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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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schlimm ist? Warum haust du nicht ab, sobald sie dich hier rauslassen?«
     Fallon zuckte mit den Schultern. »Ich hab keinen Centavo mehr als das Wechselgeld von den fünf Dollar, die Sie mir geschenkt haben. Ein Gringo ohne Geld im Stiefel ist hierzu­ lande …« Er zuckte erneut mit den Schultern.
     Die Tür wurde geöffnet, und Hernandez streckte den Kopf herein. »Kommen Sie bitte mit, Señor Jordan!«
     Dillinger schlängelte sich zwischen den Mexikanern durch und folgte Hernandez. Sie stiegen die Steintreppe hinauf, gingen den weißgetünchten Korridor entlang und blieben vor dem Dienstzimmer des Polizeichefs stehen. Hernandez klopfte an und machte Dillinger ein Zeichen, er solle eintreten.
     In dem Raum duftete es nach guten Zigarren. Santos hatte eine aromatische Havanna zwischen den Zähnen. Er nahm die Zigarre aus dem Mund, um ihn freundlich grinsend zu begrü­ ßen. »Ah, Señor Jordan! Nehmen Sie doch Platz! Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß Ihre Probleme sich erledigt haben.«
     Dillinger nahm ihn kaum wahr. Er hatte nur Augen für Don José Manuel de Rivera, der am Fenster stand und sich lächelnd nach ihm umdrehte. »So sehen wir uns also wieder, Señor Jordan.«
     »Sieht so aus.«
     »Ich freue mich, daß Don José Ihnen eine Stellung anzubieten hat«, fuhr Santos grinsend fort. »Er hat sich bereit erklärt, den Rest Ihrer Geldstrafe aus seiner eigenen Tasche zu bezahlen.«
     »Ich bin sofort hergekommen, als im Hotel bekannt wurde, daß Sie verhaftet worden waren«, sagte Rivera.
     »Danke, wirklich sehr freundlich von Ihnen.«
     »Nachdem ich mit Señor Santos über Ihren Fall gesprochen habe, vermute ich, daß Sie mein ursprüngliches Stellenangebot jetzt in etwas anderem Licht sehen werden.«
     »Ganz recht.«
     »Sie sind also bereit, mich mit dem Abendzug nach Hermosa zu begleiten?«
     »Was wird aus meinem Wagen?«
     Rivera wandte sich an Santos. »Das Auto ist sein Stolz.«
     »Mexiko«, sagte der Polizeichef, »hat ein großzügiges Herz. Señor Jordan bekommt sein schönes weißes Kabriolett zurück – ohne das Waffenarsenal, versteht sich.«
     Rivera nahm den gefälschten Reisepaß vom Schreibtisch. »Ich sorge dafür, daß Señor Jordan ihn zu einem geeigneteren Zeitpunkt zurückerhält.«
     »Selbstverständlich, Don José. Was das beschlagnahmte Geld betrifft, muß das Gesetz jedoch seinen Lauf nehmen, so leid mir das tut. Unter den gegenwärtigen Umständen und da Señor Jordan sozusagen unter Ihrer Aufsicht steht, will ich allerdings nichts mehr von der Geldstrafe sagen.«
     »Wie kommt mein Wagen nach Hermosa, wenn ich mit Ihnen fahre?« fragte Dillinger.
     »Er wird wie mein Auto auf einem dafür reservierten Platt­ formwagen transportiert«, erklärte Rivera ihm. »Sie sind also bereit?«
     Ich bin bereit, mich davon zu überzeugen, ob Shanghai Rose wirklich so schön wie auf dem Bild ist, dachte John Dillinger. Wenn sie diesen Dreckskerl haßt, wie ich ihn hasse, müßten wir glänzend miteinander auskommen.

    5

    Dillinger amüsierte sich bei dem Gedanken daran, daß er diesmal zur Abwechslung selbst »einen kleinen Ausflug« machte. Obwohl er der Pennsylvania-Eisenbahn als Junge soviel Kohle gestohlen hatte, war er noch nie längere Strecken mit dem Zug gefahren. Nach einer Stunde Fahrtzeit kam er auf die verrückte Idee, sich in sein auf dem Plattformwagen festge­ zurrtes Kabriolett zu setzen und bis zur Ankunft hinter dem Steuer zu bleiben, weil er sich nur dort wohl fühlte.
     Trotzdem gefiel ihm die Zugfahrt recht gut. Er folgte dem Schaffner durch den schmalen Seitengang des Pullmanwagens und mußte sich alle paar Schritte festhalten, weil der Zug schwankte und schaukelte. Der Schaffner klopfte an eine Abteiltür, öffnete sie und trat zur Seite, um Dillinger eintreten zu lassen.
     Rivera hatte ein Zweibettabteil für sich allein. Auf einem Klapptisch am Fenster stand Geschirr mit Essensresten.
     »Schließen Sie die Tür, Jordan.«
     Er hatte offenbar die Absicht, ein Verhältnis wie zwischen Herr und Knecht herzustellen, und der Verzicht auf den Titel »Señor« war lediglich der erste Schritt. Dillinger blieb an den Türrahmen gelehnt stehen und zog eine Packung Artistas aus der Hemdtasche. Der Mexikaner schenkte sich einen Cognac ein, hielt das Glas prüfend ans Licht und kostete einen Schluck.
     »Ich bin also wieder Jordan?« fragte Dillinger.
     »Das dürfte für beide Seiten die vernünftigste Lösung sein. Ihre wahre

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