Der Tag an dem ich erwachte
Reisetasche widmete. Der alte Mann bekam von mir ebenfalls eine Ersatzhose und einen warmen Pullover mit. Auf die Reise, die seine letzte werden sollte, so wahr Gott mir helfe. Oder sein weniger beliebter Kollege, der sich mit Sicherheit auf Gregs Ankunft in seinem Reich bereits freute. Ich kicherte gehässig, während ich das Abendessen zubereitete. Avocado-Birnen-Salat mit gerösteten Pinienkernen und Balsamico Dressing als Vorspeise, kross gegrillte Lammrippchen mit jungen Rosmarinkartoffeln und glasierten Möhren als Hauptspeise, und als Nachspeise warme Schoko Brownies mit Limoncello Sahne. Nach Tante Grace’ s Originalrezept. Alles, was der alte Mann besonders gern aß. In letzter Zeit hatte er sich ziemlich gehen lassen, er ließ sich genüsslich von meinen Kochkünsten verwöhnen, ohne einen einzigen Gedanken an ihre Auswirkungen zu verschwenden. Mittlerweile hatte er einen dicken Bauch, hängende Backen und ein Doppelkinn. Trotzdem war er felsenfest davon überzeugt, dass ich, seine Galatea, ihn nach wie vor für den schönsten und den mächtigsten Mann auf der ganzen Welt hielt. Größenwahnsinn wird groß geschrieben, dachte ich amüsiert, während ich den Teig für die Brownies rührte. Nachdem ich ihn in die kleinen, herzförmigen Keramikschälchen abfüllte und diese in den Backoffen schob, mixte ich mir einen starken Drink, den ich beinahe in einem Schluck austrank. Und dann einen zweiten. Der alte Mann schlief immer noch. Unsere Bettaktivitäten schienen ihm einiges abzuverlangen, trotz der Pillen, die er schluckte, um diese bewältigen zu können. Plötzlich hegte ich die leise Hoffnung, dass er sich womöglich etwas zu viel von Beidem gegönnt hatte. Dass sein altes Herz es nicht überstanden hatte. Vielleicht schlief er nicht mehr, sondern schlief für immer? Dieser Gedanke war so schön, dass ich mir prompt einen dritten Drink eingoss. Ich sah auf die Uhr. In einer halben Stunde waren die Brownies fertig. Sollte er bis dahin immer noch nicht aufgewacht sein, würde ich Robert anrufen. Wir würden gemeinsam Gregs Leiche zudecken, mein Hab und Gut in die Koffer packen (nur das Wichtigste!) und zum Flughafen fahren. Schnurstracks. Karibik, ich komme!
„Gail! Verdammt, wo steckst du?“ Seine Stimme verdarb mir meinen schönen Traum und brachte mich in die gruselige Realität zurück.
„Hier, Liebling!“, bemühte ich mich um eine beiläufig klingelnde Stimme. Zärtlich und liebevoll, so wie er es von seiner beschissenen Galatea gewohnt war. „Komm her, Greg, ich habe dir dein Lieblingsessen gekocht!“, schnurrte ich wie ein zahmes Kätzchen. Schließlich kam er in die Küche und schnupperte gierig an dem appetitlichen Dampf, der aus dem Backofen emporstieg.
„ Mmmhhh! Rieche ich da etwa frischgebackene Brownies?“, fragte er lächelnd. Dann erblickte er erfreut die Schalle mit der Limoncello Sahne und wollte seinen Finger hineinstecken, bevor ich streng darauf klopfte.
„Es wird nicht geschleckt, Greg!“, sagte ich empört. „Süßes gibt es erst nach dem Hauptgang.“
„Ist ja gut, Liebling“, hob er seine Arme abwehrend hoch und lächelte mich liebevoll an: „Mein süßes Mädchen. Mein Süßestes. Mein ein und alles. Endlich bist du wieder da! Endlich bist du wieder du selbst… Ich habe dich so vermisst!“
Ich warf mich demütig in seine Arme und schluchzte glücklich: „Ich habe mich auch vermisst, Greg! Endlich bin ich wieder ich selbst. Was war nur mit mir los? Wie konnte ich nur so gemein und niederträchtig sein? So würdelos, so undankbar?“
Er wiegte mich tröstend in seiner Umarmung. „Es war nicht deine Schuld, Liebes!“, beteuerte er eindringlich, „ich hätte dich nicht allein lassen dürfen. Robert Harrington, dieser widerliche Bastard, hat deine Hilflosigkeit und deine süße Naivität schamlos ausgenutzt. Morgen werden wir ihn gemeinsam dafür bestrafen. Und dann wird dieser schlimme Alptraum endlich vorbei sein, Gail, mein Herz!“
Oh ja, Greg, dachte ich, wenn du nur wüsstest, wie recht du hast….
„Setz dich, Greg“, verlangte ich streng, „sonst wird das Essen noch kalt! Ich habe dafür stundenlang in der Küche geschuftet, während du geschlafen hast.“ Er tat wie ihm geheißen und himmelte mich an. Beobachtete jede meiner Bewegungen, als ich ihm das Essen servierte.
„Graziös wie eine Königin!“, bewunderte er mich, während er sich die Vorspeise schmecken ließ. Danach entkorkte er eine Flasche Rotwein und goss uns zwei volle Gläser
Weitere Kostenlose Bücher