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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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neben sich hatte, wartete, bis er den Chevrolet auf den Hof fahren konnte. Er hatte nicht die Absicht, den Wagen auf der Straße zu lassen.
     Nachdem er den Motor abgestellt hatte, streckte Hernandez die linke Hand aus, um sich die Schlüssel geben zu lassen.
     Dillinger machte sich daran, den Kofferraumschlüssel vom Schlüsselring mit dem Zündschlüssel zu lösen.
     »Beide Schlüssel, Señor Jordan«, sagte Hernandez, »wenn Sie so liebenswürdig sein wollen.«
     Dillinger hielt es für besser, keine Szene wegen des Koffer­ raumschlüssels zu machen. Angesichts des Inhalts des Koffer­ raums war es ohnehin besser, die Polizei nicht eigens auf ihn aufmerksam zu machen.
     Auf dem Polizeirevier wurde Dillinger angewiesen, auf einer Holzbank in dem weißgetünchten Korridor Platz zu nehmen, wo der riesige Indio ihn bewachte. Durchs offene Fenster drangen die gebrüllten Befehle des Kavalleriewachtmeisters herein. Falls er hier ausbrechen mußte, hatte er nicht die Absicht, das Kabriolett zurückzulassen, was wiederum bedeu­ tete, daß er eine Möglichkeit finden mußte, es aus dem Innen­ hof herauszubekommen. Er würde sich seine Schlüssel zurückholen oder die Zündung kurzschließen. Der Kofferraum würde allerdings nicht so leicht zu knacken sein. Dillinger bedauerte schon, daß er den Wagen nicht auf der Straße gelas­ sen und keinen zweiten Satz Schlüssel unter der Stoßstange versteckt hatte.
     Er stand auf, um sich davon zu überzeugen, daß niemand sich an seinem Kabriolett zu schaffen machte, aber der Indio legte ihm eine schwere Hand auf die Schulter und drückte ihn auf die Bank zurück.
     »Das lass’ ich mir von keinem gefallen!« sagte Dillinger drohend. Aber der Indio verstand kein Englisch. »Dir wird’s noch leid tun, daß du geboren bist!«
     Schließlich hörte er Stimmengemurmel am Ende des Korri­ dors, und Hernandez bedeutete ihm mitzukommen. Sie gingen an vielen Türen vorbei – Hernandez voraus, der Indio hinter Dillinger her –, bis sie zu einer kamen, die offenstand, als würden sie erwartet. Als der Sergeant eine einladende Hand­ bewegung machte, trat Dillinger ein.
     Das Dienstzimmer war mit einem Schreibtisch, zwei Stühlen und einer Binsenmatte auf dem Fußboden nur spärlich mö­ bliert. Der einzige Luxus war ein uralter Deckenventilator, der sich lustlos drehte.
     Der Mann hinter dem Schreibtisch trug eine zerknitterte Kha­ kiuniform. Er war Anfang Vierzig, hatte eine Stirnglatze und trug ein Menjoubärtchen. Als er lächelte, blitzten Dillinger zwei Dutzend Goldkronen an.
     »Ich bin Fidel Santos, der Polizeichef«, sagte er auf englisch. »Nehmen Sie bitte Platz, Señor Jordan.«
     Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen Dillingers Geldbörse und der gefälschte Reisepaß.
     »Worum geht’s hier eigentlich?« fragte Dillinger.
     »Wie fast immer im Leben ums liebe Geld, Señor.« Der Poli­
    zeichef nickte Hernandez zu, der einen schwarzen Handkoffer auf den Schreibtisch stellte und den Deckel zurückklappte, so daß die Banknotenbündel mit ihren Banderolen sichtbar wur­ den. »Um etwas über vierzehntausend Dollar, um es genau zu sagen. Wir haben sie im Kofferraum Ihres Wagens gefunden.«
     Schweinehunde! dachte Dillinger.
     »Womit haben Sie dieses Geld verdient, Señor?«
     »Mein Vater ist vor einem Vierteljahr gestorben und hat mir eine kleine Farm in Kansas hinterlassen, die ich verkauft habe.«
     Hernandez stand am Fenster und machte sich die Nägel mit einem Klappmesser sauber. Jetzt ließ er das Messer sinken und sah zu dem Amerikaner hinüber. Dillinger spürte die Gegen­ wart des Indios hinter seinem Stuhl und hörte den Deckenven­ tilator in der Stille leise knarren.
     »Wissen Sie, daß auf nach Mexiko eingeführte Devisen eine Einfuhrabgabe zu entrichten ist?« fragte Santos.
     »Nein, das hab ich nicht gewußt.«
     »Merkwürdig. Wie aus Ihrem Paß hervorgeht, sind Sie über
    Solernas eingereist. Eigentlich hätten die dortigen Zollbeamten Sie darauf aufmerksam machen müssen, als Sie das Geld bei der Einreise deklarierten.«
     Nun folgte eine weitere kurze Pause. Hernandez war mit seinen Nägeln fertig, ließ das Messer zuschnappen und steckte es ein. Draußen ertönte ein Hornsignal, und die Kavallerie rückte aus dem Hof ab.
     Die Mexikaner schienen darauf zu warten, daß Dillinger die Initiative ergriff. »Niemand bedauert dieses kleine Mißver­ ständnis mehr als ich«, sagte er deshalb. »Ich bin gern bereit, bei der

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