Der Tag an dem die Sonne verschwand
irgendwie süß. Aber dann wollte ich doch zur Sache kommen. Ich hantierte mit ihrem schönen Körper herum, so dass sie bald wieder auf dem Rücken lag, und mit einem zärtlichen, aber dennoch kraftvollen Griff zog ich ihren Slip herunter bis zu ihren Knien – und konnte nicht fassen, was ich sah. Ich war geschockt und von einer Sekunde auf die andere stocknüchtern. Denn die schöne blondgelockte junge Frau war ein Mann. Sie/Er hatte seinen Penis zwischen den Beinen eingeklemmt, und ich Idiot hatte nichts davon bemerkt. Das Glied samt Hodensack quoll mir entgegen, denn ihm/ihr waren durch den Schreck der schnellen Entkleidungsaktion die Beine auseinandergesprungen.
Da hockte ich nun auf meinem Bett vor einem Kerl mit großen Brüsten, war sprachlos, genauso wie mein Gegenüber; starrte auf den etwas verkümmert aussehenden, nur leicht versteiften Penis, starrte in die Augen der Halbfrau – und war ganz kurz davor, ihr/ihm eine zu scheuern. Dieses Luder. Dieser Scheißkerl. Ein Fake war es also. Und es lag bewegungslos und schweigend auf meinem Bett. Ich fühlte mich verarscht und hinters Licht geführt. Allerdings schlug ich nicht zu, worüber ich heute sehr froh bin, sondern rollte ihr/ihm den Slip gänzlich von den Beinen, nahm ihn, ebenso ihre/seine restlichen Kleidungsstücke, ging zum Fenster und schleuderte alles in hohem Bogen hinaus auf die Straße, sogar die Schuhe. Es lag immer noch regungslos auf meiner tags zuvor frisch bezogenen Matratze. Und dann sagte ich: »Verpiss dich!«, packte ihn, es, sie am Nacken und ich schmiss den armen, splitterfasernackten Zwitter-Menschen aus meiner Wohnung. Er ließ es mit sich geschehen, ohne Gegenwehr, ohne Protest. Er sagte bis zum Schluss kein Wort. Danach rauchte ich noch einen Joint und ging schlafen.
Und ich habe Igor von meiner verrücktesten Drogenerfahrung erzählt. In welchem Jahr war das eigentlich? Keine Ahnung. Ich muss so um die neunundzwanzig gewesen sein. Vielleicht auch etwas jünger. Es war ein LSD-Trip. Der erste (und letzte) meines Lebens. Ein Freund hatte das Zeug besorgt, und an einem schwülen Sommerabend legten wir es uns auf die Zunge und spülten es mit ein paar Schluck Bier hinunter. Zuerst merkten wir gar nichts.
»So ein Mist«, sagte Frank, mein Freund, »das Geld hätten wir uns sparen können.«
Ich war auch enttäuscht – und während wir noch überlegten, wie wir den Abend nun ohne Drogenerlebnis gestalten sollten, ging es plötzlich los. Und wie es losging! Wir saßen noch ein paar Minuten auf Franks Balkon, aber dann hielten wir es dort nicht mehr aus. Durch unsere Adern floss Starkstrom, wir schlugen uns auf die Schultern, sagten immerzu: »Das ist ja irre!«, und gingen raus auf die Straße.
Und was kam mir da entgegen? Bestimmt ein Dutzend Parkuhren. Sie trippelten über den Bürgersteig und hatten freundlich lächelnde Gesichter. Frank sah sie nicht, dafür erzählte er mir etwas von Soulmusik, die angeblich aus den Gullydeckeln wie aus Lautsprechern dröhnte. »Lass uns in eine Disco gehen«, schlug ich vor.
»Ja, sehr gerne«, meinte er, »wir können über diesen Regenbogen hier dorthin balancieren«, und zeigte dabei auf den Fahrradweg. Ich sah keinen Regenbogen auf dem Weg, dafür schienen meine Hände zu schrumpfen, und es wuchsen lange schwarze Haare aus den Fingernägeln, was ich so lustig fand, dass ich mich vor Lachen hätte kugeln können.
Meine Erinnerungen an den weiteren Verlauf des Abends sind diffus. Ich könnte sie auch einen surrealen Brei nennen.
Die Musik in der Disco: Ich war ein kleiner Vogel und flog mit den Melodien kreuz und quer durch den Raum. Das bunte Licht dort: Wie warme Flüssigkeit auf meiner Haut kam es mir vor – und ich wunderte mich, dass meine Kleidung nicht nass wurde.
Die tanzenden Menschen: Sie waren ein Körper, nein, ein Organ, ja, ein Herz, ein großes, schlagendes Herz, das rhythmisch und lustvoll zum Takt der Musik pulsierte. Frank erzählte mir von miteinander diskutierenden Klobürsten in der Toilette. Ich verwandelte mich ständig: war ein Fisch, der Tequila trank; ein Miniaturmensch, vielleicht zwei Zentimeter groß, dem es extremen Spaß bereitete, auf der Tanzfläche den wild durcheinanderstampfenden Schuhen auszuweichen; und ich war ein Zeitlupenmann (so empfand ich meine Bewegungen), der seinen Gehörsinn verloren hatte, ihn aber keineswegs vermisste.
Erst am frühen Morgen verließen wir die Diskothek wieder. Frank ging nach Hause. Ich ging nach Hause. Die
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