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Der Tag an dem die Sonne verschwand

Titel: Der Tag an dem die Sonne verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Domian
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Todesangst. Finn in manchen Momenten auch.
    Aber warum fürchten wir uns, wenn es hell zu werden scheint?
     
    Gerade geht mir durch den Kopf: Vielleicht endet alles so, wie es begonnen hat – mit einem heftigen Gewitter, mit Sturm und Niederschlägen. Vielleicht bricht in den nächsten Stunden ein gewaltiges Unwetter los. Finn hält das für Blödsinn. Und ich auch, wenn ich es recht überlege. Aber, wer weiß …
     
    Was würden wir tun, wenn es wieder heller würde? Vielleicht sogar richtig hell, wie früher? Nicht auszudenken! Das wäre ein Fest! Wir würden einen neuen Gott erfinden und ihn ganz einfach Licht nennen. Wir würden ihm huldigen. Für ihn tanzen, singen, opfern. Licht wäre ein guter Gott. Licht wäre das Größte überhaupt.
    Licht unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Amen.
    Käme mit dem Licht auch die Wärme? Käme mit der Wärme die Normalität wieder? Würden vielleicht sogar die Menschen zurückkehren, wo auch immer sie gewesen sein mögen.
    Ach, welch einen Unsinn ich denke! Aber ist denn nicht alles möglich?
    Ich will das Schreiben für heute beenden.
    Finn ist genauso durcheinander wie ich – und es ist nicht nett, ihn alleine zu lassen. Und ich lasse ihn alleine, wenn ich hier schreibe. Zumindest jetzt! Sonst macht es ihm ja nichts aus.
     
    20.15 Uhr. Immer noch der 24. März. Jetzt liegt der Beweis vor! Der Himmel verändert sich! Definitiv! Denn seit gut einer halben Stunde ist es draußen wieder so stockfinster, wie es seit dem 17. Juli bis heute Morgen war. Wir können den Unterschied nun ganz klar erkennen. Es gibt keinen Zweifel mehr. Aber jetzt ist die große Frage: Wird sich das Schauspiel morgen wiederholen? Wenn ja, welchen Helligkeitsgrad hat der Himmel dann? Stellt sich vielleicht wirklich wieder ein Tag-Nacht-Rhythmus ein? Oder …
     
    Finn hat sich heute im Lauf des Tages wieder gefangen. Mir ist das nicht so gut gelungen. Aber ich bemühe mich sehr um Disziplin. Alles, was es zu reden und zu spekulieren gibt, ist ausgesprochen. Uns bleibt tatsächlich nichts übrig, als abzuwarten und dabei mit allem zu rechnen.
     
    Vorhin habe ich mir ausgemalt, wie ich mich fühlen würde, wenn ich jetzt alleine und ohne Finn wäre. Die dabei aufkommenden Vorstellungen von alles erdrückender Angst und Panik helfen mir, mich am Riemen zu reißen.
    Wir haben ja einander – und alles andere ist egal.
    Der nächste Morgen, 25. März, 9.00 Uhr. Während ich hier schreibe, rede ich gleichzeitig mit Finn. Er sitzt neben mir. Wir sind fassungslos! Vorhin, so gegen sieben Uhr, verwandelte sich der Himmel binnen Kürze wieder! Und wurde erneut ein wenig heller!
    Zunächst sah alles so aus wie gestern. Aber dann, vielleicht nach weiteren zehn Minuten, kam noch eine Nuance Helligkeit dazu. Und so ist es geblieben – bis jetzt. Wobei es draußen nach wie vor sehr düster ist, aber eben deutlich heller, als wir es seit vielen Monaten kennen.
     
    Wir sind aufgeregt. Wahnsinnig aufgeregt. Haben aber weniger Angst als gestern. Den Lichtschimmer am Himmel empfinden wir heute wie einen Hoffnungsschimmer für unser Leben. Ist das jetzt schon ein leichter Tag-Nacht-Rhythmus? Wir bremsen uns gegenseitig, wenn wir allzu sehr ins Träumen geraten. Was alles könnte mit der Rückkehr der Sonne verbunden sein! Ich will unsere Mutmaßungen und Überlegungen, soweit wir sie überhaupt ausgesprochen haben, gar nicht aufschreiben. Oder doch, vielleicht einige:
     
    Sich das Gesicht von der Sonne bescheinen zu lassen, wäre ein so großes Glück!
    Und würde der Schnee schmelzen, könnten wir mit einem Auto weite Ausflüge machen, die Stadt sogar für immer verlassen und ganz woanders leben. Im Süden vielleicht, am Meer. Wie schön es wäre, Boot zu fahren oder gar in der See zu baden! Womöglich sind die Meeresfische nicht von der Welt verschwunden, dann hätten wir genug zu essen. Und wir könnten am Strand liegen und uns einen wunderbaren Sonnenbrand holen …
     
    Da draußen im Moment nichts weiter passiert, werden wir erst einmal frühstücken. Die Aufregung hat uns bisher daran gehindert. Heute soll es ein besonderes Frühstück geben, da heute ein besonderer Tag ist. Finn schlägt Sekt, Lachs, kleine Bratwürstchen und Obstsalat vor. Ich bin einverstanden.
    Die Temperatur ist übrigens immer noch unverändert: minus

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