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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Lächeln, »nicht ein schlimmeres Los gedroht hätte als der Tod …«
    Worauf Jeannot rot anlief und ein Engel, der vorübergingund den Hintersinn dieser Bemerkung nicht englisch fand, entfleuchte.
    »Herr Abbé«, sagte ich (und verzeihen Sie, schöne Leserin, aber all diese Reden erfolgten mit vollem Mund, mahlenden Kiefern und gluckernder Kehle, war ich doch auf Einweihung ebenso begierig wie auf irdische Nahrung), »darf ich Euch verraten, daß ich ob der Umstände unserer Begegnung größte Lust verspüre, Euch dies und das zu fragen?«
    »Mi fili«
, sagte Fogacer, »fragt nur, fragt. Was ich antworte und ob es wahr ist, das steht dahin.«
    »Welche Bewandtnis, diese Frage brennt mir seit drei Stunden auf den Lippen, welche Bewandtnis, sagt, hat es mit dieser Eurer Soutane?«
    »Wieso?« erwiderte Fogacer, die diabolischen Brauen wölbend, »ist sie nicht gut geschnitten?«
    »Ich würde behaupten«, sagte La Surie, »daß diese Soutane Eurer Person vortrefflich steht, beinahe wie angeboren.«
    »Mein Freund«, setzte ich erneut an, »ich meine: Habt Ihr diese Soutane verdient?«
    »Das«, sagte Fogacer, »ist eine ernste Frage. Hatte der Erzbischof von Lyon, der es mit seiner Schwester trieb, seine schöne violette Robe verdient? Die Antwort weiß Gott allein.«
    »Ich meine«, sagte ich, »ist die Soutane echt?«
    »Ist die Soutane der Jesuiten echt«, fragte Fogacer, »die, wären sie ein regelrechter Orden, in Kutte, Strick und Sandalen gehen müßten?«
    »Ich meine«, sagte ich wieder, »ist die Soutane eine Maske?«
    »Jedes Kleid, das ich trage, ist eine Maske«, sagte Fogacer, diesmal weniger spaßend, »da es mir verboten ist, mein wahres Gesicht zu zeigen.«
    »Ich meine«, sagte ich, »habt Ihr darin ein gutes Gewissen?«
    »Mein Gewissen habe ich nicht in meinem Kleid«, sagte, gewunden lächelnd, Fogacer.
    »Nun denn«, sagte ich, »mein letzter Versuch, da alle vorigen abgeschmettert sind: Wie trägt sich die Soutane?«
    »Auf Reisen unbequem. Bequem am Ziel.«
    »Euer Ziel ist Rom, vermute ich?«
    »Wo mir«, sagte Fogacer, die Lider senkend und die Hände über seinem Teller faltend, »alle Vergebung zuteil werden wird, die ich bislang so grausam entbehrte.«
    »Könnte es sein«, sagte ich, »daß Euer Pfeil und meiner, wenngleich von zwei verschiedenen Bogen abgeschossen, dieselbe römische Scheibe anpeilen?«
    »Das ist mehr als wahrscheinlich«, sagte Fogacer. »Womit Ihr meinen Bogen kennt.«
    »Ich kenne und ehre ihn«, sagte ich. »Nie diente ein Bischof dem König und sich selbst so trefflich.«
    »Amen«, sagte Fogacer, und seine nußbraunen Augen sprühten. »Dieses italienische Weinchen ist nicht von den schlechtesten«, fuhr er fort. »Ich trinke auf das Wohl meines guten Herrn, Monseigneur Du Perron, auf den Erfolg seiner großen Mission und auf seinen künftigen Hut.«
    »Was für einen Hut?«
    »Monsieur«, sagte Fogacer, »soll ein Kardinal barhaupt gehen?«
    Bei den letzten Reden war das Gespräch zum Gemurmel herabgesunken, und auf einen Wink, den ich La Surie gab, nahm dieser eins der Nachtlichter, schlich auf Katzensohlen zur Tür und riß sie auf. Dahinter war aber nur die Wendeltreppe zu sehen, die zu unseren Kammern führte, und er schloß sie wieder.
    »Schön«, sagte ich, »da deine Zielscheibe, Herr Abbé, vermutlich ein gewisser anderer Herr Abbé ist und da man sich von Robe zu Robe kennt, solltest du mir ein Licht aufstecken.«
    »Was willst du wissen,
mi fili
?« fragte Fogacer.
    »Wo kommt er her, und wo will er hin?«
    »Er kommt aus dem Dunkel einer schwarzen Robe, trachtet, so er ihn nicht schon hat, nach dem diskreten Schimmer einer violetten Robe, und so er den haben wird, nach dem Glanz einer Purpurrobe.«
    »Ich meinte nicht seine persönliche Karriere, mich interessiert seine politische Rolle.«
    »Mi fili«
, sagte Fogacer halb frozzelnd und halb liebevoll, »denn jetzt bist du doppelt mein Sohn, nicht allein, weil ich dich in jungen Jahren an den sterilen Zitzen des Aristoteles genährt habe, sondern im geistlichen Sinn, aufgrund meines Kleides sozusagen. So wisse denn, seit je gibt es zur Vertretung der französischen Interessen in Rom einen französischen Gesandten und einen Kardinal-Protektor, welcher unter Heinrich III. zunächst der Kardinal d’Este war, der, als er seine Seele Gott anheimgab, seinem Nachfolger, dem Kardinal vonJoyeuse, wiederum jene unschätzbare Perle, seinen sehr ergebenen Sekretär, den Abbé d’Ossat, vermachte. Dieser«,

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