Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel
aufgeschrieben, den genauen Ort, das Datum, die Quelle und das alles. Ich hab richtig Angst bekommen. Wie noch nie.«
Mein Arm, den ich um ihre Schultern hätte legen können, lag auf dem Tisch. Zu schwer, um ihn anzuheben.
»Es ging um diese Scheibe. Rot glühend. Genau wie die, die letzten Monat auf dich runtergekommen ist. Aber die Leute haben sie nicht fliegen sehen. Sie war auf der Erde, als sie entdeckt wurde.«
»Dann muss sie gelandet sein!«
»Sofern sie überhaupt jemals in der Luft war. Schscht … gleich verstehst du, was ich meine. Die Leute haben sie auf einem Feld gesehen. Eine Weile hat sie gar nichts gemacht. Ein Mann stieg in sein Auto, um den Sheriff zu holen. Und dann ist die Scheibe … sie … sie …«
»Hat abgehoben?«
»Nein. Sie hat nicht abgehoben. Sie ist in der Erde verschwunden.«
Sie holte scharf Luft. Noch nie hatte ich sie so aufgewühlt erlebt. Nicht mal damals in der siebten Klasse, als sie ihren Rock anhob und mir ihre geschundenen Beine zeigte. Hatte sie der Zeitungsartikel wirklich so sehr erschreckt? Oder lag es an mir und dem, was ich gerade erlebt hatte, und dass sie es im Gegensatz zu mir begreifen konnte?
»Das Ding verschwand einfach in der Erde«, sagte sie. »Die Leute meinten, es hätte ausgesehen wie bei einem Fahrstuhl. Und da fiel mir diese Geschichte ein, die ihr euch immer gegenseitig erzählt, als wäre es ein Witz, diese Sache mit dem Fahrstuhl in Chicago …«
»In der Erde verschwunden?«
»Als würde es auf dem Meer schwimmen und dann untertauchen. Nur dass da kein Meer war. Alles fester Boden.« Sie schloss die Augen und holte Luft. »Danny. Versprich mir …«
»Was?«
»Falls dein UFO wieder auftaucht und ganz zu dir herunterkommt und da bleibt, dass du nicht … dass du nicht …«
»Was?«
»Einsteigst.«
»Wir bitten um Ihre Aufmerksamkeit. Die Bibliothek schließt in zehn Minuten. Die Bibliothek schließt in zehn Minuten …«
Rosa sprang auf, ersparte mir das Versprechen.Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich mich auch daran. »Meine Sachen sind unten«, sagte sie. »Ich bring dir deine mit. Du solltest lieber hier sitzen bleiben. Du siehst krank aus.«
»Mir geht es gut.« Aber da war sie schon weg.
Vor mir auf dem Tisch lagen die drei jüdischen Kalender. Daneben meine Ausgabe von Fliegende Untertassen und die Drei Männer. Eine Visitenkarte ragte wie ein Lesezeichen daraus
hervor. Natürlich – Julians, die ich liegen gelassen hatte. Ich zog sie heraus und drehte sie schnell um, damit ich diese Augen nicht sehen musste. Auf der Rückseite stand in verschnörkelter, fast gotischer Schrift:.
Ich nahm das Bender-Buch in die Hand. Ich wollte es schon in meine Tasche stecken. Intuitiv schlug ich es auf und blätterte zur letzten Seite.
Da stand meine »vorläufige Einschätzung«, die das Buch als Schwindel abtat. Darunter Jeffs Bin genau derselben Ansicht. Und unter beiden Kommentaren sah ich eine dritte Anmerkung in derselben Handschrift wie auf der Rückseite der Visitenkarte.
II.
Super Science Society
(Februar 1966)
KAPITEL 6
»Du glaubst also nicht an den Planeten Clarion?«, sagte Julian Margulies. »Junge, Junge, du bist aber auch ein eingefleischter Skeptiker. Fehlt nur noch, dass du mir erzählst, du glaubst nicht an die Dero und die unterirdischen Höhlen.«
»Tu ich auch nicht … jedenfalls nicht richtig«, sagte ich.
»Aber eigentlich doch, ja? Ein kleines bisschen?«
Er nahm den Fuß vom Gas und schaltete herunter. Dennoch näherte sich unser Pontiac schnell dem monströsen Truck, der die rechte Spur vom Schuylkill Expressway entlangkroch und faulig-schwarze Abgase ausrotzte. Es war der erste Samstagnachmittag im April 1963 und wärmer als erwartet. Wir hatten die Fenster aufgemacht, um die Luft hereinzulassen. Seit damals sind inzwischen fast drei Jahre vergangen. Es ist Februar 1966. Mittlerweile bin ich in der elften Klasse, nicht mehr in der achten. Und ich habe seit einer Ewigkeit keine Frühlingsluft mehr geatmet.
Julian bremste leicht. Auf der linken Spur raste eine Kolonne an uns vorbei. Ein dicker, rotgesichtiger Mann beugte sich aus dem Beifahrerfenster eines der überholenden Autos, schüttelte die Faust und schrie etwas, das ich nicht verstand.
»Er sollte sich seine Flüche für den Trucker sparen«, sagte ich.
»Gut, dass sie uns endlich überholt haben«, erklärte Julian. »Die fahren uns seit dem Fairmount Park hinterher, vielleicht sogar länger. Ich hatte schon Angst, dass
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