchten am Rand der Scheibe auf. Erst waren sie größtenteils transparent wie die schwebenden Flusen auf der Pupille – unbemerkt, sofern man sich nicht dafür entscheidet, sie sehen zu wollen. Anfangs entschied ich mich dafür, sie nicht sehen zu wollen.
    Sie sah sie. Ich weiß es genau. Bestimmt fing sie deshalb an zu singen.
    »Ah-be- cee -dee-ee-eff- gee  …«
    Ihr Lied klang rein und klar und süß, nicht in meinen Ohren, doch in meinem Kopf. Mit meinen Ohren hörte ich sie japsen, als sie versuchte, die Leere ihrer Lunge zu füllen. Doch in meinem Kopf – selbst jetzt noch höre ich manchmal das Echo ihres Liedes. Da glaube ich dann, wenn auch nur ein, zwei Sekunden lang, dass sie noch bei mir ist.
    Ich hielt sie in meinen Armen, so wie sie mich einst gehalten hatte.
    Und die Schatten wurden dichter, und der Chor des khakha-kha wurde immer lauter, bis ich mir schließlich die Wahrheit eingestehen musste. Es waren die Kreaturen aus dem See. Sie waren im Inneren der Scheibe. Sie waren von Anfang an dort gewesen. Dieser Aschefleck an der Wand der Scheibe, den ich unbedingt für die Spur einer Eidechse halten wollte … das war er nicht. Sie waren es gewesen.
    Es war ihr Handabdruck. Ihr Zeichen, ihre Warnung. Ihre Art und Weise, uns zu sagen: Wir sind da.
    Wir werden immer da sein.
     
    »Nicht aufhören«, sagte ich zu ihr.
    Sie hörte beim »G« auf. Ich hatte gehofft, sie würde es nicht tun. Ich hatte gehofft, diesmal würde sie sich erinnern und
mir den Rest der Buchstaben vorsingen, und

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