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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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die Stirn zu fragen: „’nen Joint, Harald?“
    Der setzte sich neben ihn, zwirbelte ein bisschen an seiner Fliege herum und sagte schließlich: „Hmja.“
    Während René mit flinken Fingern eine zweite Tüte bastelte, erzählte er ihm von dem Horrortrip im Heißluftballon, den Claudia und er nur knapp überlebt hatten.
    „Wenigstens hab ich mal ein anderes Krankenhaus und eine andere Abteilung kennengelernt“, sagte er zum Schluss, packte die Utensilien weg und holte sein Feuerzeug heraus. Nachdem er Harald einen glühenden Glimmstängel gereicht und selbst ein paar tiefe Züge von seinem genommen hatte, wechselte er das Thema: „Wie lief es denn heute bei euch beiden?“
    „Deine Frau ist geblitzt worden“, sagte Harald.
    Alte Petze, dachte Claudia. So was wie dich haben wir früher auf dem Schulhof verprügelt und kopfüber in die Streugutbox gesteckt.
    „Schon wieder?“, fragte René, sichtlich erheitert und nicht im Mindesten überrascht.
    „Was soll das heißen?“
    „Claudi rast dauernd in irgendwelche Radarfallen. Du müsstest mal den Aktenordner mit ihren Bußgeldbescheiden sehen. Der wiegt bestimmt drei Kilo. Und erst der mit den Knöllchen …“
    „Pass bloß auf, dass du nicht zu oft zur Kasse gebeten wirst, sonst schick ich dich zum Fahreignungsseminar“, sagte Harald zu ihr. Dann fuhr er, an René gewandt, fort: „Ansonsten macht sie das aber toll. Sie ist ein Verkaufsgenie. Nur an ihrem äußeren Erscheinungsbild müsste sie noch arbeiten.“
    „He, beleidige meine Frau nicht. Sie sieht toll aus.“
    „Du ehrlich gesagt nicht so. Was sind das für Dinger rund um deine Augen?“
    „Fettgeschwüre. Die sehen scheiße aus, ich weiß. Schön ist anders.“
    „Und sonst geht’s dir gut?“
    „Im Moment schon. Was war denn nun los auf eurer Tour? Erzählt doch mal.“
    „Deine Frau hat sich fantastisch geschlagen. Besser als du damals.“
    „Ja, die Klinkenputzerei war echt nicht so mein Ding. Deshalb bin ich auch froh, dass ich raus bin aus dem Geschäft.“
    „Stimmt. Aufs Verkaufen warst du nie besonders erpicht. Dann schafft Claudia jetzt also allein das Geld ran?“
    „Ja, und dafür bin ich ihr sehr dankbar.“
    Während die beiden Männer in trauter Eintracht auf dem Sofa saßen und sich die volle Dröhnung reinzogen, fiel Claudia fast vom Glauben ab. Erst hielt Harald ihr eine völlig überzogene Standpauke über ihr Outfit, und nun das. Jetzt hockten schon zwei kiffende Kerle auf ihrer Couch. Ihr Wohnzimmer war doch kein Coffeeshop.
    „Ihr wisst, dass ihr euch mit dem Zeug das Gehirn wegpustet?“, fragte sie.
    „Cannabinoide sind harmlos“, sagte Harald. „Zumindest sind sie nicht schimmer als Alkohol oder Nikotin. Und das wissen René und ich so genau, weil wir Chemie studiert haben.“
    „Und ich Biochemie. Also erzählt mir nichts.“
    „Außerdem rauch ich höchstens zwei Tüten am Tag“, sagte René.
    „Ja, so machen Gewohnheitskiffer das im Allgemeinen“, sagte sie.
    „Ich zünde mir höchstens eine am Tag an, und das auch nur in Notfällen“, sagte Harald.
    „Dann hast du jetzt einen“, sagte René gut gelaunt.
    „Ich will gar nicht wissen, wo du das Zeug wieder herhast“, sagte Claudia zu ihm. Und das auch noch von meinem Geld, fügte sie in Gedanken hinzu. Wahrscheinlich war der Preis dafür genauso high wie du.
    Da drehte er den Kopf herum und sah ihr in die Augen. Es tut mir leid, dass ich dir so einen Kummer mache, sagte er stumm.
    „Das Zeug ist von Frank, und der hat es von seinem Hanfifreund“, sagte er schließlich. „Der Typ hat eine richtige Indoorplantage in seinem alten Schweinestall, mit Pflanzenleuchten, Beregnungssystem und allem Drum und Dran.“
    „Da weiß man, was drin ist“, sagte Harald.
    „Das Zeug hat Bioqualität“, sagte René.
    „Schön für seine Kunden“, sagte Harald.
    „Und für ihn selbst“, sagte René.
    „Ihr macht mich fertig, wirklich“, sagte Claudia.
    „Dir kann man aber auch nichts recht machen“, sagte René.
    „Du hast es ja noch gar nicht versucht“, sagte sie.
    In diesem Stil ging es weiter, und nach einer Weile wusste Claudia nicht mehr, ob sie das Gekabbel ätzend oder lustig finden sollte.
    Eine gute Seite hatte die Sache immerhin: Sie war nach langer Zeit endlich wieder stocksauer auf René, und das war fast eine Erleichterung.
    Sie hoffte, dass der Konflikt sie noch ein halbes Jahr oder länger beschäftigen würde.

Kapitel 12: Vor vier Jahren
     
    Nach einer Phase relativer Ruhe

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