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Der Tag, an dem uns Vater erzählte, dass er ein DDR-Spion sei.: Eine deutsche Tragödie

Der Tag, an dem uns Vater erzählte, dass er ein DDR-Spion sei.: Eine deutsche Tragödie

Titel: Der Tag, an dem uns Vater erzählte, dass er ein DDR-Spion sei.: Eine deutsche Tragödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raufeisen
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Informationen sofort an die Stasi weitergeleitet würden. Wir wurden hereingebeten, mein Vater sagte kurz: „Ich möchte mit Ihnen etwas besprechen, was die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik berührt.“ Daraufhin wurden wir von dem Mitarbeiter der Botschaft, Herrn Metger, in einen abhörsicheren Raum geführt. Das fühlte sich gut an, wichtig.
    „Dann erzählen Sie mal!“, sagte der Botschafts-Mann. Mein Vater erklärte ihm unsere prekäre Situation, dass er viele Jahre in Hannover für die DDR spioniert habe, dass er enttarnt wurde und mit der Familie in die DDR gegangen sei, nun aber – nicht zuletzt wegen seiner Familie – wieder zurückkehren wolle. Auch seine tiefe Enttäuschung über die DDR brachte er zum Ausdruck. Lieber wolle er sich der Strafe im Westen stellen als weiter in „seinem“ Land DDR zu bleiben.
    „Wir haben von meinem Sohn Michael die Nachricht erhalten, dass wir hier von Ihnen Hilfe erhalten, um wieder in den Westen zu kommen!“
    „Einen kleinen Moment, da muss ich erst einmal bei einem Kollegen nachfragen.“
    Er ließ uns eine ganze Weile warten, ich vermute, er führte noch ein paar Telefonate, um unsere Angaben zu überprüfen. Es waren lange, bange Minuten, 5, 10, 20? Ich weiß es nicht mehr. Es fühlte sich jedenfalls unendlich an. Wir sprachen kaum miteinander; jeder hing seinen Hoffnungen nach. Ob wir heute noch Pässe bekommen würden, morgen über Österreich dann nach Hause fahren? Ich rechnete mir aus, dass wir am nächsten Tag abends in Hannover sein könnten.
    Herr Metger kam zurück. „Das ist ja eine sehr dramatische Geschichte. Aber es tut mir leid, ich muss Sie enttäuschen. Hier ist uns nichts bekannt darüber, was Sie von uns erwarten! Wir können Ihnen nicht helfen. Theoretisch können Sie von unserer Konsularabteilung neue Pässe erhalten, aber Sie wissen selbst: Es fehlen die nötigen Einreisevisa für Ungarn.“
    Das saß. Damit war das Gespräch beendet, er komplimentierte uns mehr oder weniger nachdrücklich nach draußen. Ich konnte kaum aufstehen, so schwer fühlte ich mich, als ob all meine Hoffnungen von eben nun auf mir lasteten. Wir fühlten uns regelrecht hinausgeworfen. Eigentlich hatte er uns überhaupt keine Hilfe angeboten, im Gegenteil: Er wollte uns eher möglichst schnell loswerden. Vielleicht war ihm die Sache zu heiß. Oder er verachtete den Stasi-Spion, der das Leben im Westen genossen und jetzt im Osten kalte Füße bekommen hatte? Ich sehe dieses Verhalten mittlerweile überaus kritisch. Diplomatischen Mitarbeitern im Ostblock musste damals klar sein: Wer sie besucht und wieder hinausgeht, steht unter Beobachtung; und die Gefahr, in Haft zu kommen, war dann sehr groß. Das wurde offensichtlich von bundesdeutscher Seite so hingenommen. Die guten Beziehungen zum Osten waren ihr wichtiger als tragische Einzelfälle. Aber hatten sie nicht eine Fürsorgepflicht gegenüber Bundesbürgern, als die wir uns ja nach wie vor fühlten?
    Wir standen also wieder draußen vor der Botschaft, unserer Hoffnungen beraubt, ratlos. Was nun? Wir telefonierten gleich mit meinem Bruder, der meinem Vater die Telefonnummer des Mitarbeiters des Landeskriminalamtes gab. Mein Vater rief dann gleich Herrn Selle an, fragte nach, warum in der Botschaft niemand etwas wüsste. Herr Selle konnte sich das auch nicht erklären, nach seiner Meinung hätte da etwas kommen müssen. Der Fall erschien den entscheidenden Stellen wohl doch zu heikel.
    Am nächsten Tag ging mein Vater dann allein zur österreichischen Botschaft, um dort unsere Geschichte zu erzählen und um Hilfe zu bitten. Meine Mutter und ich gingen inzwischen in der Nähe spazieren. Wieder diese Anspannung, das Hoffen. Es dauerte nicht lange, da war mein Vater schon wieder da.
    „Die Österreicher können uns leider auch nicht helfen. Wir sollten uns doch an die österreichische Botschaft in Ost-Berlin wenden. Sie sagten aber noch, in Österreich hätte ich nicht einmal ein Untersuchungsverfahren wegen der Spionage zu befürchten. Sie seien ein neutrales Land und würden mich auch nicht ausliefern. Auf jeden Fall bleibt jetzt hier nur noch eine Chance, die Amerikaner. Ich habe davon gehört, dass sich vor Jahren ein Ungar in die amerikanische Botschaft geflüchtet hat und dort blieb, bis er raus durfte. Ist aber schon lange her. Die Amis sind wagemutiger. Bestimmt wird diese Botschaft besonders stark überwacht.“ Deshalb telefonierte er erst einmal mit einem dortigen Mitarbeiter und verabredete sich mit

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