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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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wegbleiben.«
    »Julian.«
    »Keine Sorge! Deine hübsche neue Tasche ist nicht weg. Du hast sie hier auf meinem Schreibtisch liegen lassen. Ich habe dir noch hinterhergerufen, aber du hattest es so eilig, dass du mich nicht mehr gehört hast …«
    Das also hatte mir gefehlt. Die Tasche war mir inzwischen total egal. »Julian!«
    »Ja?« Mit einem Ausdruck freundlichen Interesses sah er mich an.
    »Haben die hier heute früher zugemacht? Oder was?«
    »Natürlich nicht. Warum sollten sie früher zumachen?«
    »Die Bibliothek ist leer.«
    »Was sagst du?«
    »Es ist keiner mehr da! Ich bin ins Erdgeschoss gefahren, in den Zeitschriftenraum, aber da war keiner. Auch nicht in den Lesesälen! Nirgendwo!«
    Er machte ein verwundertes Gesicht. Nur einen Moment lang. »Ach, das«, sagte er. »Das kommt mal vor. Ist schon in Ordnung.« Er kam um den Schreibtisch herum und legte mir seine Hand auf die Schulter. »Danny, du musst ganz ruhig bleiben. Hörst du mich?«
    Ich nickte.
    »Weißt du, aus welchem Fahrstuhl du eben gekommen bist?« Er zeigte den Korridor entlang. Wieder nickte ich. »Geh dahin zurück. Wenn du einsteigst, drück den Knopf für den Keller. Mit dem Buchstaben U. Wie Uhu. Nicht E diesmal. Das Stockwerk darunter. Hast du mich verstanden?«

    »Ich glaube schon«, sagte ich.
    »Wenn die Türen aufgehen, steig aus und wende dich nach links. Geh etwa fünfzehn Meter, dann siehst du eine kleine Tür, die nach draußen führt. Zur 19th Street. Aber unterhalb der Straße. Hörst du mir zu?«
    »Mh-hm.«
    »Geh durch diese Tür. Du musst rauf zum Bürgersteig. Kletter die Schräge hoch. Draußen ist es glatt, aber ich glaube, es müsste gehen. Hast du das verstanden?«
    »Mh-hm.«
    »Dann gehst du hinten rum zur Vine Street, zum Vordereingang, und kommst wieder rein. Dann wird alles gut.«
    Ich machte mich auf den Weg zum Fahrstuhl. »Danny!«, rief er.
    »Was?«
    »Vergiss deine Tasche nicht.«
     
    Ich drückte U. Und fuhr ins Untergeschoss. Ich zwang mich, fast ohnmächtig vor Angst, den schwach beleuchteten Korridor entlang. Links und rechts von mir stapelten sich Kisten, bis fast an die Decke, sodass ich mir kaum einen Weg bahnen konnte. Die Tür war genau dort, wo Julian gesagt hatte.
    Mehr als einmal rutschte ich ab, als ich diese Schräge hinaufkrabbelte.
    Oben auf dem Bürgersteig war alles zunächst genau wie in der Bibliothek. Die 19th Street war leer, ruhig, still. Langsam jedoch ahnte ich den Verkehr, hörte ein Taxi hupen. Ich merkte, dass ich auf die Straße gelaufen war, und sprang auf den Gehweg zurück. Ich lehnte mich gegen ein Gebäude, musste erst mal zu Atem kommen. Ein Mann mit Ohrschützern und dickem Mantel marschierte an mir vorbei, mit finsterer Miene.
Es war ein paar Minuten nach vier, als ich die Eingangshalle der Bibliothek wieder betrat. Alles voller Menschen, wie immer. Ich war noch nicht bereit für den Zeitschriftenraum. Ich ging in den Lesesaal im ersten Stock und setzte mich an einen der langen Tische. Ich klappte meine Tasche auf und holte die jüdischen Kalender und Benders Fliegende Untertassen und die Drei Männer hervor. Dann blätterte ich in den Kalendern herum, sah mir vor allem die Bilder an.
    Mein Blick fiel auf Samstag, den 22. Dezember 1962. Mein dreizehnter Geburtstag, nach dem jüdischen Kalender. Der Tag, an dem meine Bar-Mizwa hätte sein sollen …
    An dem ich zum Mann hätte werden sollen.
    Nur war meine Mutter zu krank, und deshalb konnten wir keine …
    Ich hörte auf zu blättern. Ich dachte an all die Dinge, die wir im Laufe der Jahre nicht hatten tun können, die ich nicht hatte tun können, weil sie so krank war. Sie konnte nicht rausgehen, brauchte Ruhe, brauchte Stille. Brauchte mich, damit ich ihr vorlas, ihr Gesellschaft leistete. Meine Freunde, so ich welche hatte, mussten sich ruhig verhalten. Wurden gebeten, das Haus zu verlassen, wenn sie nicht leise sein konnten …
    Ich war wie gelähmt vor Traurigkeit. Nicht mal meine Pupillen konnte ich bewegen. Ich weiß nicht, wie lange ich so dasaß, bis ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.
    »Alles in Ordnung?«
    Rosa Pagliano. Eine Halluzination? Ihre Berührung war jedoch real oder war es zumindest gewesen, bis sie ihre Hand zurückzog. Erleichterung ergriff mich, auch Glücksgefühle. Allerdings auch Verwunderung. »Was machst du hier?«, fragte ich.
    »Ich wollte nicht schon mit Jeff los. Er hätte es aber gern gehabt. Du glaubst nicht, wie wir uns gestritten haben. Fast
wären wir aus der

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