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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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Chrissi.
    „Willst du deinen Mann gleich mitbringen?“
    „Das würde der nicht wollen. Aber ich frag ihn, versprochen.“
    Als Claudia später in der S-Bahn saß, ging es ihr wieder besser. Egal, was das Schicksal noch für sie bereithielt: Fortan würde sie mit ihren Ängsten und Nöten nicht mehr allein dastehen. Das war ein tröstlicher Gedanke.
    Leos Junggesellenwohnung sah immer noch wie eine Müllhalde aus. Allerdings musste Claudia auch zugeben, dass es ihm derzeit nicht gut ging und dass er von daher außerstande war, solche profanen Arbeiten wie Essen kochen, Wäsche machen oder Staub wischen zu erledigen. Vor fünf Tagen war ihm eine Steißbeinfistel entfernt worden, und seit drei Tagen war er wieder zu Hause. So lange hielt Claudia es nun schon bei ihm aus. Allerdings nicht mit ihm, denn er jammerte unentwegt vor sich hin: Dies tat ihm weh, das konnte er nicht länger ertragen, jenes hielt er für eine Zumutung …
    Er war vorher noch nie richtig krank gewesen. Körperliche Gebrechen waren was für andere Leute, aber doch nicht für ihn. Wenn sein Hausarzt ihn wenigstens an einen Morphiumtropf gehängt hätte. Aber das tat der nicht. Er weigerte sich einfach. Also musste Leo jetzt damit leben, dass ihm seit der OP ein schnitzelgroßes Stück Fleisch in der Steißbeingegend fehlte und dass dieses Loch in den nächsten Monaten offen liegen bleiben sollte.
    Als wäre das nicht schon genug, schauten auch noch zweimal am Tag die Damen eines örtlichen Pflegedienstes bei ihm vorbei, um die Wunde mit Salzwasser auszuspülen und neu zu verbinden. Die eine kam um sechs Uhr morgens, die andere um sechs Uhr abends. Das war für Leo, der sonst immer bis zehn Uhr vormittags schlief, eine kaum zu wuppende Herausforderung. Denn wenn er zu den vorgegebenen Zeiten nicht gestiefelt und gespornt parat stand und sämtliche Verbandsmaterialien in der richtigen Reihenfolge zurechtgelegt hatte, bekam er nicht nur in seiner Wunde einen Einlauf. Die Damen konnten sehr energisch werden, wenn er nicht kooperierte.
    „Als Halbwüchsiger hatte ich immer diese Fantasie, dass sich eine Lernschwester über meinen Hintern beugt und … nun ja, gewisse Dinge mit ihm macht“, sagte er, als Claudia heute sein Schlafzimmer betrat und ihm eine Tasse Ingwer-Zitronen-Tee hinstellte.
    „Dann geht dein Traum jetzt in Erfüllung“, sagte sie und warf ihm einen bezeichnenden Blick zu.
    „Aber nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe“, sagte er. „Kannst du den blöden Kühen nicht sagen, dass sie meinen Allerwertesten etwas sanfter behandeln sollen? Auf mich hören sie ja nicht.“
    „Weil du kein braver Patient bist, sondern ein ungezogener Junge, der nie das tut, was man ihm sagt.“
    „Früher fandest du meine Ungezogenheit süß, und überhaupt: Wenn du mich versorgen könntest, würde es nur halb so wehtun. Willst du morgen wirklich schon wegfahren?“
    „Leo, ich muss arbeiten. Außerdem geht es René nicht gut.“
    „René geht es nie gut, und im Übrigen bin ich auch noch da.“
    „Ich hab umgeflaggt, schon vergessen? Ich bin nicht mehr deine Frau, sondern seine. Wenn du damals wenigstens ein bisschen um mich gekämpft hättest …“
    „Wärst du etwa bei mir geblieben, wenn ich es getan hätte?“
    „Nein.“
    „Na also. Und im Übrigen hast du mich verlassen und nicht umgekehrt.“
    „Ja, weil du zwar witzig und charmant bist, aber im Kern auch jaulig und egoistisch. Du weißt, wovon ich spreche.“
    „Fängst du schon wieder davon an!? Du schaffst es doch immer, die Geschichte so zu drehen, dass ich mich total mies fühle.“
    „Keine Sorge, Leo. Ich liebe dich trotzdem.“
    „Ich liebe dich auch, ma perle. Kannst du nicht doch hierbleiben, nur für ein paar Tage? Ich weiß gar nicht, wie ich das ohne dich auf die Reihe kriegen soll. Ich darf ja nicht mal sitzen. Kannst du mir mal verraten, wie ich mir die Socken anziehen soll?“
    „Die Damen bringen dir morgen einen Greifer mit, und so lange läufst du eben ohne herum.“
    „Claudia, bleib hier! Ich vermiss dich jetzt schon.“
    „Ach was. Du brauchst nur jemanden, der dir gut zuredet und deinen Abwasch macht.“
    „Im Augenblick brauch ich vor allem eine starke Schulter zum Anlehnen. Es fühlt sich so schrecklich an, dass du wieder wegfährst.“
    „Freu dich lieber, dass wir nicht bis aufs Blut zerstritten sind wie andere Paare nach der Scheidung. So, jetzt geh ich in die Küche und koch uns was Schönes. Hast du einen speziellen Wunsch?“
    „Ja.

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