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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Floyd schüttelte abweh­ rend den Kopf.
     »Du hast’s eilig, Johnny. Keine Zeit für lange Abschiedssze­ nen. «
     »Wie du meinst, Doc.« Dillinger streckte ihm die Hand hin.
     »Ich wollte dir noch sagen, daß ich deinen Rat befolge«, fügte Doc hinzu. »Ich fahre mit Geld in der Tasche nach Florida Keys – und das hab ich nur dir zu verdanken.« Er stieg aus, schloß die Beifahrertür und sprach durchs heruntergekurbelte Fenster. »Im Süden können meine alten Knochen noch ein bißchen Wärme tanken, bevor ich sterbe – und auch das hab ich nur dir zu verdanken, Johnny.«
     Dillinger lächelte. »Alles Gute, Doc.«
     Er fuhr durch den Regen davon, und der Alte blieb unbeweg­
    lich stehen, bis das gleichmäßige Brummen des Chevroletmo­ tors in der Ferne verklungen war. Dann überquerte er den schlammigen Hof und öffnete das Scheunentor. In der Scheune stand ein uralter Ford-Kleinlaster. Doc warf den Motor mit der Handkurbel an, fuhr den Wagen an die Veranda und ver­ schwand im Haus.
     Als er wieder zum Vorschein kam, trug er einen Koffer und die Aktentasche, sonst nichts. Doc legte beides auf den Beifah­ rersitz und stieg erneut die Verandastufen hinauf. Der alte Jagdhund folgte ihm unruhig winselnd. Im Haus war es toten­ still; das einzige Geräusch war das gleichmäßige Rauschen des Regens auf dem Dach.
     »Still, Sam«, sagte Doc halblaut. »Wir fahren gleich.«
     Er holte seine Pfeife aus der Jackentasche und stopfte sie methodisch aus seinem abgewetzten Tabaksbeutel. Dann griff er nach dem Silberrahmen mit dem Foto seiner Frau und steckte ihn ein.
     Doc riß ein Streichholz an der Innenseite seines linken Schuhs an, setzte damit den Tabak in der Pfeife in Brand, nahm den Glaszylinder der Petroleumlampe auf dem Tisch ab und berührte den Docht mit der Flamme. Als der Docht brannte, legte Doc die Lampe behutsam seitlich auf den Tisch. Sie rollte zum Rand, wobei Petroleum ausfloß, das sofort in Brand geriet, so daß lange Flammenzungen vom Fußboden aus nach Tisch und Tischdecke griffen.
     »Verflixt noch mal, Sam«, sagte Doc zu seinem Hund, »jetzt brennt’s auch noch! Komm, wir verschwinden lieber. «
     Er verließ das Haus, ging die wenigen Stufen hinunter und hielt die rechte Tür des kleinen Lastwagens auf, damit der alte Jagdhund auf der Beifahrerseite einsteigen konnte. Dann ging er nach vorn, betätigte die Handkurbel, setzte sich ans Steuer und legte den ersten Gang ein. Als er anfuhr, begann er leise zu singen.
     Hinter ihm brachen Flammen aus dem Schindeldach, und dunkle Rauchschwaden wälzten sich träge mit dem leichten Wind nach Norden. Doc war so glücklich wie seit Jahren nicht mehr. Dann erinnerte er sich an den Mann, der hier nach Johnny gefahndet hatte: Matt Leach. Dieser Hundesohn hatte die gesamte Bundespolizei von Indiana zur Verfügung, nur um einen einzigen Mann zu fangen. Doc hoffte, daß Johnny die Staatsgrenze schon hinter sich hatte. Oder daß er sie sehr bald überfahren würde.

    In seinem Dienstzimmer in Washington ließ J. Edgar Hoover sieben ausgewachsene Männer vor seinem Schreibtisch stehen, als seien sie Laufburschen statt die Elite seiner FBI-Agenten. Hoover sprach ganz ruhig, aber die Männer, die ihn aus ge­ meinsamer Arbeit kannten, wußten, daß er stinkwütend war.
     »Er hat mich angerufen«, sagte Hoover.
     Das wußten sie natürlich bereits. Diese Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer durchs FBI verbreitet.
     »Er hat mich mit R-Gespräch angerufen und aufgefordert, dem Präsidenten auszurichten, er solle keine weiteren Banken
    mehr schließen.«
     Die vor seinem Schreibtisch stehenden Männer bemühten sich um ausdruckslose Mienen, weil sie wußten, wie Hoover explodieren würde, wenn sie auch nur ein Lächeln riskierten.
     »Er hat mehr Schlagzeilen als ein Filmstar gemacht. Ich will nicht, daß unsere Jugend mit dem Gefühl aufwächst, diesem Mann nacheifern zu sollen. Kapiert?«
     Alle sieben nickten pflichtbewußt.
     »Die Polizei auf dem Lande ist unfähig, ihn zu fassen, und wenn sie mal Glück hat, bricht er prompt wieder aus. Ich will, daß Dillinger vom FBI geschnappt wird. Tot oder lebendig!«
     Der Mann, der neben Purvis aus Chicago stand, erkundigte sich: »Wie hätten Sie’s denn gern?«
     Hoover lachte, deshalb hielten sie es für unschädlich, eben­ falls zu lachen.
     Der FBI-Direktor stand hinter seinem Schreibtisch auf. »Ich habe mir folgenden Plan zurechtgelegt …«

    3

    In Texas hatte er das weiße

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