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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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damals in seinem Heimatdorf Warzen und Gürtelrosen besprochen hatte. Die alte Frau konnte angeblich auch Blinde sehend, Taube hörend und Siechende gesund machen, allein durch die Kraft ihrer Hände. Sie hatte sogar behauptet, dass sie mit Schwarzkümmelöl Krebs heilen könne.
    Als Naturwissenschaftler konnte er Leute, die allen Ernstes glaubten, dass sie die Körper und Krankheiten ihrer „Patienten“ besser kannten als deren Ärzte, natürlich nicht für voll nehmen. Aber wenn man kurz vorm Verhungern war und die eigene Gesundheit trotz konventioneller Medizin immer weiter den Bach runterging, half wohl nur noch H okuspokus .
    Der Besuch bei Agnes Windhorst würde ihn die allergrößte Überwindung kosten und extrem an seinen Nerven zerren, aber da die Krankheit ihn mittlerweile an den Rand der Verzweiflung getrieben hatte, griff er nach jedem Strohhalm, der sich ihm bot.
    Er hängte sich auch sofort ans Telefon und rief die Frau an, um einen Termin mit ihr zu vereinbaren. Leider hatte sie noch am gleichen Nachmittag Zeit für ihn. Also gab es kein Entrinnen mehr und nichts, was ihn von dieser Dummheit noch abhalten würde.
    Weil er schlecht zu Fuß war, nahm er ein Taxi, das ihn bis vor die Praxis fuhr. Die war erstaunlicherweise nicht in einem windschiefen Häuschen mit knarrenden Türen und gruseligen Fratzen an den abbruchreifen Mauern untergebracht, sondern in einem hochmodernen, gradlinigen und gut gepflegten Architektenwohnblock mit Glasvorbau, Türsprechanlage und Fahrstuhl.
    Er fuhr in die dritte Etage hoch. Einen Moment lang zögerte er noch, dann betätigte er den Klingelknopf an der Wohnungstür hinten rechts.
    Eine Frau öffnete ihm, und als sie sich ihm als Agnes Windhorst vorstellte, musste er unwillkürlich schlucken. Sie war schön wie ein Bild und sah wie die zehn Jahre jüngere Schwester von Claudi aus. Und wenn er zehn Jahre jünger gewesen wäre, hätte er das sicher auch in den unteren Körperregionen registriert. Aber so …
    Sie hatte mit Roswitha Wippermann nichts, aber auch gar nichts gemein. Ihre langen schwarzen Haare waren nicht zu einem wirren Dutt hochgesteckt, sondern fielen ihr offen und locker über die Schultern, und ihre zierliche Figur wurde nicht von einem schwarzen Umhang verhüllt, sondern von einem himbeerroten Poloshirt und einer weißen Jeans.
    Auch ihr Behandlungsraum war eine Überraschung. Er war groß, weiß getüncht und bis auf ein paar farbige Bodenkissen auf einer hölzernen Empore leer.
    „Möchtest du einen Tee?“, fragte sie.
    „Nein danke“, sagte er.
    „Wasser?“
    „Auch nicht, vielen Dank.“
    Sie ließen sich gemeinsam auf der Kissenlandschaft nieder, verschränkten die Beine zum Schneidersitz und legten ihre Hände auf die Knie.
    „Wie läuft so eine Sitzung denn ab?“, fragte er.
    „Wir besprechen kurz dein Anliegen und deine Vorgeschichte, und dann steigen wir auch schon in die Behandlung ein“, sagte sie.
    „Und wie sieht die aus?“
    „Ich nehme Verbindung zu deiner Matrix auf und erkunde die Ursachen für die Disharmonien in deinem Körper, deinem Geist oder deiner Seele.“
    „Da ist einiges aus dem Takt geraten, das kann ich dir flüstern“, sagte René und klärte sie in wenigen Worten über seine Krankheit und deren Symptome auf. „Ich hab aber keine Röntgenbilder dabei und auch sonst nichts, was dir helfen könnte“, fügte er hinzu.
    „Das ist auch nicht nötig“, sagte sie, strich sich die Haare aus dem Gesicht und sah ihn aus himmelblauen Augen an. „Ich bin kein Arzt und kann von daher auch nichts zu deiner Krankheit sagen. Meine Aufgabe ist es, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die notwendigen Veränderungen in deinem Inneren herbeizuführen.“
    „Und wie willst du das machen?“
    „Indem ich Energie auf dich übertrage und dein eigenes Energiefeld anrege und verändere. So kann ich für die Verbesserung deiner Lage sorgen.“
    „Ganz ehrlich: Es fällt mir schwer, an so was zu glauben. Das ist mir viel zu esoterisch.“
    „Aber du bist hier, weil dir meine Zeitungsanzeige ins Auge gesprungen ist. Das war kein Zufall, sondern Schicksal. Du suchst Hilfe, weil der Deckel sozusagen vom Topf gesprungen ist und du mit schmerzhaften Gefühlen überflutet wirst.“
    „Das stimmt“, sagte er kleinlaut, um gleich danach wieder aufzubegehren: „Ich werde aber weiter zum Arzt gehen und auch weiter meine Pillen schlucken.“
    „Das musst du sogar. Wie gesagt: Ich bin keine Medizinerin und arbeite ausschließlich am

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