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Der Tag an dem ich cool wurde

Der Tag an dem ich cool wurde

Titel: Der Tag an dem ich cool wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juma Kliebenstein
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herausgefunden, an welcher Stelle der Zaun, der das Freibad eingrenzte, am dichtesten mit Kletterpflanzen bewachsen war, sodass man leicht darüberklettern konnte.
    Wir hatten einen genauen Plan aufgestellt, wie alles laufen sollte.
    Karli wollte gegen sechs Uhr abends zu mir kommen und mit Papa, Opa und mir zu Abend essen. Danach würden wir in mein Zimmer gehen und Musik hören. Wenn Papa kommen würde, um uns ins Bett zu schicken, wollten wir ein wenig herummurren und noch nicht gleich das Licht ausmachen. »Keinen Verdacht erregen«, sagte Karli.
    »Bevor er Lunte riecht und misstrauisch wird«, sagte ich. Wir beschlossen allerdings, gar nicht erst einzuschlafen. Um Viertel vor elf mussten wir nämlich schon los. Wir wollten ein paar zusammengerollte T-Shirts und Hosen unter die Bettdecken legen, damit es aussah, als würden wir darunterliegen, falls Papa doch noch einmal hereinschauen würde. Man weiß ja nie, auf welche Ideen Eltern so kommen.
    Papa hatte aber sowieso anderes im Kopf. Opa hatte ihm nämlich für Montag einen Termin bei einem Hautarzt besorgt, wegen des Rosi-Tattoos. Seitdem schlurfte Papa die ganze Zeit schon mit bedrücktem Gesicht umher. Er ist nämlich der größte Angsthase der Welt, wenn es um Ärzte geht.
    »Der stellt sich an wie ein kleines Kind«, sagte ich zu Karli, als wir uns gemütlich hingelegt hatten, ich in mein Bett und Karli auf die etwas mitgenommene Gästeliege, die in unserer Garage jahrelang nutzlos herumgestanden hatte.
    »Hätte ich gar nicht gedacht«, sagte Karli. »So groß und stark, wie er ist.«
    »Du hast keine Ahnung«, sagte ich und erzählte ihm von Papas letztem Arztbesuch vor ein paar Monaten.
    Er hatte sich beim Nagel-in-die-Wand-Schlagen auf den Daumen gehauen und Mama musste ihn zum Arzt fahren. Er hat nämlich rumgejammert, dass der Nagel schwarz wird und abfällt, wenn man nicht sofort ein kleines Loch hineinbohrt, durch das dann das Blut abfließen kann. Das wollte er aber nicht selbst tun, weil er Angst davor hatte. Als dann der Arzt ein Löchlein hineinbohren wollte, hat Papa ein Wehklagen angestimmt, dass er vorher eine Spritze will, und als er dann die Spritze bekommen sollte, wollte er vorher ein Eisspray. Da hat die Arzthelferin Papa über ihre Brille hinweg streng angeguckt und gesagt, das gibt es nur für Kinder und Papa ist keines mehr, auch wenn er sich große Mühe gibt, sich wie eines zu benehmen.
    »Ich bin mal gespannt, wie er sich am Montag anstellt«, sagte ich. »Opa und ich haben um fünf Euro gewettet.«
    »Wer sagt was?«, fragte Karli.
    »Na, ich wette, dass Papa sich nie im Leben am Montag schon am Tattoo herumlasern lässt! Opa sagt, er glaubt zwar auch nicht, dass Papa das vorhat, aber er will ihn unbedingt dazu kriegen, weil Papa ungenießbar ist, seit Mama weg ist.«
    Ich erzählte Karli, wie Opa seit Tagen hinter Papa herlief und auf ihn einredete. Gestern hatte ich ihn sogar dabei erwischt, wie er ein Foto von Mama auf den Badezimmerspiegel klebte, vor dem sich Papa immer rasiert.
    »Der soll ruhig Sehnsucht nach seiner Susanne kriegen«, hat Opa gesagt und zufrieden sein Werk betrachtet. »Ich werde es schon noch schaffen, aus meinem Sohn einen mutigen Kerl zu machen. Ich versuche es seit sechsunddreißig Jahren, irgendwann wird es doch mal funktionieren!«
    »Na, da bin ich ja gespannt«, sagte Karli.
    Dann unterhielten wir uns noch über die FabFive und darüber, wie blöd wir sie fanden, bis Karlis Armbanduhr piepste. Wir hatten die Weckfunktion eingestellt, um nur ja nicht den richtigen Zeitpunkt für unsere Aktion zu verpassen.
    Wir formten also unsere Bettdecken zurecht und steckten zwei Plastiktüten ein, in die wir später die Klamotten der Fabs stopfen wollten. Dann nahm ich noch zwei Taschenlampen aus der Schublade und gab eine davon Karli.
    Ich öffnete die Tür zum Flur.
    Alles war dunkel. Aus Papas Schlafzimmer hörte man leises Schnarchen.
    Ich nickte Karli zu. »Alles klar«, flüsterte ich. »Er schläft.« Wir schlichen uns, so leise wir konnten, die Treppe hinunter und am Wohnzimmer vorbei, denn weil Oma zur Kur war, schlief Opa bei uns.
    Zum Glück wachte er nicht auf, als die Dielen laut knarzten. Die Straßen waren dunkel und still. Wir wohnen in einem ruhigen Wohngebiet, da sind um diese Uhrzeit selbst an einem Samstagabend nur ganz wenige Leute unterwegs.
    Wir hielten uns aber sicherheitshalber doch außerhalb des Lichtkegels der Straßenlaternen, falls irgendjemand gerade seinen Hund Gassi führte und

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