Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel
sie uns von der Bibliothek
aus gefolgt sind. In ihrem schwarzen Wagen. Wie viele schwarze Autos gibt es eigentlich heutzutage?«
»Hast du gesehen, wer in dem Wagen saß?«, fragte ich.
»Ich glaube«, sagte er vorsichtig, »möglicherweise waren es drei. Drei Männer. So komisch gekleidet … alle in Schwarz, glaube ich. Und ihre Augen sahen so richtig … richtig … seltsam aus.«
Ich reagierte nicht. Der Mann, den ich gesehen hatte, trug eine gräulich weiße Jacke über einem hässlichen roten Sporthemd, und die Augen waren kaum zu sehen, weil sein Gesicht vor lauter Wut dermaßen aufgeplustert war.
»Nun«, sagte Julian kurz darauf, »es gibt ja kein Gesetz, in dem steht, dass die Männer in Schwarz immer schwarz gekleidet sein müssen. Oder dass sie stets zusammen in Erscheinung treten. Ich glaube, sie waren zu zweit. Die Frau saß am Steuer, noch hässlicher als der Mann, und sie fuhr übertrieben aggressiv. Bestimmt baut sie demnächst einen Unfall. Ich kann nur hoffen, dass wir nicht in der Nähe sind, wenn es so weit ist. Die haben mich eine Weile ganz schön nervös gemacht. Du lässt uns nicht zufällig von jemandem verfolgen, oder?«
»Selbstverständlich nicht.« Möglicherweise kam es nicht allzu überzeugend heraus. Ich konnte noch nie besonders gut lügen, und in Wahrheit ließ ich uns sehr wohl verfolgen, wenn auch nicht ganz so, wie Julian es sich vorstellte. Glücklicherweise hatte er sich in diesem Moment entschlossen, den Truck nun selbst zu überholen, und er hörte mir nicht mehr ganz so aufmerksam zu. Er warf einen Blick über seine Schulter, zog auf die linke Spur, und einen Moment später hatten wir den Truck hinter uns gelassen.
»Mörderischer Verkehr«, sagte ich.
»Mein lieber Mr Shapiro, Sie müssen nicht ganz so deutlich machen, dass Sie in einem Vorort leben. Für uns Ureinwohner
ist das so gut wie überhaupt gar kein Verkehr. Sie sollten den Expressway um diese Uhrzeit mal am Wochenende sehen. Natürlich hatte ich bereits Gelegenheit, mich daran zu gewöhnen, denn schließlich fahre ich schon seit einer halben Ewigkeit. Nächsten Juli werde ich sechzehn.«
»Seit einer halben Ewigkeit? Und du wirst im Juli sechzehn?«
Er lachte. »Bist du beruhigt, dass das schwarze Auto sich nicht als Zivilstreife entpuppt hat? Ich sehe uns schon am Straßenrand stehen. Und so ein Hüne von einem Bullen kommt heranmarschiert. Dürfte ich bitte mal Ihren Führerschein sehen, Sir?«
»Was würdest du dann tun?«, fragte ich.
»Selbstverständlich würde ich ihm meinen Führerschein zeigen.« Er fischte seine Brieftasche innen aus der Jacke, klappte sie auf und reichte sie mir. Tatsächlich: Da war ein Führerschein, mit dem Keystone-Siegel von Pennsylvania, ausgestellt auf den Namen Julian Arthur – nicht »Arcturus« – Margulies. Das Foto war nicht gerade schmeichelhaft, aber es zeigte unverkennbar Julian. Er blickte stur geradeaus, ohne zu lächeln, und seine Zähne standen sehr deutlich hervor. Der Führerschein war vor beinahe zwei Jahren ausgestellt worden. Ich klappte die Brieftasche zu und gab sie ihm wieder.
Allmählich blieb die Stadt hinter uns zurück, und der Verkehr ließ nach. Hin und wieder sah ich den Schuylkill River rechts neben uns in der Nachmittagssonne glitzern. Ich hatte nur eine vage Ahnung, wohin wir fuhren. Es war ein Haus auf dem Land, hatte er mir erklärt, draußen in Montgomery County. Dort lag das Hauptquartier der Super Science Society.
Mehr als sechs Wochen waren vergangen, seit ich Julian in der Bibliothek zum ersten Mal begegnet war, und erst jetzt hatte ich seine Einladung angenommen. Ich wusste ohnehin
nicht so genau, wie ernst sie gemeint gewesen war. Außerdem hatte er etwas Beunruhigendes an sich, was mir das Gefühl gab, ich sollte mich lieber von ihm fernhalten. Ich ging weiterhin fast jeden Samstag in die Bibliothek von Philadelphia, manchmal mit Rosa, nie wieder mit Jeff. Natürlich stoppte der Bus in Braxton; hatte er schon immer. Ich hielt mich vom Archiv Seltener Bücher fern und achtete darauf, die Bibliothek eine halbe Stunde vor Feierabend zu verlassen, damit ich nicht zufällig auf Julian traf, wenn er nach Hause ging.
In der letzten Märzwoche rief er an.
Es war später Vormittag, kurz vor dem Mittagessen. Ich saß an meinem Schreibtisch und arbeitete, verzweifelt darum bemüht, die Augen offen zu halten; ich hatte fast bis zehn geschlafen, aber geholfen hatte es nichts. Meine Mutter wanderte durch das Haus, sang einsam
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