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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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fünf Minuten verdiente, indem er über einen Banktresen flankte und den Kassenbestand einsackte.
     »En-e-i-en«, buchstabierte Dillinger. »Das heißt nein. Aber möchten Sie nicht für mich arbeiten, solange ich in Mexiko bin? Ich könnte einen zuverlässigen Führer brauchen. Ich zahle Ihnen tausend Dollar im Monat. Na, wie finden Sie das?«
     Riveras dunkle Augen blitzten wütend. Die gezackte weiße Narbe, die seine linke Backe teilte und auf die Dillinger bisher nicht geachtet hatte, hob sich jetzt deutlich von seiner braunen Haut ab. Rivera zog einen langen Zigarillo aus der Brusttasche seiner Jacke und zündete ihn an. Als er den Kopf wieder hob, hatte er seine Selbstbeherrschung zurückgewonnen.
     »Ich weiß, daß Sie mich nicht beleidigen wollten, Señor. Sie kennen die hiesigen Sitten nicht.« Er zog bedächtig an seinem Zigarillo. »Im allgemeinen bekomme ich, was ich will, Señor Jordan. Eine mexikanische Redensart lautet: ›Man muß bereit sein, für seine früheren Sünden zu zahlen.‹ Wenn Sie mich nach Hermosa begleiten, zahle ich Ihnen das Doppelte des Gehalts, das der andere Amerikaner bekommen hat. Das ist mein letztes Angebot.«
     »Vielen Dank, aber ich möchte es trotzdem ablehnen«, ant­ wortete Dillinger freundlich. »Ich bin eigentlich auf einer Art Urlaubsreise.«
     Er merkte, daß sein Hemd schweißnaß war, griff nach dem Wasserkrug, um sich ein Glas vollzuschenken, und erinnerte sich dann an Riveras Warnung.
     »Ist das Ihr letztes Wort?« fragte Rivera gelassen.
     »Ja. Tut mir leid, daß wir nicht miteinander ins Geschäft kommen können.«
     Rivera ging zur Tür und öffnete sie. »Mir auch, Señor Jordan, mir auch.«
     Er schloß die Tür hinter sich, ging die breite Holztreppe in die Hotelhalle hinunter und trat auf die Straße. Dort saß der Alte, der das weiße Kabriolett zu bewachen hatte, mit einer kleinen Flasche Tequila in der Hand auf einer Bank. Er hatte also
    schon einen Teil des Geldes ausgegeben.
     »Hallo, Sie sind’s also doch, Fallon! Ihnen geht’s in letzter Zeit wohl nicht besonders?«
     Der Amerikaner warf ihm einen mißmutigen Blick zu. »Da fragen Sie noch, Mr. Rivera?«
     »Sie haben eine Lektion gebraucht, mein Freund«, behauptete Rivera, »aber davon wollen wir nicht mehr reden. Sie können jederzeit zurückkommen und bei mir in Hermosa arbeiten.«
     »Das ist keine Arbeit, Mr. Rivera. Das ist Sklaverei!«
     »Gut, wie Sie wollen. Wer ist dieser Señor Jordan?«
     »Jordan?« Der Alte starrte ihn ausdruckslos an. »Ich kenne keinen Jordan.«
     »Ich meine den Mann, mit dem Sie gesprochen haben. Dem das Kabriolett gehört. Wer ist er? Was treibt er?«
     »Von mir erfahren Sie nichts«, wehrte Fallon ab.
     Rivera zuckte mit den Schultern und ging über die Hotelter­
    rasse davon. Am letzten Tisch saßen zwei Männer, die eine Flasche Wein zwischen sich stehen hatten und frijoles aßen. Der eine war ein riesiger, unmäßig dicker Indio mit breitem, etwas dümmlichem Gesicht und massiven Fettwülsten, die seine Jacke zu sprengen drohten. Der andere, ein kleiner, drahtiger Pockennarbiger in Khakiuniform, stand hastig auf und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Don José …«
     »Ah, mein guter Freund Sergeant Hernandez.« Rivera drehte sich um und sah zu Fallon hinüber. »Glauben Sie, daß es Ihnen möglich wäre, mir einen großen Gefallen zu tun?«
     Hernandez nickte eifrig. »Stets zu Ihren Diensten, Señor.«

    Zwanzig Minuten später kam Fallon japsend zu Bewußtsein, als jemand ihm einen Kübel Wasser über den Kopf goß. Seine linke Gesichtshälfte schmerzte vom Auge bis zum Unterkiefer. Er lag auf dem Fußboden einer Gefängniszelle. Der riesige Indio, der vor ihm stand, mußte ihn geschlagen oder getreten haben. Fallons Rippen schmerzten nicht weniger als sein Gesicht. Auf der Pritsche saß Sergeant Hernandez. Fallon erkannte ihn sofort und erstarrte.
     »Was soll das? Warum halten Sie mich hier fest?«
     »Sie sind ein dummer Mann«, erklärte Hernandez ihm.
     »Ich bin Amerikaner«, stellte Fallon fest. »Sie haben kein Recht, mich hier einzusperren.«
     »Warum gehen Sie nicht in die Staaten zurück, wenn’s Ihnen bei uns nicht gefällt? Soll ich Sie zur Grenze begleiten und Ihren federalistas übergeben?«
     Fallon schüttelte den Kopf.
     »Sie sind hier, weil Sie dort drüben fünfzehn Jahre hinter Gitter müßten, nicht wahr?«
     Der riesige Indio trat einen Schritt auf den Liegenden zu, der dadurch

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